Thema des Tages

Weihnachtswetter mit viel Konjunktiv

„Eventuell“, „könnte“, „unsicher“ – sind derzeit wohl die häufigsten
Ausdrücke, wenn es um das Wetter an Weihnachten geht. Was können wir
schon sagen – und was nicht?

Heute in einer Woche ist Heiligabend – da kann man doch schon mal
einen Blick auf’s Weihnachtswetter werfen, oder? „Können“ tut man das
schon, nur ob man nachher so viel schlauer ist, ist die große Frage.
Das war sicherlich auch der Grund, warum an dieser Stelle in den
vergangenen Tagen noch keine Aussagen zum Weihnachtswetter zu finden
waren, obwohl in den Medien ja schon seit einiger Zeit (mal mehr, mal
weniger seriös) Spekulationen betrieben wurden.

Und so stellte sich auch heute Vormittag wieder die Gretchen-Frage
dieses Mediendienstes: Worüber schreiben?? Über den Taifun RAI, der
gestern auf die Philippinen getroffen ist? Oder die aktuelle
Nebel-/Hochnebellage, die wohl eher unter die Kategorie „langweilig“
fällt? Oder doch ein „Konserventhema“ wählen à la „Warum ist der
Himmel blau?“? So richtig in den Schreibfluss kam die Verfasserin
dieses Thema des Tages bei diesen Überschriften irgendwie nicht. Und
so hat sie sich schließlich doch entschieden, die Leserschaft mit auf
eine (Lese-)Reise in die Weihnachtswetterwelt zu nehmen, nicht, weil
spekulieren so viel Spaß machen würde, sondern um den derzeitigen
(Un)Wissensstand aufzuzeigen.

Fangen wir von vorne an: Der Einfluss des Hochs ZAFIRA mit Zentrum
über den Britischen Inseln reicht aktuell bis nach Mitteleuropa.
Daran ändert sich auch in den nächsten Tagen nicht viel: Die
eingeflossene feuchte, milde Luftmasse, die zu Nebel und Hochnebel
neigt, bleibt uns also auch am Wochenende erhalten. Doch eine
Änderung vollzieht ZAFIRA allmählich: Sie „kippt“ von West-Ost- auf
Nord-Süd-Ausrichtung (aus einer zonalen Strömung wird eher eine
meridionale), wodurch sich ein umfangreiches Tief mit sehr kalter
Luft über Russland aufbauen kann. Somit dreht bei uns die Strömung
auf Nord und kältere Luft kann zum Wochenanfang ihren Weg nach
Deutschland finden (wenngleich sie weniger kalt ist als in Russland).
Bis Mittwoch können im Norden und Osten schwache Tiefausläufer mit
etwas Schneeregen und Schnee durchziehen, nach Westen und Süden
bleibt es meist trocken. Insgesamt wird das Dauergrau verdrängt, denn
die Luftmasse wird nicht nur kälter, sondern auch trockener.

Schön und gut, doch wie geht es dann weiter?

Für Heiligabend gibt es verschiedene Szenarien:

1.: Nach dem gestrigen Lauf des europäischen Wettermodells (EZMW)
verblieben wir im Zustrom kalter Luft, jedoch würde sich über dem
Atlantik eine umfangreiche Tiefdruckzone aufbauen, die bis zum
Mittelmeer reicht. Diese könnte sehr milde Luft aus Süden nordwärts
führen, die auf die kalte Luft aus Norden treffen würde – eine
Luftmassengrenze (mit Schneefällen) entstünde. Nach gestrigem Stand
lag diese Luftmassengrenze aber eher südlich von Deutschland, in etwa
südlich der Alpen. Erwähnenswert sind bei dieser Lösung auch
Schneefälle im Ostseebereich durch den sogenannten Lake-Effekt, die
für weiße Weihnachten von der Küste Mecklenburg-Vorpommerns bis nach
Schleswig-Holstein und Hamburg sorgen könnten.

2.: Nach dem heutigen Lauf des EZMWFs würde sich die deutlich mildere
Atlantikluft in ganz Deutschland durchsetzen, am Oberrhein wären dann
sogar 10°C und mehr möglich. Im Übergangsbereich von kalter und
warmer Luft würde es nur vorübergehend schneien, bevor der Schnee
rasch in (gefrierenden) Regen übergehen würde. Also eher grüne statt
weiße Weihnachten?

3.: Nach dem heutigen Lauf des amerikanischen Wettermodells GFS liegt
über Deutschland eine Luftmassengrenze, die kältere Luft im Norden
von wärmerer im Süden trennt. Damit könnten durchaus Niederschläge
verbunden sein, Richtung Norden auch als Schnee.

Übrigens: Nach dem gestrigen GFS-Lauf würde sich über Mitteleuropa
ein kräftiges Hoch aufbauen, das kalte (und trockene!) Luft bedeuten
würde?

Nicht viel schlauer als vorher? Dann ziehen wir doch noch die
Probabilistik zurate – denn da die beschriebenen Szenarien nur
„Einzellösungen“ sind, macht es durchaus Sinn, sich verschiedene
Läufe eines Modells mit leicht unterschiedlichen Anfangsbedingungen
anzuschauen, das sogenannte Ensemble.
50 Modellläufe des europäischen Wettermodells zeigen im Mittel, dass
die „Hochdruck“-Variante als unwahrscheinlich angesehen werden kann
und sich eher Tiefdruckeinfluss andeutet. Wo genau eine mögliche
Luftmassengrenze liegen wird, wird von den einzelnen Berechnungen
sehr unterschiedlich gesehen und bleibt folglich unsicher.

Im Norden und Osten liegt die Wahrscheinlichkeit für Dauerfrost an
Heiligabend (immerhin) bei 30-50 %, Richtung Westen und Süden ist sie
(abgesehen von den Alpen) deutlich geringer. Die Wahrscheinlichkeit
für Schneefall liegt an Heiligabend in der Südwesthälfte bei unter 10
%, in der Nordosthälfte bei 10-20% – die Chancen auf weiße
Weihnachten sind dort also (wenn man davon sprechen kann) am größten.
Insgesamt sind diese Werte aufgrund der großen Streuung, also den
sehr unterschiedlichen Berechnungen der einzelnen Mitglieder des
Ensembles, mit Vorsicht zu genießen sind.

Und auch, wenn sich in diesen Text nun 16 Konjunktive geschlichen
haben, so wird sie zwar schwächer, die Hoffnung auf weiße Weihnachten

  • aber vielleicht rieselt bei dem ganzen „Spekulatius“ ja am Ende
    sogar doch mehr als nur ein bisschen „Gekrümel? vom Himmel?

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.12.2021

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