Thema des Tages

Wasser von oben und von unten

In den vergangenen beiden Tagen kam es gebietsweise zu 
sintflutartigen Regenfällen. Vor allem in Mittelfranken hatten diese 
ein großes Hochwasser an Bächen und kleineren Flüssen zur Folge.

Anders als in den vergangenen beiden Jahren, in denen große 
Trockenheit für Schlagzeilen sorgte und Landwirtschaft und Vegetation
stark belastete, ist Regen im diesjährigen Sommer bisher keine 
Mangelware und die Böden sind vielerorts gesättigt. Teilweise kam in 
den letzten Wochen sogar so viel Regen innerhalb kurzer Zeit vom 
Himmel, dass die nassen Böden das Wasser nicht mehr aufnehmen 
konnten. Dadurch liefen Keller voll oder das Wasser floss in Bäche 
und kleinere Flüsse ab, die anschließend über die Ufer traten. So 
geschehen auch am gestrigen Samstag in Teilen von Franken.

Ein Tief zog von Donnerstag bis zum heutigen Samstag ausgehend von 
Österreich ganz langsam nach Norden und ist mittlerweile über der 
Ostsee angekommen. Vor allem auf der Westseite des Tiefs bildete sich
ein kräftiges Niederschlagsgebiet. Da das Tief nur sehr langsam zog, 
verlagerte sich auch der "Regenwirbel" nur langsam vom Süden in den 
Norden Deutschlands, sodass es mancherorts längere Zeit am Stück 
kräftig regnete und (zu) große Regenmengen brachte.

Bereits am Donnerstagabend setzten in Schwaben kräftige und teils 
gewittrige Regenfälle ein, die sich in der Nacht zum Freitag ins 
östliche Baden-Württemberg, ins westliche Franken und bis nach 
Osthessen, Thüringen und Sachsen verlagerten. Vor allem im westlichen
Franken (Mittelfranken und Teile Unterfrankes) kringelte sich das 
Regengebiet regelrecht ein, sodass es dort stundenlang kräftig 
schüttete. Auch den gesamten Freitagvormittag regnete es dort 
unaufhörlich weiter, erst am Nachmittag verlagerte sich der 
Regenschwerpunkt nach Thüringen und Sachsen-Anhalt. Mit dem nach 
Norden vorankommenden Tief zog der Regen in der Nacht zum heutigen 
Samstag weiter in den Norden Brandenburgs und nach 
Mecklenburg-Vorpommern und sorgte auch dort für erhebliche 
Regenmengen.

Anhand der radarbasierten und an Niederschlagsstationen angeeichten 
24-stündigen Niederschlagssummen kann man die Regenschwerpunkte gut 
erkennen. Von Donnerstagabend bis Freitagabend kamen von Schwaben und
der Schwäbischen Alb über das westliche Franken bis nach Thüringen 
und Sachsen-Anhalt vielerorts zwischen 40 und 80 l/qm innerhalb von 
24 Stunden zusammen (Abb. 1), wobei der meiste Regen oft innerhalb 
von 6 bis 12 Stunden vom Himmel prasselte. Kleinräumig kamen sogar um
100 l/qm zusammen. Am Abend und in der Nacht zum heutigen Samstag 
fielen dann von Thüringen bis nach Mecklenburg-Vorpommern 30 bis 70 
l/qm, auf Rügen sogar um 100 l/qm (Abb. 2), bevor heute Vormittag der
Regen endgültig nach Norden abzog.

Am brisantesten war die Lage am Freitag in Mittelfranken und in 
Teilen Unterfrankens. Bereits in der Nacht kamen dort große 
Wassermassen vom Himmel und auch am Vormittag wollte der Regen dort 
einfach nicht aufhören. Erst am Nachmittag wurde er allmählich 
schwächer und klang am Abend ab. Etwa zwischen Main, Tauber und 
Regnitz kamen enorme Regenmengen zusammen. Verbreitet prasselten 
zwischen 50 und 80 l/qm, gebietsweise auch über 100 Liter auf einen 
Quadratmeter (Abb. 3). Das entspricht zehn großen Gießkannen, die man
auf diese kleine Fläche schütten würde. Das ist definitiv zu viel für
den Boden, der ohnehin durch den vielen Regen der letzten Wochen 
bereits gesättigt war.

Demzufolge spitzte sich bereits am Vormittag die Lage mehr und mehr 
zu. Bäche wurden zu reißenden Strömen, Keller liefen voll und auf 
Felder und Wiesen bildeten sich große braune Seen. Da in der Region 
viele kleinere Nebenflüsse von Regnitz und Main entspringen, stiegen 
die Pegel sprunghaft an. Besonders vom Hochwasser betroffen waren die
Flüsse Scheine, Aisch, Zenn, Fränkische Rezat und die Aurach. An 
einigen Pegeln wurde sogar die Marke für ein 100-jähriges Hochwasser 
deutlich übertroffen beziehungsweise wurden sogar neue Rekordmarken 
erreicht. Die Scheine stieg bei Scheinfeld 33 cm über die Marke für 
ein 100-jähriges Hochwasser. Die Zenn überschritt diese Marke bei 
Stöckach sogar um stolze 40 cm (Abb. 4) und erreichte mit 4,10 m am 
Freitagmittag einen neuen Rekordpegelstand. Meldestufe 4 wurde an 
mehreren fränkischen Flüssen überschritten, was bedeutet, dass 
"bebaute Gebiete im größeren Umfang überflutet sind oder der Einsatz 
der Wasser- und Dammwehr in großem Umfang erforderlich ist". Dies war
auch tatsächlich der Fall! Ganze Ortschaften wurden überflutet und 
waren zeitweise von der Außenwelt abgeschnitten. Am schlimmsten war 
der Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim betroffen. In Ansbach 
wurde sogar der Katastrophenfall ausgerufen, da zeitgleich zum 
Hochwasser eine Fliegerbombe am Bahnhof mitten in der Stadt 
entschärft und viele Anwohner evakuiert werden mussten.

Auch in den nächsten Tagen bleibt uns das unbeständige Wetter 
erhalten. Schon in der Nacht zum Dienstag und am Dienstag tagsüber 
muss gebietsweise erneut mit teils unwetterartigen Regenfällen 
gerechnet werden.


Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 10.07.2021

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