Thema des Tages

Die langen Nächte der Vorweihnachtszeit

In den mittleren und höheren Breiten der Nordhalbkugel sind die Tage
um Weihnachten untrennbar mit langen Nächten und kurzen hellen
Abschnitten verbunden. Allerdings wird dieser „Tiefpunkt“ nun
durchschritten.

Die astronomischen Randbedingungen bringen es mit sich, dass die
längsten Nächte bzw. die kürzesten Tage des Jahres immer kurz vor
Weihnachten stattfinden. Die Extremwerte werden dann zur
Wintersonnenwende erreicht, die dieses Jahr am 21.12. stattfindet.
Damit erreicht jene Zeit im Jahr ihren Höhepunkt, während der man bei
nachteiligen meteorologischen Einflüssen eine ausreichende
Tageshelligkeit nur mit Mühe erreichen kann. Rein astronomisch
gesehen geht die Sonne beispielsweise in Hamburg heute um 08:33 Uhr
auf und bereits um 16:01 Uhr unter, in München reicht diese Spanne
von 08:00 bis 16:21 Uhr (jeweils MEZ). Diese meridionalen
Unterschiede resultieren aus der Neigung der Erdbahn auf ihrem Weg um
die Sonne (Neigung der Ekliptik um 23,5 Grad). Die Sonne ist daher im
Sommerhalbjahr der Nordhalbkugel dem Nordpol zugeneigt, im Nordwinter
steht diese über der Südhalbkugel und kann daher den Norden nur
eingeschränkt bescheinen (Polarnacht nördlich des Polarkreises).

Doch die rein astronomischen Sonnenaufgangs- und -untergangszeiten
geben nur einen Teil der Wahrheit wieder. Es ist ja bekanntlich nicht
so, dass die Sonne einfach auf Knopfdruck ein- und ausgeschaltet
wird. Je nach geographischer Breite gibt es auf unserer Erde
verschieden lange Dämmerungszeiten, sowohl bei Auf- als auch bei
Untergang der Sonne. Um sich jetzt bei den Dämmerungszeiten nicht nur
auf das reine Gefühl verlassen zu müssen und eine gewisse
Vergleichbarkeit zu schaffen, gibt es seit langer Zeit genaue
Definitionen für die verschiedenen Dämmerungsabschnitte.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Dämmerung als die
Übergangszeit zwischen Tag und Nacht angesehen. Physikalisch
beschreibt diese hingegen klar jenen Zeitraum, in welchem das
gestreute Restlicht der Sonne sichtbar ist, während die Sonne bereits
oder noch unter dem Horizont steht. Die für die Bevölkerung
relevanteste Dämmerungsart ist die sogenannte „bürgerliche
Dämmerung“. Diese bezeichnet jenen Zeitraum, in dem die Sonne nicht
tiefer als 6 bis 6,5 Grad unter dem Horizont steht. In Mitteleuropa
dauert die bürgerliche Dämmerung etwa 37 bis 51 Minuten. Helle
Planeten wie Venus oder Jupiter sind schon sichtbar. In dieser Phase
ist es gerade noch möglich, ohne künstliche Lichtquelle
beispielsweise eine Zeitung zu lesen.

Die „nautische Dämmerung“ schließt sich an die bürgerliche Dämmerung
an und endet, wenn die Sonne 12 Grad unter dem Horizont steht. Dabei
können bereits einzelne Sternbilder beobachtet werden. Nach der
nautischen Dämmerung folgt schließlich die „astronomische Dämmerung“.
Diese endet, wenn die Sonne 18 Grad unter dem Horizont steht. Der
Himmel ist nun richtig dunkel und das Firmament ist voller Sterne.

Allerdings sind dies nur die allgemeingültigen Regelungen. Natürlich
ist vor allem die Länge der bürgerlichen Dämmerung stark von den
jeweiligen Bewölkungs- und Aerosolverhältnissen in der Atmosphäre
abhängig. Vermehrter (kondensierter) Wasserdampf sowie Staub-, Gas-
und Eisaerosole in der Atmosphäre (bspw. Vulkanasche) können die
Dämmerung enorm verändern.
Besonders bei den heute und in den vergangenen Tagen sehr verbreitet
trüben Verhältnissen durch Nebel- oder Hochnebel kann sich die
gefühlte Dämmerung sehr in die Länge ziehen. Dann ist es durchaus
realistisch, dass man erst am späten Vormittag das Gefühl von
„Tageslicht“ bekommt. Entsprechendes gilt auch für die frühe
Abenddämmerung am Nachmittag. Doch die Wetterkarten zeigen, dass sich
diese sehr trüben Eindrücke ab der neuen Woche deutlich reduzieren
werden. Mit einer nordöstlichen Strömung gelangt zunehmend kältere,
aber auch trockenere Festlandluft nach Mitteleuropa. Das senkt die
Nebel- und Hochnebelwahrscheinlichkeit und die Wintersonne kann etwas
verbreiteter und auch länger genossen werden.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.12.2021

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