Thema des Tages

Zyklonen-Rendezvous

Über dem östlichen Indischen Ozean haben sich vor der Nordwestküste 
Australiens zwei Tropenstürme gebildet, die sich gegenseitig ins 
Gehege kommen und miteinander interagieren. Was passiert dabei?

In den vergangenen Tagen haben sich über dem östlichen Indischen 
Ozean die Tropenstürme ODETTE und SEROJA aufgewirbelt und kommen sich
nun vor der Nordwestküste Australiens immer näher. Am heutigen 
Freitagmorgen trennen ihre Zentren nur noch rund 700 km. Während 
SEROJA sich aktuell nur sehr langsam ein wenig nach Südwesten bewegt,
wandert die etwas nördlicher gelegene ODETTE zunächst nach Osten, um 
dann nach Süden und sogar Südwesten abzubiegen. Damit können sich die
beiden Tropenstürme, die bereits zu Zyklonen der Kategorie 1 der 
fünfteiligen Saffir-Simpson-Skala ausgereift sind, noch weiter 
annähern und mehr und mehr ins Gehege kommen (siehe dazu das 
Satellitenbild mit den vorhergesagten Zugbahnen unter 
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/4/9_Bild.jpg; die
Zahlen im Bild geben die Tage des Monats an). Wirbelstürme oder auch 
andere Tiefdruckgebiete, die sich so nahe kommen, interagieren 
miteinander und bereiten den Vorhersagemodellen große 
Schwierigkeiten.

Ein solches Verhalten sich nahe kommender Wirbel untersuchte als 
Erstes in den 1920er-Jahren der japanische Meteorologe Dr. Sakuhei 
Fujiwhara (1884-1950), der ehemalige Direktor des japanischen 
Wetterdienstes in Tokio. Anhand seiner Beobachtungen an Wasserwirbeln
und mit mathematischen Berechnungen fiel ihm eben jener Effekt auf, 
dass zwei sich näherkommende Wirbel interagieren. Dabei dominiert der
vom Umfang bzw. vom Durchmesser größere den kleineren. Die beiden 
Wirbel rotieren dann um ein gemeinsames geometrisches Zentrum, das 
sich abhängig von der Stärke der beiden Wirbel auf der 
Verbindungslinie zwischen diesen befindet. Dieser Effekt ist auch als
Fujiwhara-Effekt bekannt.

Er tritt bereits ab einer Entfernung von etwa 1300 bis 1400 km auf. 
Bei außertropischen Tiefdruckgebieten mit größeren horizontalen 
Ausdehnungen wird angenommen, dass schon ab einer Entfernung von etwa
2000 km die Wirbel miteinander "kommunizieren" können. Darüber hinaus
ist es möglich, dass die beiden Wirbel nicht nur gegenseitig ihre 
Zugbahnen beeinflussen, sondern auch verschmelzen können und der neue
Wirbel dadurch noch stärker wird (weitere Informationen dazu im 
DWD-Lexikon unter www.dwd.de/lexikon, Stichwort "Fujiwhara-Effekt").

Beim aktuellen Beispiel der beiden Zyklonen vor der australischen 
Küste ist wegen der Vorhersageschwierigkeiten ungewiss, wohin die 
Reise geht. Aufgrund der Zugbahn von ODETTE soll der Zustrom 
trockener Luft von Ost unterbunden werden, was SEROJA eine 
Intensivierung bis auf Kategorie 3 bescheren könnte. Auf dem weiteren
Weg der bei Kategorie 1 bleibenden und dann auch vom Umfang kleineren
ODETTE nach Süden und Südwesten zeigen die Wettermodelle eine weitere
Abschwächung des Sturms oder sogar Verschmelzung mit SEROJA an. Der 
daraus resultierende Zyklon (oder nur SEROJA) soll in Richtung 
australisches Festland ziehen und dieses zwischen dem 11. und 12. 
April nach aktuellen Erkenntnissen mit Kategorie 2 erreichen. 
Landgänge von Zyklonen sind dort allerdings recht selten, sodass der 
Zyklon gefährliche Auswirkungen haben könnte. Zumindest scheint nach 
neuesten Vorhersagen mit Perth die Hauptstadt des australischen 
Bundesstaates Western Australia mit einer Einwohnerstärke von rund 2 
Millionen vom Zyklon verschont zu werden. Dort würde man wohl auch 
nur allzu gerne auf ein Rendezvous mit dem Wirbelsturm verzichten.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 09.04.2021

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