Thema des Tages

YLENIA und ZEYNEP: Orkantiefs im Doppelpack

Wir haben bereits Anfang dieser Woche an dieser Stelle über die
anstehende Sturmlage gesprochen, und wir werden das auch heute wieder
tun müssen. Denn das, was uns da in den nächsten 3 Tagen bis Samstag
droht, ist potenziell sehr gefährlich.

Ausgangspunkt dieser stürmischen Wetterlage sind massive
Temperaturgegensätze über dem Nordatlantik. Die stets auf Ausgleich
bemühte Atmosphäre reagiert mit Luftmassenbewegungen oder einfach
ausgedrückt: mit Wind! Dabei gilt, je größer die Unterschiede, desto
stärker der Wind. Ein Starkwindband in der oberen Troposphäre in ca.
10 km Höhe ist die Folge, der sog. „Jet-Stream“. Er erreicht
Windgeschwindigkeiten von zum Teil über 300 km/h und stößt dabei bis
nach Mitteleuropa vor. Er fungiert wie eine Autobahn für
Tiefdruckgebiete, die in rascher Abfolge vom Nordatlantik nach
Mittel- und Nordeuropa ziehen.

Dabei bilden sich gleich zwei Orkantiefs heraus, die unmittelbar
Deutschland beeinflussen. Den Anfang macht YLENIA in der Nacht zum
Donnerstag und am Donnerstag, gefolgt von ZEYNEP am Freitagabend und
in der Nacht zum Samstag. Die Abbildung auf
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/2/16.html zeigt die
Zugbahnen der beiden Tiefs. YLENIA verlagert sich über Schottland und
die Nordsee nach Dänemark und lenkt danach nach Nordosten Richtung
Baltikum ein. Das Sturmfeld befindet sich an der Südflanke des Tiefs
und erfasst weite Teile von West- und Mitteleuropa – und damit auch
Deutschland. Aufgrund der Nähe zum Tiefkern steht insbesondere die
Nordosthälfte des Landes im Fokus der Sturmentwicklung. Ab der Nacht
zum Donnerstag muss vom Nordwesten bis zur Mitte und in die östlichen
Landesteile verbreitet mit schweren Sturmböen bis 100 km/h gerechnet
werden. Bevorzugt an der Kaltfront, die von Nordwest nach Südost über
Deutschland hinwegzieht sowie in den mitunter gewittrigen Schauern
dahinter sind sogar einzelne orkanartige Böen und Orkanböen bis 120
km/h wahrscheinlich. Das sind Windgeschwindigkeiten, die wir so
verbreitet bis ins Flachland nicht jedes Jahr erleben. Zudem treten
die Böen bei einer solchen „konvektiven Windlage“ teilweise sehr
plötzlich auf. All das führt zu einem nicht zu verachtenden
Schadenspotenzial. Größere Bäume können entwurzelt, Dächer beschädigt
und Gegenstände umher gewirbelt werden. Damit wird der Verkehr sowohl
am Boden als auch in der Luft so seine Schwierigkeiten haben. Es gilt
also nicht nur Reisen, sondern generell den Aufenthalt im Freien nach
Möglichkeit zu vermeiden. Erst im Laufe des Donnerstagnachmittags
lässt der Wind von Westen deutlich nach.

Nach einem kurzen Zwischenhocheinfluss, der seinen Namen kaum
verdient, nähert sich am Freitag das nächste Orkantief ZEYNEP. Wie
man in der Grafik erkennt, setzt dieses Tief ein gutes Stück
südlicher an als YLENIA. Zudem fällt auf, dass das Sturmfeld
kleinräumiger ist. Es handelt sich um einen sog. Schnellläufer, also
kleinräumige, sich sehr schnell mit der Höhenströmung fortbewegende
Tiefs, deren Vorhersage traditionell unsicherer ist als die der
großen Orkantiefs. So bereitet uns Meteorologen auch ZEYNEP
Kopfzerbrechen, denn etwa ab den Britischen Inseln wird die Prognose
der Zugbahn sehr unscharf. Zwar ist recht sicher, dass das Sturmfeld
Deutschland erfassen wird, wo genau und mit welchen
Windgeschwindigkeiten, bleibt bisweilen aber unklar. Die Gefahr von
Orkanböen ist dennoch durchaus gegeben, zumindest regional und
besonders über der Nordhälfte.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.02.2022

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