Thema des Tages

Wetter aktuell

Ein Sturm, der immer wiederkehrt


Die aktuelle Wetterlage vereint erstaunlich viele regionale 
Windphänomene in sich. Mehr dazu im heutigen Thema des Tages.


In Anlehnung an das gestrige Thema des Tages, in dem näher auf die 
Bedeutung, Historie und Auswirkungen der Windgeschwindigkeiten 
mithilfe der Beaufort-Skala eingegangen wurde, beleuchten wir heute 
einmal spezielle Windphänomene anhand der aktuellen Wetterlage 
genauer. 

Bise
Verbleiben wir zunächst in Deutschland. Zwischen dem kräftigen Hoch 
HAZAL über Schottland, das aktuell mit über 1030 hPa (und in der 
kommenden Woche mehr als 1040 hPa erreicht) über Schottland thront 
sowie dem kräftigen Mittelmeertief ZAKARIYYA (nicht zu verwechseln 
mit dem Schweizer Nationalspieler Denis ZAKARIA, der letzten Winter 
von der Gladbacher Borussia zu Juventus Turin gewechselt ist und 
inzwischen an Chelsea London verliehen wurde) besteht ein gewaltiger 
Luftdruckgegensatz. Ganz frisch hat es vom Spanischen Wetterdienst 
AEMET auch einen internationalen Namen bekommen: JULIETTE. Dieses 
liegt derzeit mit knapp 990 hPa über dem Ligurischen Meer. Das macht 
in Summe rund 40 hPa Unterschied auf circa 1500 Kilometern Distanz, 
wobei sich der "Löwenanteil" auf die südlichsten 500 Kilometer 
beschränkt. 
Anhand der oberen Grafik sieht man eindrucksvoll, wie sich die Linien
gleichen Luftdrucks vor allem im Bereich des Alpenbogens stark 
drängen. Die Luftmassen, die mit der nordöstlichen Strömung (im 
Uhrzeigersinn um das Hoch herum) permanent gegen die Alpen gedrückt 
werden (Massenüberschuss), können in tiefen Luftschichten weitgehend 
nur durch den Oberrheingraben, Oberschwaben und nachfolgend über das 
Schweizer Mittelland und das Rhonetal abtransportiert werden. Die 
Anordnung der Gebirgsketten von Alpen, Jura, Schwarzwald und 
Schwäbischer Alb fungiert nun als eine Art Leitplanke für den Wind, 
der nun auch aus leicht abweichenden Richtungen in diesen "Trichter" 
geführt wird und sich dadurch verstärkt (Kanalisierung, Düseneffekt).

Daraus resultiert ein stark böiger und im Winterhalbjahr teils 
schneidend kalter Nordostwind, der vor allem in der Schweiz unter dem
Namen "Bise" bekannt ist. Die genaue Herkunft des Wortes ist bis 
heute nicht komplett geklärt. Im Bereich des Genfersees sind 
Sturmböen und schwere Sturmböen zwischen 80 und 100 km/h im 
Zusammenhang mit ausgeprägten Bisenlagen eher Regel als Ausnahme - so
auch diesmal. Hierzulande erreicht er sein Maximum oft rund um den 
Bodensee, wo nicht selten Geschwindigkeiten von 50 bis 70 km/h in 
Böen erreicht werden. Entsprechende Warnungen laufen. Trotz 
strahlenden Sonnenscheins und angenehmer Temperaturen heißt es für 
Wassersportler und Urlauber dann im Sommer, den See schnellstmöglich 
zu verlassen. Auf den Schwarzwaldgipfeln muss bei derartigen Lagen 
mit schweren Sturmböen bis 100 km/h, in Einzelfällen auch mit 
Orkanböen bis 120 km/h gerechnet werden. 

Mistral/Tramontane/Cers
Weiter stromab schließt sich das nächste regionale Windsystem an, 
dessen Wirkungsmechanismen ganz ähnlich funktionieren. Es handelt 
sich um den berühmt-berüchtigten Mistral, bei dem die 
Windkanalisierung durch das Rhonetal mit der westlichen Barriere des 
Zentralmassivs seine Fortsetzung findet. Da er entweder Anteile der 
sich aufgebauten Bise in sich vereint oder aber durch den Tramontane 
(kalter Fallwind vom Zentralmassiv) oder Cers (Kanalisierung zwischen
Pyrenäen und Zentralmassiv) weiter westlich gerade beim 
Zusammenströmen über dem Löwengolf noch verstärkt werden kann, sind 
die Spitzenböen im Vergleich zur Bise durchaus nochmal "einen Zacken 
schärfer" und erreichen nicht selten über Land, erst Recht über der 
offenen See, Orkanstärke. Da das Hoch in diesem Falle aber weit im 
Norden über Schottland und nicht über der Biskaya ist, spielen Cers 
und Tramontane eher eine untergeordnete Rolle. Auch in Katalonien, 
insbesondere im Tal des Ebros samt seinen Nebenflüssen, ist der 
kräftige Nordwestwind als Cerc bekannt.

Schirokko
Auf der anderen Seite der Mittelmeerküste ist dagegen ein heißer 
Wüstenwind bekannt, der aus Süd bis Südost staublastige 
Saharaluftmassen teils weit bis nach Mitteleuropa transportiert. Auch
wenn der Höhepunkt im Ionischen Meer und der südlichen Adria in 
diesem Zusammenhang schon überschritten ist, treten an der 
griechischen und albanischen Küste noch verbreitet Sturmböen auf.

Bora
Während es dazu in Albanien auf der warmen Seite mit teils über 20 
Grad fast schon frühsommerlich warm für die Jahreszeit ist, setzt der
kroatischen Küste die Bora zu. Dieser kalte Fallwind mit lokalen Böen
jenseits von 140 km/h, in Einzelfällen bis zu 250 km/h, ist ebenso 
berüchtigt und hat über der nördlichen Adria schon etliche Schiffe 
zum Kentern gebracht. Mit Einsetzen kann das Thermometer in 
Windeseile von teils zweistelligen Plusgraden in den Frostbereich 
absinken und selbst an der Küste zur Ausprägung einer Schneedecke 
führen. Der kroatische Wetterdienst warnt bis zum Abend auf den 
Inseln vor Orkanböen bis 150 km/h und im Dinarischen Gebirge vor 
Neuschneemengen bis 20 Zentimeter und vereisten Straßen. 
Von all diesen Turbulenzen, die zum Wochenstart weiter zwischen 
Italien und den Balearen toben (Sturm und teils heftige, gewittrige 
Regenfälle), bekommen wir bei uns - wie eingangs erwähnt - nur in 
abgeschwächter Form im Südwesten etwas mit. In den nächsten Tagen 
dominiert am Rande HAZALs ruhiges und meist schwachwindiges 
Hochdruckwetter. Zur Wochenmitte ist dann auch die Bise kein großes 
Thema mehr.  


Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 26.02.2023

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Diesen Artikel, eventuell im Text erwähnte Bilder und das Archiv der "Themen des Tages"
finden Sie unter www.dwd.de/tagesthema

Weitere interessante Themen zu Wetter und Klima finden
Sie auch im DWD-Wetterlexikon unter: www.dwd.de/lexikon