Thema des Tages
Wiss. Kompakt
Der Aeolus-Satellit und sein Nutzen
Aeolus war in der griechischen Mythologie der von Zeus als Herrscher
über die verschiedenen Winde eingesetzte Günstling der Götter. Darauf
beruht die Namensgebung des gleichnamigen Satelliten mit indirekter
Windmessung durch Fernerkundung.
Direkte Beobachtungen von Winddaten haben eine begrenzte räumliche
Abdeckung im globalen synoptischen Beobachtungssystem. Aeolus
schließt diese Lücke zumindest teilweise, leistet damit einen
wichtigen Beitrag zur numerischen Wettervorhersage (NWP) im
Allgemeinen und verbessert die Initialbedingungen für
Wettervorhersagen im Speziellen.
Die Bestückung des Aeolus-Satelliten ist das erste funktionierende
weltraumgestützte Doppler-Wind-Lidar der Welt und das erste
weltraumgestützte Lidar Europas. Wind-LiDAR (Light Detection And
Ranging) stellt ein optisches Fernerkundungsverfahren zur Messung von
horizontaler Windgeschwindigkeit und Windrichtung dar. Dabei wird
sich der Doppler-Effekt zu Nutze gemacht, indem aus der
Frequenzverschiebung zwischen ausgesendeten und empfangenen
Laser-Signal aufgrund der Reflexion an Luftmolekülen
(Rayleigh-Streuung) und Wassertröpfchen oder Aerosolen (Mie-Streuung)
in der Erdatmosphäre Betrag und Richtung von Windvektoren berechnet
werden (siehe mehr dazu im aktuellen Newsletter des ECMWF: https://www.ecmwf.int/en/newsletter/173/earth-system-science/aeolus-p
ositive-impact-forecasts-second-reprocessed-dataset).
Ziel der Mission ist die Anwendung dieser neuartigen Technologie im
Weltraum zum Zweck der Wettervorhersage und zur Verbesserung des
Verständnisses der atmosphärischen Dynamik, insbesondere in den
Tropen (siehe auch Thema des Tages vom 21.08.2018
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2018/8/21.html).
Der größte Teil der Aeolus-Windabdeckung stammt von der
Rayleigh-Streuung (Rückstreusignal von Luftmolekülen bei wolkenfreien
Verhältnissen), aber die Mie-Streuung (partikelförmige Rückstreuung
von Wassertröpfchen und Aerosolen) haben eine deutlich kleinere
Fehlerrate und weisen eine bessere horizontale Auflösung als die
Rayleigh-Winde auf.
Der neueste Datensatz ab 2021 ergab die bisher größte positive
Auswirkung von Aeolus auf die Kurz- und Mittelfristvorhersagen des
EZMWF-Modells in Reading, mit statistisch signifikant positiver
Auswirkung auf Wind-, Temperatur-, Geopotential- und
Feuchtevorhersagen in der tropischen und polaren Troposphäre sowie
der unteren Stratosphäre.
Aeolus hat über die numerische Wettervorhersage hinaus auch andere
wichtige Anwendungen. Insbesondere die Forschung im Bereich der
Atmosphärendynamik hat von den Aeolus-Winden profitiert, um
Schwerewellen, äquatoriale Wellen, plötzliche
Stratosphären-Erwärmungen (SSW)sowie die Überwachung der
Quasibiennalen Oszillation (QBO) in der äquatorialen Stratosphäre zu
untersuchen.
Die Aeolus-Winde erweisen sich darüber hinaus als hilfreich, um
andere satellitengestützte Windbeobachtungen zu verifizieren und
nachfolgend zu verbessern, z. B. atmosphärische Bewegungsvektoren.
Als erstes hochspektrales Lidar im Weltraum liefert Aeolus auch
optische Eigenschaften im UV-Bereich (Ultraviolett). Diese werden in
der Forschung über die Zusammensetzung der Atmosphäre verwendet, z.
B. für den Rauch von Waldbränden, den Staub der Sahara, die Plume von
Vulkanausbrüchen und die Assimilation von Daten über die
Zusammensetzung der Atmosphäre.
Diese einzigartige Fähigkeit eines Doppler-Wind-Lidars, dynamische
und optische Eigenschaften simultan zu erfassen und zu messen, sollte
in Zukunft weiter genutzt werden - in etwa für gekoppelte Vorhersagen
der atmosphärischen Zusammensetzung mit Wolkenvorhersagen.
Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.11.2022
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