Thema des Tages
Wetter aktuell
Frühjahr 2023 - Nassestes Frühjahr seit 10 Jahren mit trockenem Ende
Heute betrachten wir die gefallenen Niederschlagsmengen im kürzlich
zu Ende gegangenen meteorologischen Frühjahr im Detail.
Nach Jahren der Trockenheit kam im vergangenen Frühjahr endlich der
lang ersehnte Niederschlag, der die Wasserspeicher in den Böden sowie
die Speicherseen wieder füllte und die Dürresituation in Deutschland
(zunächst) abmilderte. Im deutschlandweiten Flächenmittel kamen
insgesamt 197 Liter pro Quadratmeter (l/m²) zusammen und damit 106%
(115%) der durchschnittlichen Regenmenge aus der Referenzperiode
1961-1990 (1991-2020). Es war zugleich das nasseste Frühjahr seit
2013. Wie der Niederschlag über die einzelnen Monate verteilt war,
schauen wir uns im heutigen Thema des Tages an.
Der diesjährige März war der elftnasseste seit 1881 und der nasseste
seit 2001, also seit 22 Jahren. Mit 90,4 l/m² fielen 160%* (159%**)
der durchschnittlichen Monatsmenge. Vor allem im Westen sowie von
Hessen bis Franken, in Teilen von Sachsen-Anhalt, entlang der Oder
und in der Uckermark regnete oder schneite es teils mehr als das
Doppelte der üblichen Menge (s. Abb. 1). In Oranienbaum (östliches
Sachsen-Anhalt) kamen mit 152 l/m² (364%) sogar mehr als das
Dreifache der üblichen Menge zusammen, ebenso in Manschnow an der
Oder mit 69 l/m² (310%). Die größten Niederschlagssummen wurden aber
im Bergischen Land in NRW und insbesondere im Schwarzwald registriert
(z.B. Sankt Blasien-Menzenschwand: 294 l/m², 178%). Deutlich zu wenig
Niederschlag wurde hingegen im östlichen Oberbayern und weiten Teilen
Niederbayerns sowie in Vorpommern beobachtet (s. Abb. 2). In
Taufkirchen und Pfarrkirchen wurden mit jeweils nur 26 l/m² (43% bzw.
48%) weniger als die Hälfte des üblichen Niederschlags gemessen.
Im April setzte sich regional die regenreiche Phase fort. Mit 63,6
l/m² fiel 9% mehr als im Mittel von 1961-1990; bezüglich der deutlich
trockeneren Periode 1991-2020 betrug die Abweichung sogar 42% und es
handelte sich um den nassesten April seit 15 Jahren. Im Südosten
Bayerns wurde das Niederschlagsdefizit vom März rasch ausgeglichen.
In Wurmannsquick landeten mit 119 l/m² mehr als das Doppelte der
üblichen Niederschlagsmenge (228%) im Messtopf, ebenso im
nahegelegenen Pfarrkirchen (126 l/m², 209%), das im Vormonat zu den
trockensten Orten Deutschlands zählte. Aber auch im Allgäu, im Osten
Baden-Württembergs, in den westdeutschen und zentralen Mittelgebirgen
sowie in Teilen Ostdeutschlands kam reichlich Niederschlag vom
Himmel. Die höchsten Niederschlagssummen wurden in Balderschwang (344
l/m², 177%) und auf der Zugspitze (305 l/m², 153%) gemessen. Am
wenigsten Regen wurde von Rügen (Arkona: 13 l/m², 38%) bis Usedom (21
l/m², 53%) beobachtet. Auch in der Südosthälfte Niedersachsens, in
Ostwestfalen und vom Westerzgebirge bis nach Mittelfranken gab es
weniger Niederschlag als üblich. In Bückeburg und Höxter-Lüchtringen
(jeweils an der Grenze zwischen NRW und Niedersachen) wurden mit nur
23 l/m² (44%) bzw. 24 l/m² (41%) nicht einmal die Hälfte des
Monatssolls registriert.
Der Mai begann so regenreich, wie der April endete, doch ab der
zweiten Maidekade kam nicht mehr viel Regen dazu. Demnach wurden im
deutschlandweiten Flächenmittel mit 42,7 l/m² nur 60%* (61%**) der
üblichen Regenmenge erreicht. Besonders trocken war es in den
ostdeutschen Bundesländern. Vielerorts wurden weniger als 10 l/m², an
zahlreichen Messstationen sogar weniger als 5 l/m² erfasst. Arkona
auf Rügen war nicht nur im April, sondern auch im Mai der trockenste
Ort Deutschlands mit kläglichen 1,5 l/m² (4%). Auch in
Gardelegen-Lindstedterhorst nördlich von Magdeburg wurden lediglich
1,6 l/m² (3%) gemessen. Ganz anders sah es am Alpenrand aus, wo
stellenweise über 200 l/m² vom Himmel prasselten. Die beiden
nassesten Orte waren abermals die Zugspitze (280 l/m², 163%) und
Balderschwang (274 l/m², 130%). Die größten positiven Abweichungen
von der durchschnittlichen Monatsmenge gab es hingegen in Teilen von
NRW, z.B. in Finnentrop-Weringhausen mit 140 l/m², was 189% des
Monatssolls entspricht.
Summa summarum war das Frühjahr also im Deutschlandmittel leicht zu
nass, jedoch mit regionalen Unterschieden. Vor allem im Westen und
Nordwesten, aber auch in weiten Teilen Hessens sowie am Alpenrand und
in einigen Mittelgebirgsstaulagen verlief das Frühjahr mit einem Plus
von 30 bis 50% deutlich zu nass. In Gottmadingen nahe Schaffhausen
und in Suhl-Heidersbach wurden sogar 177% bzw. 171% des
Niederschlagssolls erreicht. Die niederschlagsreichsten Regionen
waren der Alpenrand mit 550 bis 850 l/m² (z.B. Balderschwang: 850
l/m² (145%), Zugspitze: 820 l/m² (151%)) und der Schwarzwald mit
gebietsweise über 500 l/m². Entlang der Ostseeküste zeigt sich
hingegen ein ganz anderes Bild. Dort war das Frühjahr mit 60 bis 90
l/m² viel zu trocken. Auf Fehmarn fielen nur 72 l/m² (59%), auf
Arkona gar nur 63 l/m² (60%), wobei es dort im April und Mai mit
insgesamt nur 14,4 l/m² extrem trocken war. Neben dem Nordosten
verlief das Frühjahr aber auch in Teilen von Sachsen-Anhalt, Sachsen,
in Teilen Mittelfrankens, im Raum Stuttgart und am Oberrhein
signifikant zu trocken (70-80% des Solls).
Seit über drei Wochen befindet sich Deutschland nun in einer
Trockenphase (siehe gestriges Thema des Tages vom 07.06.2023). Die
negativen Folgen wie Waldbrandgefahr, sinkende Pegel und zunehmende
Dürre machen sich bereits bemerkbar, wie am Vortag ausführlich
beschrieben wurde. Die aktuellen Gewitter bringen nur kleinräumig
eine Entspannung und bis in die kommende Woche hinein werden keine
flächendeckenden Niederschläge erwartet. Ob wir am Beginn eines
erneuten Dürresommers stehen, bleibt aber noch abzuwarten.
* Referenzperiode 1961-1990, ** Referenzperiode 1991-2020
Dr. rer. nat. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.06.2023
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