Thema des Tages


Wetter aktuell
Noch kein Sommer


In der vergangenen Woche gab es vielerorts noch einmal Frost in 
Bodennähe, in den Alpen fiel Schnee und nun erwarten wir den ersten 
verbreiteten Sommertag des Jahres. Kommt jetzt der Sommer?


Wer zur Wochenmitte auf die Prognose geschaut hat, hat sich unter 
Umständen gefragt, ob das alles noch normal ist. Mitte Mai und der 
DWD warnt örtlich vor Frost, regional verbreitet vor Frost in 
Bodennähe. Es war kein Scherz und ist auch normal. Kalte Luftmassen 
aus Norden trafen auf trockene Luft aus Osten. Im Ergebnis löste sich
die Bewölkung nachts auf und die Erdoberfläche konnte teils bis auf 
den Gefrierpunkt auskühlen.

Inzwischen ist der Zustrom kalter Luftmassen versiegt und aus 
Südosten wurde sehr warme Luft (10 bis 12 Grad in 850 Hektopascal, 
ca. 1400 Meter Höhe über Meer) nach Mitteleuropa geführt. Mit 
schwachem Hochdruckeinfluss und viel Sonne kann sich die Luft am 
Boden am heutigen Sonntag verbreitet auf über 25 Grad erwärmen. Die 
25 Grad markieren in der Meteorologie einen Sommertag. In diesem Jahr
hatten wir davon noch nicht viele und schon gar nicht überregional, 
aber an diesem Sonntag sowie am morgigen Montag werden in weiten 
Teilen Deutschlands Sommertage erreicht.

Mit der warmen Luft strömte auch feuchte Luft ins Land. Durch den 
Hochdruckeinfluss ist eine verbreitete Gewitterauslöse 
unwahrscheinlich. Allerdings liefern die Berge einen kleinen Antrieb 
für die Konvektion, sodass sich über den Mittelgebirgen und den Alpen
einzelne Schauer und Gewitter bilden können. Im Nordwesten des Landes
macht sich am späteren Nachmittag und Abend ein Höhentief über der 
westlichen Nordsee bemerkbar. Es sorgt für etwas Hebung und somit für
leicht erhöhte Konvektion. Zwischen Weser und Ems ist die 
Gewitterneigung erhöht.

Da das Höhentief auch in der Nacht nicht verschwindet, kann es im 
Nordwesten die gesamte Nacht durch Schauer und Gewitter geben. Am 
Montag weitet sich der Einfluss des Höhentiefs auf die Westhälfte 
Deutschlands aus. Unterstützt wird es von einem Tief am Boden, an dem
sich eine Luftmassengrenze bildet, an der sich die dynamischen 
Antriebe verstärken und im weiteren Tagesverlauf konzentrieren. 

Besonders gut sieht man dies an den Höhenkarten mit Geopotential und 
Vertikalbewegung auf 500 Hektopascal (ca. 5500 Meter über Meer). 

Da eine Verlagerung der Schauer- und Gewitterzellen kaum gegeben ist,
können örtlich Unwetter durch Starkregen auftreten. Das potentiell 
niederschlagsfähige Wasser in der Luft beträgt zwischen 27 und 33 
Litern pro Quadratmeter. Bei voller Potentialausschöpfung würde das 
dem Warnkriterium für heftigen Starkregen (25 bis 40 Liter pro 
Quadratmeter) also Unwetter entsprechen. Das ICON-Modell sieht 
derzeit die größten Regenmengen für den Nordwesten und Westen des 
Landes.

Das Höhentief nimmt im Laufe des Montags Verbindung zu einem Tief 
über Island auf und bildet einen Trog in höheren Luftschichten. 
Zusammen mit dem Tief am Boden verlagert es sich in der Nacht zum 
Dienstag langsam ostwärts. Gleichermaßen breiten sich auch Schauer 
und Gewitter ostwärts aus. Da die Sonne nachts keinen zusätzlichen 
Antrieb liefern kann, gehen die Gewitter teils in Starkregen über.

Am Dienstag selbst ziehen Schauer und Gewitter ost- und südostwärts 
ab. Nur an den Alpen regnet es längere Zeit, da sich die Konvergenz 
des Tiefs an die Alpen legt und dort immer wieder für Hebung und 
somit Konvektion sorgt.

Im weiteren Wochenverlauf beruhigt sich das Wetter. Da aber aus 
Nordwesten deutlich kühlere Luft einfließt, geht die Temperatur 
zurück und tut sich etwas schwer. Einen Sommertag werden wir ab 
Mittwoch und bis zum nächsten Wochenende wahrscheinlich nicht mehr 
erleben. Es ist ja auch erst Mai.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn 
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 21.05.2023

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