Thema des Tages

Es summt wieder

Hört man genau hin, kann in den aktuell blühenden Sträuchern 
zunehmend wieder das Summen von Bienen vernommen werden. Grund genug,
die Randbedingungen für Bienenflug etwas näher zu betrachten.

Die Entwicklung der Natur kam zwar in der mittleren Märzdekade 
aufgrund der unterdurchschnittlichen Temperaturen etwas ins Stocken, 
doch nun sieht man an vielen Orten die ersten Frühlingsboten. 
Phänologisch gesehen beginnt der Erstfrühling mit der Blüte der 
Forsythie, die vor allem in den klimatisch wärmeren Regionen entlang 
des Rheins sowie im Nordwesten in den vergangenen Tagen beobachtet 
werden konnte. Doch nicht nur in der Pflanzenwelt macht sich der 
Frühling bemerkbar, auch die Tiere stellen sich auf die nun 
anbrechende neue Jahreszeit ein. Spitzt man seine Ohren, vernimmt man
an den blühenden Sträuchern auch wieder das Summen der Bienen - ein 
untrügliches Zeichen, dass der Winter langsam Abschied nimmt.

Die Intensität des Bienenflugs ist dabei ein komplexes Zusammenspiel 
zwischen den meteorologischen Randbedingungen sowie dem Zustand und 
der Entwicklung des Bienenvolks. Die maßgeblichen Wetterelemente sind
dabei die Lufttemperatur, die Windgeschwindigkeit, die 
Niederschlagssumme sowie die Strahlungsintensität. Die in unseren 
Breiten beheimatete Honigbiene braucht eine Lufttemperatur von etwa 8
Grad, um wieder unbeschadet in den sicheren Bienenstock zurückkehren 
zu können. Allerdings ist bei solchen Temperaturverhältnissen der 
Aktionsradius der Biene ziemlich eingeschränkt, die Gefahr bei einem 
längeren Ausflug in der kühlen Luft zu verklammen wäre zu groß. Daher
beschränkt sich die Biene bei einer solchen Witterung nur auf die 
unbedingt notwendigen und nicht verschiebbaren Aktivitäten 
(beispielsweise Entleerung der Kotblase nach der Winterruhe oder 
Wassertransport). Steigt die Lufttemperatur etwas über 10 Grad, sind 
jedoch zunehmend auch sogenannte "Pollensammlerinnen" in der Natur 
beobachtbar. Diese suchen die verschiedensten Frühblüher auf und 
sammeln dort den eiweißhaltigen, für die Bruttätigkeit unbedingt 
notwendigen Pollen ein. Erkennbar sind diese an den gelben Kügelchen 
an ihren Beinen. Optimale Flugbedingungen herrschen dann etwa ab der 
Marke von 20 Grad, dann kann auch das gesamte Potential für das 
Sammeln von Nektar ausgeschöpft werden.

Allerdings ist die Lufttemperatur nicht der alleinig entscheidende 
meteorologische Parameter. Beispielsweise erhöht durchgehender 
Sonnenschein bzw. eine hohe Strahlungsintensität die Flugaktivität, 
dagegen hemmt starker Wind diese deutlich. Bei anhaltendem 
Niederschlag bleiben die Bienen ebenfalls meist im Stock oder kommen 
schnell zurück, wenn plötzlich ein stärkerer Schauer aufzieht. 
Besonders gefährlich für die Flugbienen sind daher die im Frühling 
oft sehr schnell wechselnden Wetterverhältnisse. Ein nachmittäglicher
Schauer oder ein Gewitter mit schnell sinkender Temperatur und 
aufkommendem Wind nach sonnigem Tagesbeginn hat daher schon vielen 
Bienen das Leben gekostet. 

In Kenntnis der eben beschriebenen Abhängigkeiten und der erwarteten 
meteorologischen Werten, kann die Intensität des Bienenflugs 
natürlich auch mittels Modellen prognostiziert werden. Der Deutsche 
Wetterdienst betreibt beispielsweise ein solches und stellt die 
Ergebnisse unter https://t1p.de/vx7q für verschiedenste Orte in 
Deutschland zur Verfügung. Die Einteilung erfolgt dabei in 5 
Intensitätsstufen (kein, gering, mittel, stark, intensiv).

Allerdings muss man bedenken, dass dieses Modell nur den externen 
Faktor Meteorologie abdeckt und nicht den unbekannten Zustand des 
Bienenvolks (interner Faktor) berücksichtigt. Bienenvölker entwickeln
sich nämlich im Frühling in Abhängigkeit der vorhandenen Bienenzahl 
unterschiedlich schnell. Damit kann es im Stock vorübergehend zu 
einem Ungleichgewicht kommen zwischen zu pflegender Brut und den zur 
Verfügung stehenden Arbeiterinnen. Da Brutpflege fast immer Priorität
genießt, kann das Fluggeschehen dadurch auch bei günstigen 
Wetterbedingungen vorübergehend etwas gebremst werden. Anderseits 
sind im Bienenstock auch Notsituationen möglich, bei denen 
beispielsweise die "Wasserträgerinnen" auch bei tieferen Temperaturen
als 8 Grad und Regen den Stock zur Versorgung mit Wasser verlassen 
müssen. Selbstverständlich spielt aber auch das Angebot der Natur 
eine wichtige Rolle, denn ohne blühende Pollenspender macht es 
natürlich auch keinen Sinn, auf einen potentiell gefährlichen 
"Ausflug" zu gehen.

In den nächsten Tagen zeigt unser Bienenflugmodell meist keine bis 
geringe Flugaktivität. Das überrascht nur wenig, denn in der Nacht 
zum Samstag überquert eine Kaltfront das Land von West nach Ost. 
Damit strömt wieder Meeresluft subpolaren Ursprungs heran, außerdem 
kommt es vor allem am Samstag zu schauerartigem, teils gewittrigem 
Regen. Zudem frischt der Wind gebietsweise deutlich auf - keine gute 
Kombination für einen Bienenausflug. Doch für die nächste Woche 
besteht durchaus eine gute Chance Bienen beobachten zu können, denn 
die Temperatur steigt wieder deutlich an und die Sonne kommt häufiger
zum Vorschein.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 26.03.2021

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

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