Thema des Tages

Der Apfel blüht: Der Vollfrühling ist da!

Seit einigen Tagen kommt die Apfelblüte in Deutschland in Fahrt.
Damit wird der phänologische „Vollfrühling“ eingeläutet.

Wenn Sie in den west- und südwestdeutschen Niederungen beheimatet
sind oder dort in den vergangenen Tagen unterwegs waren, wird es
Ihnen vielleicht schon aufgefallen sein. Die Apfelbäume haben
begonnen zu blühen! Der Beginn der Apfelblüte markiert den Start in
den sog. „Vollfrühling“. Doch was versteht man darunter?

Der Vollfrühling ist eine phänologische Jahreszeit. Die Phänologie
ist allgemein die „Lehre von den (natürlichen) Erscheinungen“. Die
Phänologie im Deutschen Wetterdienst beinhaltet die Erfassung der
periodischen Wachstums- und Entwicklungserscheinungen von
wildwachsenden Pflanzen und landwirtschaftlichen Kulturpflanzen sowie
der Eintrittstermine landwirtschaftlicher Arbeiten. Aus den
Eintrittszeiten charakteristischer Vegetationsstadien kann das sog.
„phänologische Jahr“ konstruiert werden. Dabei werden die bekannten
vier Jahreszeiten nochmal unterteilt: Der Frühling in Vor-, Erst- und
Vollfrühling, der Sommer in Früh-, Hoch- und Spätsommer und der
Herbst in Früh-, Voll- und Spätherbst. Das Vegetationsstadium der
Apfelblüte ist dabei das für den Vollfrühling charakteristische.

Die phänologischen Jahreszeiten sowie deren Eintrittsdaten werden
klassischerweise in einer sog. „Phänologischen Uhr“ kreisförmig
dargestellt (siehe Abbildung 1 auf www.dwd.de). Der äußere Ring zeigt
dabei das vieljährige Mittel, der innere Kreis den aktuellen Stand
des laufenden phänologischen Jahres. Diese Daten sind für viele
Fragestellungen in der Landwirtschaft, aber auch für Medien- und
Reiseunternehmen (Obstblüte) sowie in der Medizin (Pollen, Allergien)
von großem Interesse. Man erkennt, dass die Vegetation in diesem Jahr
einen waschechten „Frühstart“ hinlegte. Die über weite Strecken zu
warme Witterung im Winter begünstigte einen um etwa ein bis zwei
Wochen verfrühten, für den Vor- und Erstfrühling charakteristischen
Blühbeginn der Hasel und Forsythie.

Diesen Vegetationsvorsprung scheint die Natur, trotz zeitweise
kühlerer Witterung in diesem Frühling, auch bis in den Vollfrühling
hinein „retten“ zu wollen. In den prädestinierten Wärmehochburgen am
Rhein startete die Apfelblüte teilweise bereits schon Ende März, in
den meisten Niederungen im Westen und Südwesten nun ziemlich
flächendeckend seit der zweiten Aprilwoche (siehe Abbildung 2). Es
wird zwar noch ein paar Tage dauern, bis die meisten phänologischen
Beobachter den Blühbeginn gemeldet werden haben, die
Wahrscheinlichkeit ist aber groß, dass dies noch vor dem
klimatologischen „Stichtag“ am 27. April der Fall sein wird. Die
letzte Prognose (Stand 12.4.) ging vom 21. April aus.

Dass die Vegetation nach dem Winter im Schnitt immer früher in die
Gänge kommt, lässt sich aus den phänologischen Daten recht
eindeutigen ableiten. Am Beispiel der Haselblüte (Abbildung 3) wird
deutlich, dass die Blüte vor allem in den letzten 10 Jahren mit nur
wenigen Ausnahmen zu früh, häufiger sogar mit einem zweiwöchigen
Vorsprung einsetzte. Dieses Symptom des Klimawandels ist eine Gefahr
für die Kulturpflanzen, die immer häufiger in voller Blüte späten
Nachtfrösten ausgesetzt und geschädigt werden können. Hoffen wir,
dass dieses Schicksal dem Apfel in diesem Jahr nicht „blühen“ wird.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.04.2022

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