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FREDDY: Der Langstreckenläufer unter den tropischen Wirbelstürmen
Der tropische Zyklon FREDDY ist in vielerlei Hinsicht
außergewöhnlich, insbesondere seine Langlebigkeit bricht Rekorde.
Aber er ist auch eine ernstzunehmende Gefahr
Am gestrigen Dienstagnachmittag, den 21. Februar 2023, traf der
tropische Zyklon FREDDY mit seinem Kern auf die Ostküste Madagaskars.
Die Menschen dort fürchten nun sintflutartige Regenfälle,
Überschwemmungen und Sturm. Dass FREDDY zu diesem Zeitpunkt bereits
ein außergewöhnlich langes, bewegtes Leben wie kaum ein anderer
tropischer Wirbelsturm zuvor hinter sich gebracht hat, werden wohl
die wenigsten wissen.
Die Geschichte des tropischen Wirbelsturms FREDDY nahm bereits Anfang
Februar seinen Lauf. Über dem Seegebiet zwischen Indonesien und
Westaustralien konnte sich das tropische Tief in den Frühstunden des
6. Februars zu einem Sturm verstärken. Zu diesem Zeitpunkt war noch
nicht absehbar, dass es sich bei dem gerade geborgen Zyklon - so
nennt man tropischen Wirbelstürme über dem Indischen Ozean - um einen
echten Langstreckenläufer handeln wird.
Zwischen dem 6. Februar und dem heutigen, 22. Februar, überquert
FREDDY den Indischen Ozean einmal komplett von Osten nach Westen und
legte insgesamt rund 8000 km zurück. Er ist damit bereits einer der
langlebigsten tropischen Zyklone der Geschichte. Das System unterlief
dabei insgesamt 4 plötzliche, sogenannte "rapide" Intensivierungen -
so viele, wie noch nie ein Wirbelsturm der südlichen Hemisphäre
zuvor. Er erreichte mehrfach die Stärke, die vergleichbar ist mit
einem Hurrikan der höchsten, 5. Kategorie auf der
Saffir-Simpson-Skala.
Lebensdauer ist das eine, die Intensität das andere. Um ein möglichst
ganzheitliches Maß der Stärke des Sturms zu erhalten, kann man sich
der sogenannten "Akkumulierten Zyklonenenergie" (im Englischen:
Accumulated Cyclone Energy, kurz ACE) bedienen. Die ACE gibt an, wie
viel Energie ein tropischer Sturm über seine komplette Lebensdauer
umgesetzt hat. Sie berücksichtigt also nicht nur die momentanen
Intensitäten, sondern auch die Andauer des Sturmes. Der Wert
berechnet sich aus der Summe der Quadrate der
Maximalwindgeschwindigkeit (in Knoten) in 6-Stundenintervallen.
Heraus kommt eine Größe mit der Einheit Knoten². Für leichtere
Handhabung teilt man die Zahlen durch 10000 und lässt die Einheit
weg. So kommt FREDDY am 22. Februar auf eine ACE von 68, Prognosen
gehen davon aus, dass er die 70 noch knapp erreichen könnte. Auch das
stellt einen neuen Höchstwert für die Südhemisphäre dar, der alte
Rekord von 53 aus dem Jahre 2016, aufgestellt von Zyklon FANTALA,
wurde regelrecht pulverisiert. Selbst über dem Atlantik gibt es nur 2
Hurrikans mit höherer ACE, nämlich Hurrikan THREE mit 73,6 im Jahr
1899 und Hurrikan IVAN mit 70,4 im Jahr 2004. Die höchste ACE von 82
wurde bei Hurrikan IOKE im Jahr 2006 beobachtet. Zum Vergleich: Die
ACE der gesamten 2014er Hurrikan-Saison über dem Atlantik lag nur bei
67!
FREDDY überquert Madagaskar heute westwärts. Die heftigen Regenfälle
dürften auf den zum Teil bereits wasser-gesättigten Böden für große
Überschwemmungen sorgen. Bedingt durch die Reibung über Land
schwächte sich FREDDY vorübergehend ab und wird nur noch als
Tropischer Sturm geführt. Wenn er am Abend die Straße von Mosambik
erreicht, beginnt allerdings eine neuerliche Phase recht deutlicher
Intensivierung. Eventuell erreicht er sogar nochmal eine Stärke,
äquivalent zu einem Kategorie-1-Hurrikan. Das sind keine guten
Nachrichten für Mosambik! Dort würde er am Freitagmorgen (24.
Februar) dann nämlich als starker Zyklon irgendwo an der Küste der
Provinz Inhambane an Land gehen. Er verlangsamt dabei deutlich seine
Zuggeschwindigkeit, sodass über einen längeren Zeitraum hinweg
sintflutartige Regenfälle und schlimme Überschwemmungen zu befürchten
sind.
Kein schönes Ende eines ansonsten bemerkenswerten Sturmes!
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.02.2023
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