Thema des Tages
Wissenschaft kompakt
Wasser - wichtig und spannend zugleich - Teil 4
Nicht erst seit dem erneut sehr trockenen Sommer wissen wir, wie
kostbar unser Wasser ist. Im heutigen Thema des Tages dreht sich
deshalb alles um den sogenannten "Wasserfußabdruck".
Seit Millionen von Jahren unterlagen das Klima und somit auch der
Wasserkreislauf der Erde immer wieder natürlichen Schwankungen. Seit
Beginn der industriellen Revolution Mitte des 18. Jahrhunderts ist
der Kohlenstoffdioxidgehalt der Atmosphäre allerdings drastisch
angestiegen. Dies lässt sich hauptsächlich auf anthropogene
(menschengemachte) Aktivitäten zurückführen. Die Folgen sind unter
anderem die Verstärkung der Treibhausgaskonzentrationen in der
Atmosphäre, welche wiederum für globale Erwärmung sorgen.
Insbesondere in den Industrienationen ist der CO2-Ausstoß pro Kopf
sehr hoch. Der sogenannte "persönliche CO2-Fußabdruck" lässt sich
mittlerweile recht einfach mit einem CO2-Rechner im Internet
abschätzen (z.B. CO2-Rechner des Umweltbundesamtes:
https://uba.co2-rechner.de/).
Analog dazu lässt sich auch der Fußabdruck in Bezug auf den
persönlichen Wasserverbrauch bestimmen. Rund 130 Liter Wasser
verbraucht der oder die "Durchschnittsdeutsche" pro Kopf am Tag. Dies
entspricht nicht ganz einer gefüllten Badewanne. Allerdings nutzen
wir Wasser nicht nur zum Trinken, Kochen und Putzen. Auch in den
Produkten und Lebensmittel, die wir konsumieren, steckt Wasser oder
wurde zumindest bei deren Erzeugung benötigt. Dieses "versteckte"
Wasser wird auch als "virtuelles Wasser" bezeichnet. Daraus lässt
sich unser tatsächlicher Wasserverbrauch ermitteln: der sogenannte
"Wasserfußabdruck". Und dieser liegt in Deutschland am Tag bei rund
4000 Litern pro Kopf ? oder dem Fassungsvermögen von etwa 25
Badewannen. Erschreckend, oder?
Ganz so abwegig erscheint dies nicht, wenn man bedenkt, dass selbst
ein kleiner Mikrochip, wie er sich in Smartphones befindet, einen
virtuellen Wasserbedarf von etwa 32 Litern besitzt. Bei einem
Baumwollshirt sind es rund 2000, einer Jeans 6000, einem Kilogramm
Mandeln 13000 und einem Kilogramm Rindfleisch sogar rund 15500 Liter.
Spitzenreiter ist die insbesondere in der Vorweihnachtszeit sehr
relevante Kakaobohne mit 27000 Litern.
Dazu sollte man wissen, dass hier grundsätzlich zwischen drei
verschiedenen Arten von virtuellem Wasser unterschieden wird:
"Grünes" virtuelles Wasser stammt aus Niederschlägen und der
natürlichen Bodenfeuchte, "blaues" virtuelles Wasser rührt von
künstlicher Bewässerung aus Grund- und Oberflächenwasser her. Das
"graue" virtuelle Wasser stellt dagegen das durch seine Nutzung
verunreinigte oder beeinträchtigte Wasser dar (z.B. durch
Düngemittel, Pestizide oder Industrieabfälle), kann also nur bedingt
wiederverwendet werden.
An dem klassischen Konzept des Wasserfußabdrucks gibt es jedoch auch
kritische Punkte. Zum Beispiel wird beim Wasserverbrauch nicht
berücksichtigt, ob das Wasser natürlich als Regen fällt und bei
unmittelbarer Verwendung nicht zu einem Ungleichgewicht im
Wasserhaushalt führt oder ob die wertvolle Ressource künstlich aus
dem Grundwasser gefördert wird, was wiederum Folgeschäden verursachen
kann.
Bei der Herstellung eines Kilogramms Rindfleisch entfällt hierzulande
ein Großteil des Wasserverbrauchs auf den Regen, der ohnehin
niedergeht und für die Futtermittelherstellung meist vollkommen
ausreicht. Ein Kilogramm importierte Mandeln haben einen ähnlich
hohen Wasserfußabdruck, denn Mandelbäume, die trockenes Klima
eigentlich gewöhnt sind, werden häufig künstlich bewässert, um die
Erträge zu steigern. Somit sollte die lokale Verfügbarkeit von Wasser
ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Betrachtung der
Wasserbilanz spielen, die vom klassischen Wasserfußabdruck jedoch
nicht berücksichtigt wird. Nach einer Studie der Technischen
Universität Berlin liegt der sogenannte "konsuminduzierte
Wasserverbrauch" in Deutschland bei 7200 Liter pro Person. 14% des
verbrauchten Wassers stammen dabei aus dem Inland, ganze 86% werden
hingegen aus dem Ausland importiert.
In wasserreichen Regionen ist ein hoher Wasserfußabdruck eher
unproblematisch. Entsteht er allerdings in wasserarmen Regionen, kann
dies zum Problem werden. Berücksichtigt man die lokale
Wasserverfügbarkeit, beträgt beispielsweise der Massenanteil an den
nach Deutschland importierten Agrarprodukten wie Nüsse, Baumwolle und
Reis zwar nur drei Prozent, am sogenannten "knappheitsgewichteten
Wasserfußabdruck" machen diese Lebensmittel allerdings einen Anteil
von über fünfzig Prozent aus. Die größten Auswirkungen ergeben sich
dabei allerdings in den USA, Spanien, Usbekistan und dem Iran, nicht
in Deutschland.
Darüber hinaus veranschaulicht der graue Wasserfußabdruck zwar den
Einfluss der Nutzung des Wassers auf seine Qualität. Die
Verschmutzung der Ozeane wird dabei allerdings nicht berücksichtigt ?
der Fußabdruck gilt nur für Süßwasser.
Wenn Sie herausfinden möchten, wie groß Ihr persönlicher
Wasserfußabdruck ist, suchen Sie doch mal im Internet, z.B. unter
https://wfd.de/thema/wasserfussabdruck. Weitere Infos und Konzepte
zum Wasserverbrauch bzw. zum Wasserfußabdruck gibt?s auf der Seite
des Umweltbundesamts unter https://www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/wasser-bewirtschaften/wa
sserfussabdruck#was-ist-der-wasserfussabdruck.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.11.2022
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