Thema des Tages

Klimaänderung anhand der Temperatur am Hohenpeißenberg

In diesen Tagen findet in Glasgow die 26. UN Klimakonferenz statt. 
Der Nobelpreis für Physik wurde an die Klimaforscher Klaus Hasselmann
und Syukuro Manabe, und an den Mathematiker Giorgio Parisi verliehen.
Vor ein paar Wochen erschien der 6. Assessment Report des 
Intergovernmental Panel on Climate Change. Klimaänderung, 
Ahr-Hochwasser, Fridays for Future sind große Themen in Medien, 
Politik und Gesellschaft. Die Reduktion von Treibhausgasen und die 
Milderung von Auswirkungen der Klimaänderung sind riesige Aufgaben 
für die nächsten Jahre und Jahrzehnte. 

Abbildung 1 (siehe Grafik unten oder unter 
www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/10/21_Bild.png) zeigt die 
Klimaänderung anhand der 240 Jahre langen Hohenpeißenberger Messreihe
der Temperatur (blaue Kurven). Die Jahresmitteltemperatur hat in den 
letzten Jahrzehnten gegenüber dem Zeitraum 1781 bis 1960 um rund 2°C 
zugenommen. Ab 1980 ist der Anstieg besonders deutlich. Ähnliche 
Anstiege zeigen die mittlere Temperatur über Deutschland (rosa 
Kurven, ab 1881) und die weltweite Mitteltemperatur (grüne, rote und 
lila Kurven). Die Temperatur am Hohenpeißenberg ist sogar etwas 
stärker angestiegen als über Deutschland. Beide sind deutlich mehr 
angestiegen als die weltweite Temperatur. Am Hohenpeißenberg lag das 
langjährige Mittel der Jahre 1990 bis 2020 um +1.7°C oberhalb des 
Mittels der Jahre 1781 bis 1960. Das Mittel der letzten Jahre lag 
sogar +2.6°C höher (gestrichelte blaue Linien).

Was aber bedeuten 2°C Temperaturänderung? Von Tag zu Tag, vom frühen 
Morgen zum Nachmittag hin, oder im Verlauf eines Jahres treten doch 
viel größere Temperaturschwankungen auf. Drei Beispiele zeigen, dass 
2°C Änderung der mittleren Temperatur drastisch sind: In der letzten 
Eiszeit lag die globale Mitteltemperatur lediglich 6°C niedriger als 
im letzten Jahrhundert. 2°C mehr in Deutschland bedeuten längere 
Wachstumsperioden, z.B., dass Bäume heute 2 Wochen früher blühen und 
austreiben. (Leider erhöht die frühere Blütezeit auch die Gefahr von 
Nachtfrösten). Temperaturen in Süddeutschland sind heute so, wie 
früher südlich der Alpen in Italien.
Gefährlich ist dabei weniger die Änderung der mittleren Temperatur 
(oder des Niederschlags), sondern mehr die Zunahme extremer 
Temperaturen (oder extremer Ereignisse). Beim mittleren Niederschlag 
läuft ein Bach nicht über, wohl aber, wenn es extrem viel regnet. 
Nicht die mittlere Temperatur belastet Menschen und Pflanzen, sondern
ungewöhnliche Hitze und Kälte. 

Deswegen zeigt Abbildung 2a anhand von Über- und 
Unterschreitungshäufigkeiten, wie oft am Hohenpeißenberg besonders 
warme oder kalte Tage vorkommen. Die meisten Tage liegen zwischen 
-5°C und +20°C. Früher (1781 bis 1960, ~65000 Tage) lag die 
Tagesmitteltemperatur an 20% aller Tage über 13.5°C, an weniger als 
2% aller Tage über 20°C (rosa Kurve). Heute (1990 bis 2020, ~11000 
Tage) treten Tagesmittel wärmer als 15°C an rund 20% aller Tage auf, 
wärmer als 20°C an mehr als 5% aller Tage (rote Kurve). Dabei hat 
sich die Überschreitungshäufigkeit ziemlich genau um +1.7°C zu 
höheren Temperaturen verschoben (rote und die rosa gestrichelte Kurve
fast gleich). Die Verschiebung entspricht der Zunahme des 
langjährigen Mittelwerts in Abbildung 1. 

Bei kalten Tagen hat sich die Häufigkeit ebenfalls verschoben 
(hellblaue und dunkelblaue Kurven), wobei besonders kalte Tage, 
kälter als -7°C, noch stärker abgenommen haben, als nach Verschiebung
der alten Kurve zu erwarten (blaue Kurve unterhalb der gestrichelten 
hellblauen Kurve). Waren früher 2.4% aller Tagesmittel kälter als 
?10°C, so trifft das heute nur noch für 1% der Tage zu. 

Abbildung 2b verdeutlicht, wie dramatisch sich die Über- und 
Unterschreitungshäufigkeiten von früher auf heute geändert haben. 
Tage wärmer als 20°C kommen heute mehr als 2-mal so häufig vor wie 
früher, Tage wärmer als 25°C mehr als 6-mal so oft (Abb. 2b, rote 
Kurve). Bei kalten Tagen sind die Veränderungen noch größer (Abb. 2b,
blaue Kurve): Tage kälter als -5°C kamen früher 1.6-mal häufiger vor 
als heute, Tage kälter als -15°C kamen früher 3 bis 10-mal häufiger 
vor. Sehr kalte Tage, kälter als -18°C, gibt es heute praktisch nicht
mehr. 

Alle Klimasimulationen sagen weiter steigende Temperaturen vorher und
lassen in Zukunft nochmal deutlich mehr warme Tage erwarten und 
deutlich weniger kalte Tage, als in Abbildung 2 schon für den 
Zeitraum 1990 bis 2020 (und den "kalten" Hohenpeißenberg mit fast 
1000 m Höhe) erkennbar. Anpassung an diese Veränderungen und 
Reduktion der verursachenden Treibhausgas-Emissionen sind enorme, 
weltweite Aufgaben für die nächsten Jahre und Jahrzehnte.

[Hinweis: Dieses Thema des Tages entstammt dem GAW (Global Atmosphere
Watch)-Brief Nr. 80 vom 19. Oktober 2021, der vom Meteorologischen 
Observatorium Hohenpeißenberg herausgegeben wird und unter https://www.dwd.de/DE/service/newsletter/form/gaw-brief/gaw-brief_nod
e.html kostenfrei abonniert werden kann.]

Dr. Wolfgang Steinbrecht, Dr. Werner Thomas, Dipl.-Ing. Thomas Elste 
(DWD Hohenpeißenberg) 
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 21.10.2021

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Diesen Artikel und das Archiv der "Themen des Tages"
finden Sie unter www.dwd.de/tagesthema

Weitere interessante Themen zu Wetter und Klima finden
Sie auch im DWD-Wetterlexikon unter: www.dwd.de/lexikon