Thema des Tages

Satellitenmeteorologie (Teil 2) - Bunte Bilder für die Wetteranalyse

Heute zeigen wir, wie man mit einer geschickten Technik farbige 
Satellitenbilder erzeugen kann, die den Meteorologen zahlreiche 
Anwendungsmöglichkeiten bieten.

Wettersatelliten sind in der heutigen modernen Meteorologie nicht 
mehr wegzudenken. Mit ihrem Blick aus dem Weltall auf unsere Erde 
leisten sie unter anderem unschätzbare Dienste bei der Wetteranalyse.
Im ersten Teil dieser Reihe (Thema des Tages vom 27. Januar 2021, 
siehe Link) haben wir die Funktionsweise des Radiometers erklärt, das
Herzstück eines jeden Wettersatelliten. Es blickt mit 12 "Augen", den
sogenannten Kanälen, auf unsere Erde, wobei jeder dieser Kanäle einen
gewissen Spektralbereich der von der Erde abgegebenen Strahlung 
"sieht". Drei der Kanäle empfangen Strahlung im solaren (sichtbaren) 
und acht im infraroten (thermischen) Bereich. Der 12. Kanal (HRV), 
das Adlerauge unter den Kanälen, besitzt eine besonders hohe 
Auflösung. Zur grafischen Interpretation der empfangenen 
Strahlungsintensitäten werden diese in ein Schwarz-Weiß-Bild 
konvertiert. Jeder Kanal sieht für sich betrachtet zwar weniger als 
unser Auge, in der Kombination aller Kanäle erfasst ein Radiometer 
aber weitaus mehr Informationen von der Erde als der sehende Mensch.

Jeder Kanal liefert den Meteorologen ganz individuelle Informationen.
Jedoch stoßen die Kanäle auch an ihre Grenzen und manchmal ist eine 
eindeutige Interpretation der Bilder schwierig. Die Kanäle im 
sichtbaren Bereich sind nur tagsüber hilfreich, da die Erde nachts 
keine kurzwellige Sonnenstrahlung reflektiert. Auch kann man manchmal
schwer zwischen Wolkenfeldern und Schneeflächen unterscheiden, da 
beide weiß erscheinen, also ähnliche Reflexionseigenschaften 
besitzen. Die Zuordnung der erfassten Strahlungstemperaturen der 
infraroten Kanäle ist auch nicht immer eindeutig. So können niedrige 
Temperaturen entweder von Wolken in höheren Atmosphärenschichten oder
von einer stark ausgekühlten Erdoberfläche emittiert werden.

Um eindeutige Interpretationen der Satellitenbilder zu bekommen, 
müssen Informationen verschiedener Kanäle kombiniert werden. Eine 
besonders komfortable Möglichkeit bietet die sogenannte 
"RGB-Bildauswertetechnik". Dabei werden die Signale von drei 
verschiedenen Kanälen mit den Farben Rot (R), Grün (G) und Blau (B) 
eingefärbt. Fügt man die eingefärbten Bilder zu einem mehrfarbigen 
Bild zusammen, erhält man bunte Bilder - die sogenannten 
"RGB-Komposits". Die hierbei entstandenen Mischfarben können nun vom 
Meteorologen interpretiert werden. Bei der Zusammenstellung eines 
RGB-Komposits kann man übrigens sowohl die reflektierte Darstellung 
(hohe Werte der reflektierten Strahlung entsprechen hellen Pixeln) 
als auch die invertierte Darstellung (geringe Werte emittierter 
Strahlung entsprechen hellen Pixeln) miteinander mischen.

Einige RGB-Komposits haben sich besonders bewährt, von denen wir hier
zwei näher erläutern. Die obere Abbildung zeigt das Komposit 
"Luftmasse". Hierbei handelt es sich um vielmehr als nur ein 
farbenprächtiges Kunstwerk. Neben den weißlich erscheinenden 
Wolkenbändern geben uns die unterschiedlichen Farben Auskunft über 
die Herkunft und die Eigenschaften verschiedener Luftmassen. Mit 
grünen Farben können warme Luftmassen mit einer hohen Tropopause 
(Oberrand der Troposphäre), also tropische oder subtropische 
Luftmassen detektiert werden. Polare oder arktische Kaltluft mit 
einer niedrigen Troposphäre erscheint hingegen bläulich. Sinkt 
trockene Stratosphärenluft in die Troposphäre (untere Atmosphäre) ab,
erkennt man dies anhand von rötlichen Farben, oft in Form rötlicher 
Schlieren. Im dargestellten Beispiel befindet sich über dem 
Nordatlantik ein kräftiges Tiefdruckgebiet mit seinen 
charakteristischen Wolkenbändern. Die grünen Farben über Nordafrika, 
Spanien und der Biskaya (I) zeigen den mit subtropischer Warmluft 
angereicherten Warmsektor des Tiefs zwischen der Warmfront 
(Wolkenband über England und Frankreich) und der Kaltfront 
(Wolkenband über dem Atlantik). Nordwestlich davon sowie über dem 
Nordpolarmeerbefindet sich polare Kaltluft (II), zu sehen an den 
blauen Farben. An den rötlichen Schlieren (IIIa) erkennt man, dass 
sich trockene Stratosphärenluft in das Tief einkringelt, welche zu 
einer Verstärkung des Tiefs beiträgt. Ebenso war trockene 
Stratosphärenluft (IIIb) dafür verantwortlich, dass sich über dem 
Norden Deutschlands Gewitter (Kreuze) gebildet haben.

Für uns Warnmeteorologen ist das Satellitenkomposit "Nacht" (untere 
Abbildung) eine große Hilfe. Er liefert uns eine Fülle von 
Informationen über Wolken in unterschiedlichen Höhen und zur 
Beschaffenheit der Erdoberfläche. Neben den Sichtweitenmessungen der 
Wetterstationen zeigen uns rötliche Farben Regionen mit Nebel- und 
Hochnebelfeldern (also sehr tiefliegende Wolken) und helfen uns 
dabei, auch nachts so gut wie möglich vor dichtem Nebel zu warnen. 
Höhere kompakte Wolkenfelder erscheinen hingegen weißlich, während 
dünne Eiswolken (Cirren) zyan-farben aussehen. Zudem kann man sogar 
erkennen, wo Schnee liegt oder nicht, da Schneeflächen heller 
erscheinen als schneefreie Landoberflächen.

Neben diesen beiden RGB-Komposits gibt es noch eine Reihe weiterer 
bunter Satellitenbilder für unterschiedlichste 
Anwendungsmöglichkeiten, die an dieser Stelle aber nicht näher 
erläutert werden. Zu nennen sind beispielsweise das 
"Echtfarben"-Komposit, der den Farben sehr nahekommt, die das 
menschliche Auge sehen würde. Das "Konvektion"-Komposit macht sich 
die unterschiedlichen Reflexionseigenschaften großer und kleiner 
Hydrometeore zu Hilfe, mit der man das Entwicklungsstadium von 
Gewitterwolken abschätzen kann. Wieder andere Komposits unterstützen 
uns bei der Detektion von Sandstürmen, Nebel oder Schnee. Aktuelle 
Satellitenbilder mit kurzen Erklärungen zu deren Interpretation 
erhalten Sie auf der Homepage der EUMETSAT 
(https://eumetview.eumetsat.int/static-images/MSG/RGB).

Im dritten Teil wird demnächst der Unterschied zwischen 
geostationären und polarumlaufenden Satelliten erklärt.


Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 15.02.2021

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