Thema des Tages


Wetter aktuell

Kaltluftausbruch in Kanada und den USA

Über den USA und Kanada ist aktuell ein massiver Kaltluftausbruch zu 
beobachten. Wir schauen diesbezüglich im Thema des Tages einmal etwas
genauer hin.

In Nordamerika kann aktuell ein massiver Kaltluftausbruch beobachtet 
werden. Während eines solchen Szenarios strömt Kaltluft aus polaren 
Breiten zügig und auf direktem Weg nach Süden. Damit ein solcher 
Kaltluftausbruch möglichst kräftig ausfällt, müssen die 
Druckverhältnisse in der Region eine bestimmte Konstellation 
aufweisen.

Am effektivsten lässt sich der Kaltluftvorstoß nach Süden 
bewerkstelligen, wenn über dem Westen Kanadas ein Hoch-, über dem 
Osten Kanadas dagegen ein Tiefdruckgebiet liegt. Bei dieser 
Positionierung schieben sowohl das sich im Uhrzeigersinn drehende 
Hoch als auch das sich entgegen des Uhrzeigersinns drehende Tief über
Zentralkanada Luftmassen nach Süden. Dabei dürfen die Druckgebilde 
auch nicht zu weit im Norden liegen. Sollte dies der Fall sein, dann 
"zapfen" sie zwar polare Luft an, können diese aber nicht weit genug 
nach Süden transportieren. Liegen die Tiefs dagegen zu weit südlich, 
so kommen sie nicht an die polaren Luftmassen heran.

Die Abbildung 1 zeigt für die vergangene Nacht (mitteleuropäischer 
Zeit; in Nordamerika also in den Abendstunden) die Druckverteilung 
über Nordamerika. Zu diesem Zeitpunkt befand sich ein Tief über der 
Hudson Bay und ein Hoch über den kanadischen Rocky Mountains. 
Entsprechend der für einen Kaltluftvorstoß günstigen Lage der beiden 
Druckgebilde wird zwischen ihnen Kaltluft nach Süden geschoben (blaue
Pfeile). Dies ist ebenfalls in Abbildung 1 zu erkennen, denn als 
Farbflächen sind dort die Temperaturen in 850 hPa, also in etwa 1,5 
km Höhe, angegeben. Man kann deutlich eine "kalte Nase" ausmachen, 
die sich zwischen den Rocky Mountains und den Großen Seen nach Süden 
auf den Weg macht.
 
Eine kleine Randbemerkung an dieser Stelle: Es lohnt sich, einen 
kurzen Blick auf den Kerndruck des Hudson Bay-Tiefs zu werfen. Dieser
liegt nur knapp unter 1020 hPa - und damit würde unser Tief 
andernorts und in einer anderen Konstellation als veritables Hoch 
durchgehen.
 
Aber wie auch immer - der ausgelöste Kaltluftvorstoß kam plötzlich 
und mit "Wumms". Dazu ist in der zweiten Abbildung für die Station 
Cheyenne im Südwesten Wyomings in Rot der Temperaturverlauf angegeben
(Karte nach NOAA, leicht modifiziert). Zwischen 13 und 14 Uhr MST 
(Mountain Standard Time, entspricht MEZ - 8h) fiel die Temperatur von
+6 auf bemerkenswerte -17°C. Und danach ging es weiter abwärts. Noch 
ein knappes Stündchen später lag die Temperatur schon bei -23°C - 
also ein Temperaturrückgang von 29°C innerhalb von 2 Stunden.

Der bemerkenswerte Temperaturrückgang betraf aber natürlich nicht nur
das Städtchen Cheyenne. Über großen Teilen Nordamerikas präsentiert 
sich das Wetter aktuell extrem winterlich. Dazu sind in Abbildung 3 
die Tiefstwerte der vergangenen Nacht angegeben. In den Vereinigten 
Staaten waren es zwischen den Großen Seen und den Rocky Mountains 
etwa -15 bis -35°C. In Zentral- und (Nord-)Westkanada ging es sogar 
bis auf -25 bis -50°C runter. Ins Auge springen auch die beiden 
Stationen mit unter -50°C (grün). Rekordhalter war der Ort Rabbit 
Kettle (könnte mit Kaninchentopf bzw. Kaninchenkessel übersetzt 
werden) mit -52,6°C. Ortsunkundige können hier anfangen zu 
spekulieren. Ein Kessel oder Topf könnte eine Senke beschreiben, in 
der sich in kalten Winternächten natürlich Kaltluft sammelt - was 
dann die extrem niedrigen Temperaturen erklären könnte. 

Aber nicht nur der Blick ins nördliche Nordamerika lässt einen 
frösteln. Auch Washington lag mit -7°C im mäßigen Frostbereich und am
Flughafen Dallas - Fort Worth im sonst warmen Texas entging man mit 
+1°C nur knapp den Frostgraden.
 
Damit ist die "Weiße Weihnacht" jenseits des "Großen Teichs" wohl 
gesichert - zumindest taut der Schnee, wenn denn Schnee liegt - nicht
mehr weg. Stattdessen freut man sich in USA aber auch deswegen auf 
die Weihnachtstage, weil es dann mit den Temperaturen wieder 
aufwärtsgehen soll.


Dipl.-Met. Martin Jonas 
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 22.12.2022

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