Thema des Tages
Wissenschaft kompakt
Außen gut, innen schlecht: Kondenswasser an den Fensterscheiben
Besonders im Winterhalbjahr ein häufiges Phänomen: Kondenswasser an
den Fensterscheiben. Wie es dazu kommt und warum die Tröpfchen sogar
ein Qualitätsmerkmal sein können, lesen Sie im heutigen Thema des
Tages.
Sicherlich konnten Sie es in den vergangenen Wochen auch schon mal
beobachten: Kondenswasser an der Fensterscheibe. Auch der Autor
dieses Textes wurde schon das ein oder andere Mal Zeuge davon, als er
beim frühmorgendlichen Blick aus dem Kinderzimmerfenster (jaja, ein
Langschläfer ist er nicht gerade, der Kleine?) unzählige Tröpfchen an
der Scheibe sah - allerdings nicht innen, wie noch in der alten
Wohnung üblich, sondern außen! Um physikalisch erklären zu können,
warum es zu dieser Tröpfchenbildung kommt, muss man sich mit der
relativen Feuchtigkeit der Luft beschäftigen.
Die relative Luftfeuchte beschreibt das Verhältnis zwischen dem
tatsächlichen und dem maximal möglichen Wasserdampfgehalt des
betrachteten Luftvolumens (meistens 1 m³ Luft) und wird üblicherweise
in Prozent angegeben. Eine relative Luftfeuchte von 100 % bedeutet
also, dass die Luft genauso viel Wasserdampf enthält, wie es ihr
maximal möglich ist. Sie ist dann gesättigt und kann keinen weiteren
Wasserdampf mehr aufnehmen. Wird dann doch noch Wasserdampf zugeführt
oder kühlt die Luft ab, kondensiert dieser überschüssige Wasserdampf
und es entstehen Tröpfchen. In freier Wildbahn kann man das zum
Beispiel bei der Bildung von Tau, Nebel oder Wolken beobachten.
Wie viel Wasserdampf nun ein bestimmtes Luftvolumen aufnehmen kann,
hängt von der Lufttemperatur ab. Wärmere Luft kann dabei mehr
Wasserdampf aufnehmen als kältere. Während beispielsweise 1 m³ Luft
bei 11 Grad rund 10 g Wasserdampf speichern kann, sind bei 0 Grad nur
noch maximal 5 g möglich. Bei -5 Grad, wie sie in der Nacht zum
heutigen Dienstag in der Niederlausitz gemessen wurden, reichen sogar
schon rund 3 g Wasserdampf um 1 m³ Luft "satt" zu bekommen.
Übertragen wir das mal auf die Fensterscheibe und zwar zunächst auf
die Innenseite: Vor allem im Winterhalbjahr gehören Fensterscheiben
mit zu den kältesten Stellen eines Raums, d.h. die Luft, die sich
direkt am Fenster befindet, hat eine niedrigere Temperatur als
beispielsweise die in der Mitte des Raums. Da die Wasserdampfmenge in
einem Raum aber im Groben und Ganzen überall gleich ist, ist die
relative Luftfeuchte direkt am Fenster am höchsten und somit auch die
Neigung zur Kondensation. Um dies so gut wie möglich zu verhindern,
stehen Heizungen auch häufig unter den Fenstern.
Damit dieses Kondenswasser nicht zum Problem wird (Stichwort
Schimmelbildung), ist es wichtig, der erhöhten relativen Luftfeuchte
an bestimmten Stellen im Raum entgegenzuwirken - zum Beispiel indem
man mehrmals täglich für wenige Minuten stoßlüftet. Dadurch gelangt
zwar kühlere Luft in den Raum, die sich aber mit der Raumluft und der
unmittelbar am Fenster vorhandenen, sehr feuchten Luft vermischt. In
der Folge sinkt die relative Luftfeuchte in Fensternähe und damit
auch die dortige Gefahr der Schimmelbildung deutlich. Betrachtet man
dagegen den gesamten Raum, so steigt dort die Luftfeuchtigkeit
aufgrund des Temperaturrückgangs etwas an - aber nur kurzzeitig! Denn
durch das Heizen kommt die Temperatur der Raumluft rasch wieder auf
Touren, während es für ihre relative Feuchtigkeit abwärtsgeht.
Und wie kommt es zur Tröpfchenbildung an der Fensteraußenseite?
Physikalisch passiert genau dasselbe: Ist die Scheibe kälter als die
Umgebungsluft, wird auch die Temperatur der Luft direkt an der
Scheibe unter Umständen so weit abgekühlt, dass Kondensation eintritt
und sich die Tröpfchen an der Scheibe ablagern - genauso verhält es
sich übrigens auch auf den Autoscheiben.
Im Gegensatz zur Fensterinnenseite ist das Kondenswasser an der
Außenseite kein Problem, sondern sogar eher ein Qualitätsmerkmal. Es
zeugt nämlich von einer guten Dämmung. Denn bei guter Isolierung wird
kaum Wärme von innen nach außen geleitet und die Außenscheibe kann
entsprechend stark abkühlen.
Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.11.2022
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