Thema des Tages
Sommer, wo bist du?
Irgendwie will der Sommer in Deutschland dieses Jahr gefühlt nicht so
richtig in die Gänge kommen. Schaut man aber etwa 200 Jahre ins Jahr
1816 zurück, dann gab es tatsächlich ein "Jahr ohne Sommer".
Immer wieder werden wir darauf angesprochen, wo denn der Sommer
dieses Jahr bleibt und ob er denn noch kommt. Die Antwort ist immer
die gleiche. Der diesjährige Sommer entspricht einem normalen
mitteleuropäischen Sommer, denn dieser geht nicht einher mit Sonne
satt und 30 Grad, sondern präsentiert sich eher wechselhaft und mäßig
warm bis warm. Das liegt daran, dass wir uns in der Westwindzone
befinden und da der Jetstream dieses Jahr häufig über Mitteleuropa
liegt, ist somit kein heißes und stabiles Sommerwetter möglich. Dafür
müsste die Strömung längere Zeit auf südliche oder östliche
Richtungen drehen. Betrachtet man jedoch die Mittelwerte der
Temperatur für Juni, so zeigt sich, dass dieser Monat im Vergleich
zum langjährigen Mittel (Referenzzeitraum 1991-2020) sogar deutlich
zu warm ausfiel. Der vergangene Juni war mit 19,0 Grad um 2,6 Grad
wärmer als das Mittel. Der Juli entsprach mit 18,3 Grad genau dem
langjährigen Mittelwert. Mittelwerte hin oder her; das Gefühl, dass
der diesjährige Sommer noch nicht so wirklich in Fahrt gekommen ist,
ist nicht ungerechtfertigt. Auch die bisherigen Augusttage waren
deutlich zu kühl.
Doch im Vergleich mit dem Sommer 1816 ist das alles Jammern auf
höchstem Niveau. Jenes Jahr ging als das "Jahr ohne Sommer" in die
Annalen ein. Zurückzuführen ist dies auf den Ausbruch des Vulkans
Tambora auf der indonesischen Insel Sumbawa im Jahr 1815. Dieser
schleuderte eine große Menge vulkanischen Materials (Asche und Gas)
bis in etwa 43 km Höhe und somit bis in die Stratosphäre hinein. Mit
den damals vorherrschenden atmosphärischen Strömungen wurden diese
Partikel rund um den Globus verteilt. Dadurch kam es in einigen
Regionen zu einer erhöhten atmosphärischen Trübung, wodurch weniger
Sonnenstrahlung bis zu Erdoberfläche vordringen konnte bzw. die
Sonnenstrahlen bereits in der Stratosphäre zurückgestreut wurden.
Damit erwärmte sich zwar die Stratosphäre, an der Erdoberfläche kam
es jedoch einer Abkühlung. Außerdem förderte eine Erhöhung der
Aerosolkonzentration in der Troposphäre regional auch die
Niederschlagsbildung.
Die Sommertemperaturen der Stationen Hohenpeißenberg, Karlsruhe,
München-Stadt und Regensburg zeigen durch die Bank für das Jahr 1816
Temperaturen deutlich unter dem Mittel der damaligen Zeit. Die
negative Abweichung gegenüber dem Mittel 1781 bis 1810 lag bei etwa 2
Grad. Das hört sich jetzt nicht allzu viel an, wenn man jedoch
bedenkt, dass beispielsweise in der Schweiz im Juli bis in die
Niederungen noch Schnee fiel, dann wird einem bewusst, wie kalt es
doch tatsächlich war. Außerdem hagelte es teils stark, es war lang
anhaltend regnerisch und eben kalt. Dadurch kam es vor allem in
Süddeutschland zu Missernten und Hungersnöten.
Es geht also noch deutlich kälter als in diesem Sommer. Einen
Hoffnungsschimmer für die gebeutelten Wärmeliebhaber gibt es aber: ab
Mitte der Woche klettert das Thermometer deutschlandweit auf 25 bis
30 Grad. Der Sommer 2021 nimmt also nochmals einen neuen Anlauf.
Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.08.2021
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
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