Thema des Tages

Gefühlte Temperatur

Aktuell haben wir Nachmittagstemperaturen von 28 bis 32 Grad. Gefühlt
liegen die Werte aber mit 32 bis 38 Grad deutlich höher. Warum sich
feuchte Luft bei hohen Temperaturen unangenehmer anfühlt und warum
man im Wind bei niedriger Temperatur schneller friert, soll heute
Thema sein.

Eine der Schattenseiten der aktuellen heißen sommerlichen
Witterungsperiode ist die hohe Wärmebelastung. Nicht nur, dass die
Höchstwerte von über 30 °C für viele schon etwas zu viel des Guten
sind, sie fühlen sich durch die derzeit hohe Luftfeuchtigkeit auch
deutlich wärmer an. Denn die gefühlte Temperatur liegt aktuell bei 32
bis 38 °C. Doch wie kommt man zu einer gefühlten Temperatur?

Die gefühlte Temperatur ist die von einem Menschen wahrgenommene
Temperatur, die sich aufgrund der Luftfeuchtigkeit und der
Windgeschwindigkeit häufig von der realen Temperatur unterscheidet.
Liegt die Hauttemperatur über der Umgebungstemperatur, so wird die
wärmere, hautnahe Luft vom Wind weggeblasen. Zusätzlich wird dadurch
die Verdunstungsrate, die für eine weitere Abkühlung sorgt, an der
Hautoberfläche erhöht. Dadurch kühlt der Körper bei Wind deutlich
schneller aus. Man nennt diesen Effekt Windchill- oder auch
Windabkühlungseffekt. Die Windchill-Temperatur ist diejenige
Lufttemperatur, die ohne Wind den gleichen Abkühlungseffekt hätte.
Weht bei einer Temperatur von 0 °C ein mäßiger Wind um 25 km/h, so
kommt einem die Temperatur wie -6 °C vor. Bei -10 °C sind es schon
-19 °C.

Bei höheren Temperaturen spielt die Feuchtigkeit eine große Rolle.
Von schwüle spricht man wenn Luftfeuchtigkeit und Temperatur gleich
hoch sind. Durch die hohe Feuchtigkeit kann Schweiß, durch dessen
Verdunstung der Körper gekühlt und der Wärmehaushalt reguliert wird,
schlechter verdunsten. Deshalb empfindet man die Temperatur als
höher. Das Maß für die empfundene Temperatur ist der Hitzeindex. 33
°C fühlen sich bei einer Luftfeuchtigkeit von 60 % beispielsweise wie
40 °C an.

Für die gefühlte Temperatur verwendet der DWD ein komplexes Modell,
den sogenannten „Klima Michel“. Für den Durchschnittsmenschen
(Michel) wird ein 35 Jahre alter, 1,75 m großer und 75 kg schwerer
Mensch angenommen. Für diesen wird ein Energiebilanzmodell gerechnet,
um die Temperaturempfindung in Abhängigkeit von der Lufttemperatur
und Feuchtigkeit, der Windgeschwindigkeit, der Sonnenstrahlung und
der Bekleidung festzustellen.

Doch wie geht es in den nächsten Tagen weiter mit den Temperaturen?
Vor allem der Westen und die Mitte erleben zum morgigen Freitag einen
regelrechten Temperatursturz. Mit Höchstwerten von 19 bis 24 °C ist
es bis zu über 10 Grad kälter als noch heute. Zeit also, um mal
wieder richtig durchzulüften. Am Wochenende bringt dann ein neues
Hochdruckgebiet den Sommer zurück. Am Sonntag werden wieder teilweise
30 °C erreicht. Diese fühlen sich jedoch in der trockneren Luft
deutlich angenehmer als jetzt an.
Wie geht es nun nächste Woche weiter? Am Rande eines kräftigen
Azorenhochs wird von Nordwesten zunehmend kühlere, aber meist
trockene subpolare Luft herangeführt. In der Nordhälfte stellt sich
dadurch ein etwas kühlerer Witterungsphase ein, während es im Süden
sommerlich bleibt. Die schwülwarmen Tage mit Temperaturen über 30 °C
und wiederholten Gewittern sind aber erst einmal vorbei.

Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.06.2022

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