Themas des Tages

Wissenschaft kompakt
„Zwischen Skylla und Charybdis“

Die Straße von Messina ist ein Ort, wo Wind- und
Strömungsverhältnisse so außergewöhnlich sind, dass sich die
Überquerung der Meerenge seit geraumer Zeit schwierig gestaltet.
Daraus sind Mythen und Legenden entstanden. Hier soll eine
wissenschaftliche Erklärung darüber geliefert werden.

Es gibt Orte auf der Welt, die so besonders sind, dass sie Gegenstand
von Mythen und Legenden worden sind und darüber sogar Bücher
geschrieben wurden wie z.B. die „Odyssee“ von Homer in der
griechischen Mythologie. Einer dieser Orte ist die Straße von
Messina, eine Meerenge zwischen Kalabrien an der Stiefelspitze des
italienischen Festlands und der Insel Sizilien. An der Meerenge
sollen demnach Charybdis und Skylla, zwei Meeresungeheuer, gelebt
haben. Skylla hauste auf dem größeren der beiden sich
gegenüberstehenden Felsen der Meerenge und Charybdis unterhalb des
kleineren Felsens. Charybdis saugte dreimal am Tag das Meerwasser
ein, um es danach brüllend wieder auszustoßen. Schiffe, die in den
dadurch entstandenen Sog gerieten, waren verloren und nicht einmal
der Meeresgott Poseidon konnte diese Schiffe retten. Eventuell
überlebende Schiffbrüchige wurden dann von Skylla gefressen.

Daraus hat sich in der Alltagssprache der Region die Redewendung
„zwischen Skylla und Charybdis“ entwickelt. Denn für die
Schiffskapitäne sind Skylla und Charybdis wie Pest und Cholera,
zwischen denen sie sich entscheiden müssen. Es ist unmöglich, ohne
Schaden aus diesem Dilemma herauszukommen.

Nachfolgend soll eine wissenschaftliche Erklärung geliefert werden.
Die Straße von Messina verbindet das Tyrrhenische Meer im Norden und
das Ionische Meer im Süden. Die Meeresstraße ist 32 km lang, zwischen
3 und 8 km breit und maximal 250 m tief (Abb. 1). Die Durchfahrt
durch die Straße von Messina gestaltet sich tatsächlich aufgrund der
Wind- und Strömungsverhältnisse sowie der beiderseits nahen
Steilküsten von je her sehr schwierig.

Da die beiden o.g. Meere unterschiedliche Gezeiten und Salzgehalte
aufweisen, ergibt sich eine Meeresströmung, die eigentümliche
hydrodynamische Phänomene zur Folge hat.
Weil die Gezeiten der beiden Meere gegensätzlich verlaufen, also in
dem eine Ebbe und in andere Flut herrscht, weisen die Meeresspiegel
einen Höhenunterschied von bis zu 27 cm auf. Dies führt zu
wechselnden Ausgleichsströmungen und so zu einem Wasseraustausch.

Bei einer Strömung vom Tyrrhenischen Meer ins Ionische Meer
(Nord-Süd-Richtung) fließt das aufgrund des niedrigeren Salzgehaltes
leichtere tyrrhenische Wasser über das schwerere ionische Wasser.
Andersherum bei einer Strömung vom Ionischen Meer ins Tyrrhenische
Meer (Süd-Nord-Richtung) taucht das schwerere ionische Wasser,
nachdem dieses einen unterseeischen Sattel überquert hat, unter das
tyrrhenische Wasser (siehe Grafik).

Daraus entstehen Turbulenzen wie „Meeresrippen“ oder „Strudel“. Beim
Ersten sind es Wellen, die durch das reine Strömen des Wassers
verursacht werden (siehe Abb. 2). Letztere werden durch
entgegengesetzte Strömungen und die unterseeische Orographie
hervorgerufen.

Diese Phänomene können durch die vorherrschenden Winde über der
Meerenge noch verstärkt werden, vor allem wenn der Wind gegen die
Meeresströmung weht. Im Sommer dominieren nordöstliche Winde („Vento
Cavaliere“) – eine „Brise“, die im Mittel 30 bis 40 km/h erreicht und
in den Nachmittagsstunden am stärksten ist (Abb. 3). Manchmal kann
der Nordostwind auch Windgeschwindigkeit über 60km/h erreichen und
gegen den Tagesgang anhaltend stark bleiben. Dies passiert, wenn
hoher Luftdruck im westlichen und niedriger Luftdruck im östlichen
Mittelmeerraum herrscht.

Im Herbst, im Winter sowie im Frühjahr weht abhängig von der
großräumigen Luftdruckverteilung entweder der sogenannte „Mistral“
oder der „Scirocco“. Der Mistral ist ein Nordwestwind, der manchmal
Orkanstärke über 120 km/h erreichen kann. Bei solchen Lagen bleibt
die Wellenhöhe allerdings niedrig, da die Straße von Messina nach
Norden hin ihre engste Stelle hat und deswegen vor den Wellen aus dem
Tyrrhenischen Meer geschützt ist.

Beim Scirocco hingegen – ein Süd- bis Südostwind, der vor allem in
den Wintermonaten besonders kräftig bis Orkanstärke sein kann, können
sich die Wellen vom Ionischen Meer leicht in die Meerenge ausweiten,
da die Straße von Messina nach Süden hin offen ist. Bei einer
nord-südlichen Meerströmung können die Wellen sogar ihre Amplitude
vergrößern. Bis zu 7 m hohe Wellen sind dann keine Seltenheit (Abb.
4). Dadurch treten große Probleme auf wie Küstenerosion an der
sizilianischen Seite der Meerenge. Aber vor allem die Fährverbindung
zwischen Messina und dem Festland ist dann eingestellt, mit großen
negativen Auswirkungen für den Transport und für die Menschen, die
täglich zwischen Sizilien und Kalabrien pendeln.

Dipl.-Met. Marco Manitta
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.09.2023

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