Thema des Tages

Kleine Synoptikkunde (10) - Alles über Advektion

Der Begriff "Advektion" wird in der Wettervorhersage recht oft 
verwendet. Doch was verbirgt sich überhaupt dahinter, und warum ist 
er so wichtig? Diese und noch weitere Fragen klären wir in diesem 
Kapitel der "Kleinen Synoptikkunde".

"Erfunden" wurde der Begriff "Advektion" von den alten Römern - denn 
er stammt vom lateinischen Wort "advectare" ab und bedeutet soviel 
wie "heranbewegen, -holen". 
Damit wäre auch schon die erste Frage nach der Bedeutung geklärt: 
Advektion beschreibt das Heranführen von Dingen und wird in der 
Meteorologie allgemein und in der Wettervorhersage im speziellen für 
das Heranführen einer Luftmasse mit bestimmten Eigenschaften 
verwendet. 
Advehiert kann dabei alles Mögliche werden, wie zum Beispiel 
Temperatur und Feuchte, aber auch speziellere Eigenschaften wie 
Vorticity (alles über Vorticity gibt es in Kapitel 3 vom 11.09.2020).


Für die Wettervorhersage ist die Kenntnis über das Vorhandensein von 
Advektionsprozessen in der Atmosphäre wichtig, denn daraus leiten 
sich zu erwartende dynamische Vorgänge wie Hebung oder Absinken ab. 
Hebung und Absinken innerhalb einer Luftmasse sind elementar für das 
Wettergeschehen, denn in direkter Folge können daraus zum Beispiel 
Wolken und Niederschläge entstehen. 
Einer dieser wichtigen Advektionsprozesse ist die 
Temperaturadvektion, in der Fachsprache je nach Charakteristik 
"Warmluftadvektion" oder "Kaltluftadvektion" genannt. 
Je nach Höhe, in der die Advektionsprozesse stattfinden, kann dies 
Auswirkungen auf die Stabilität bzw. Labilität der Atmosphäre haben. 

Kaltluftadvektion in niedriger Höhe wirkt üblicherweise 
stabilisierend, das heißt wetterberuhigend, während Warmluftadvektion
labilisierenden Charakter haben kann. 
In großer Höhe kann sich der Effekt auch umkehren, und zum Beispiel 
Konvektion begünstigen. 
Auch Konvektion ist ein Spezialfall der Advektion, denn hier wird 
warme Luft vertikal in die Höhe advehiert. 
Aus der Temperaturadvektion lassen sich weiterhin auch Aussagen zur 
Geopotentialtendenz, oder mit anderen Worten, zur Drucktendenz 
ableiten (mehr zum Geopotential in Kapitel 1 vom 12.08.2020). 
Die Höhe zwischen den Druckflächen 1000 hPa und 500 hPa wird in der 
Synoptik auch "Schichtdicke" genannt. 
Die Schichtdicke ist direkt proportional zur mittleren Temperatur in 
dieser Schicht. 
Wird nun also kältere (wärmere) Luft advehiert, dann sinkt (steigt) 
die Schichtdicke, und damit das Geopotential an dieser Stelle. 
Ein klassisches Beispiel sind zum Beispiel ausgedehnte 
Hochdruckrücken, insbesondere Omega-Hochdrucklagen.
Auf deren Rückseite westlich des Druckzentrums wird oft sehr warme 
Luft aus Süden advehiert, wodurch das hohe Geopotenzial an dieser 
Stelle anhaltend gestützt wird, was zur Langlebigkeit dieser stabilen
Druckgebilde beiträgt. 
Ob Kalt- oder Warmluftadvektion vorliegt, lässt sich gut an einem 
vertikalen Windprofil oberhalb der Grundschicht ablesen. 
Dreht der Wind mit der Höhe nach rechts, so liegt Warmluftadvektion 
vor.
Dreht er nach links, so handelt es sich um Kaltluftadvektion. 
Die Differenz zwischen den einzelnen Windvektoren heißt "Thermischer 
Wind" und ist in Kapitel 5 vom 22.10.2020 etwas näher beschrieben. 

Neben der Temperaturadvektion ist für den Vorhersagemeteorologen auch
die Advektion von Vorticity interessant. 
Wichtig ist hierbei vor allem die sogenannte differentielle 
Advektion. 
Betrachtet werden dabei klassischerweise die Advektionsfelder der 
Vorticity in 500 hPa und 300 hPa. 
Differentiell bedeutet hier, dass die Vorticityadvektion in 300 hPa 
stärker ausgeprägt sein muss als in 500 hPa, um einen Effekt zu 
haben. 
Dabei signalisiert negative differentielle Vorticityadvektion ein 
Absinken von Luftmassen, und positive differentielle 
Vorticityadvektion Hebung. 
Letzteres ist dann immer ein Hinweis auf günstige Bedingungen für die
Entstehung von Wolken, Niederschlag und vor allem im Sommer auch von 
Gewittern.
An dieser Stelle möchte der Autor aber auf weitergehende Erklärungen 
verzichten, denn das Konzept der differentiellen Vorticityadvektion 
lässt sich nur mit recht komplizierter Mathematik tiefergehend 
vermitteln. 

Fazit: Advektionsprozesse sind wichtig für das Verständnis des 
Wetters und seiner weiteren Entwicklung und spielen bei der täglichen
Vorhersage eine wichtige Rolle.

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 17.05.2021

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