Thema des Tages


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Kaltlufteinbrüche im Frühjahr - Teil 5: Aktuelle Trends

Der Abschluss unserer Serie zu den Kaltlufteinbrüchen im Frühjahr. 
Werden Sie in den kommenden Jahren wahrscheinlicher und kommen immer 
später?

Zugegeben, die aktuellen Temperaturen in den Frühstunden bieten 
genügend Anlass, um eher Kaltlufteinbrüche im Herbst zu 
thematisieren. An dieser Stelle sei nochmal an die Themen des Tages 
vom 22. September und 27. September 2022 erinnert, die belegten, dass
es in diesem Jahr tatsächlich ungewöhnlich früh die ersten Fröste in 
Teilen Deutschlands gab. Interessant wäre an dieser Stelle die 
Fragestellung, ob es diesbezüglich Analogien zu späten Frösten im 
Frühjahr gibt - also ob es da auffällige Häufungen gibt oder doch der
Zufall überwiegt. Wer weiß, eventuell werden wir diesem Sachverhalt 
bei einer späteren Ausgabe dieser Rubrik mal näher auf den Grund 
gehen. Fürs Erste wollen wir jedoch unsere Serie bezüglich der 
Kaltlufteinbrüche im Frühjahr mit diesem fünften und gleichzeitig 
auch letzten Teil abschließen. 

Streamingfans sind bei neuen Staffeln ihrer Lieblingsserien immer 
dankbar, wenn es am Anfang in einem emotional aufgeladenen 
Zusammenschnitt erstmal heißt: "Was bisher geschah...". So soll nicht
versäumt werden zu erwähnen, dass sich die Teile 1-3 mit dem 
statistisch gesehen spätesten Auftreten von Frost und Schnee 
(inklusive der maximalen Schneehöhe) an ausgewählten Stationen 
Deutschlands beschäftigten. Ein Ergebnis daraus (auch aus dem 
Leserfeedback) war unter anderem, dass die einschneidenden Erlebnisse
die subjektive Wahrnehmung stark beeinflussen. Manche Rekorde liegen 
mitunter sogar in der jüngeren Vergangenheit und damit gar nicht weit
zurück. 

Schauen wir uns im Folgenden doch einmal die Entwicklung der letzten 
Jahre bezüglich dieser Kennzahlen an. Die Betrachtung erfolgt anhand 
der Stationen Hamburg-Fuhlsbüttel, die den Norden Deutschlands 
repräsentieren soll, Essen-Bredeney für den Westen, Potsdam für den 
Osten und der Station am Hohenpeißenberg für den Süden 
beziehungsweise das Bergland. Beim ersten Blick fällt zunächst erst 
einmal auf, dass der späteste Frost teils mehr als 2 Monate hinter 
dem letzten Schnee liegen kann. Im Einzelfall kann es aber auch bei 
Lufttemperaturen knapp über dem Gefrierpunkt so stark schneien, dass 
auf den (Wiesen-)Messfeldern etwas liegengeblieben ist. Beide Trends 
sind leicht rückläufig. Vor allem in Essen sind die Datensätze 
aufgrund der Kriegsjahre allerdings lückenhaft. Es wurden bewusst die
gleichen Zeiträume miteinander verglichen, obwohl die Datenreihen 
teilweise deutlich länger sind und bis ins 18. Jahrhundert 
zurückreichen. 

Im Bergland offenbart sich anhand der Station am meteorologischen 
Observatorium Hohenpeißenberg, die mit rund 780 Metern über NN im 
Zentrum des Pfaffenwinkels am Fuße der Alpen liegt, ein zeitlich 
deutlich engerer Zusammenhang zwischen Schneedecke und Frost. Hier 
speist sich der Spätfrost viel öfter aus den winterlichen 
Schneeresten oder Neuschneeauflagen, die im Frühjahr erst allmählich 
abtauen und die Frostluft so gewissermaßen vor Ort regenerieren 
können. Zeitlich sind die Daten sowieso entsprechend später im 
Frühjahr anzusiedeln, je mehr Höhenmeter man aufwärts zurücklegt.

Im 4. Teil ging es um typische Wetterlagen, die besonders tiefe 
Temperaturen, teils verbunden mit Schneefällen, im Frühjahr 
begünstigen. Grundvoraussetzung dafür ist in den meisten Fällen die 
Zufuhr einer arktischen Luftmasse aus Norden, die schnell und auf 
direktem Wege zu uns gelangt und in der Folge unter Hochdruckeinfluss
gerät. Besonders die Großwetterlagen Nord (N) und Nordwest (NW) 
fallen darunter. Nach Hess-Brezowsky sind sie in ihren Ausführungen 
zyklonal (NWz, Nz) und antizyklonal (NWa, Na), also mehr tief- oder 
hochdrucklastig, unterschieden. Mehr Infos finden Sie unter anderem 
in unserem Thema des Tages vom 24.10.2020. 

Doch kommen diese Wetterlagen in den Monaten April, Mai und Juni in 
den letzten Jahren nun gehäufter oder seltener vor? Aus der 
beigefügten Grafik und speziell dem grünen Balken ist zu entnehmen, 
dass die "kalten Großwetterlagen" zusammengefasst etwas mehr als ein 
Drittel des Zeitraums April bis Juni ausmachen. Mit anderen Worten: 
In etwa 4-5 Wochen zwischen April und Juni sind im 10-Jahresmittel 
eher die kalten Lagen dominant, häufig länger unterbrochen und 
teilweise auch nur wenige Tage am Stück anhaltend. Dabei hat die 
Tendenz bis zum Jahrtausendwechsel etwas zugenommen, danach aber auch
wieder abgenommen, so dass sich kein signifikanter Trend ergibt. Bei 
der Aufschlüsselung der einzelnen Typen zeigt sich, dass vor allem in
den letzten Jahrzehnten der Anteil der Großwetterlage Nordwest 
antizyklonal zugenommen hat und Nord zyklonal dagegen kaum noch 
vorkommt.   

FAZIT:
Trotz weitgehend gleichbleibender Häufigkeit der vermeintlich kalten 
Wetterlagen im Frühjahr, die potentiell für Spätfröste und teilweise 
auch Schnee gut sind, verschiebt sich das erwartete Datum an allen 
ausgewählten Stationen um etwa 10 Tage in den letzten knapp 100 
Jahren in Richtung Jahresbeginn. Zweifelsohne spielt der Klimawandel 
dabei eine große Rolle, der die Eiskante im Frühjahr über der 
Framstraße, aber auch die Schnee- und Eisbedeckung über Skandinavien 
und dem Bottnischen Meerbusen weiter reduziert. So wird es immer 
schwerer eine entsprechende Luftmasse anzuzapfen und direkt ohne 
große Umwege und Umwandlungen nach Deutschland zu transportieren. 
Gleichwohl - und das hat uns die jüngste Vergangenheit eindrucksvoll 
gelehrt - kann und wird es immer noch einzelne Jahre geben, in denen 
rekordverdächtige Extremereignisse in winterlicher Hinsicht noch spät
im Jahr zu beobachten sein werden. Aus subjektiver Sicht - und damit 
zurück zu unserer Ausgangsfrage in Teil 1 - muss man nüchtern 
feststellen, dass die Neigung zu Spätfrösten im langjährigen Mittel 
nicht zu- sondern weiter abgenommen hat. Betrachtet man allerdings 
nur die Jahre seit 2000, so ist die Tendenz Richtung Mai bei den 
Spätfrösten zumindest für Hamburg und Potsdam offensichtlich (Thema 
des Tages vom 03.04.2022). Unterm Strich sind späte Fröste für die 
menschliche Psyche und die Natur besonders dann belastend, wenn sie 
als "Rückschläge" auf frühlingshafte oder sogar frühsommerliche 
Temperaturen mit über 20 Grad folgen, wie wir sie in den letzten 
Jahren schon im Februar oder Anfang März beobachtet haben. 
Abschließend gilt ein großer Dank den Kollegen Dr. Paul James, Stefan
Bach und Simon Trippler, ohne derer Programme und Verfahren diese 
Auswertungen so nicht möglich gewesen wären. 
Ende der Serie

Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 07.10.2022

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