Thema des Tages

Reynolds und die Turbulenz

Die Reihe namhafter Physiker und Mathematiker mit Bezug zur 
Meteorologie setzen wir im heutigen Tagesthema fort mit Osborne 
Reynolds, einem der Pioniere auf dem Gebiet der Strömungsmechanik.

Osborne Reynolds wurde am 23. August 1842 in Belfast, Irland geboren.
Er wurde als britischer Physiker maßgeblich bekannt durch seine 
Arbeiten auf dem Gebiet der Dynamik von Fluiden (wie Luft oder auch 
Wasser) im Allgemeinen und der Hydrodynamik im Speziellen.

Reynolds wurde in eine Familie anglikanischer Kleriker hineingeboren.
Im Jahr 1867 schloss er bereits sein Mathematikstudium am Queens' 
College in Cambridge ab. Im Jahr 1868 wurde er der erste Professor 
für Ingenieurwesen am Owens College, Manchester, eine Position, die 
er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1905 innehatte. Er wurde 1877 
Mitstreiter der 'Royal Society' und erhielt 1888 sogar eine 
königliche Medaille.

Obwohl sich seine frühesten beruflichen Forschungen mit Eigenschaften
wie Magnetismus, Elektrizität und Mechanik der Himmelskörper 
befassten, begann Reynolds bald, sich zunehmend auf die 
Strömungsmechanik zu konzentrieren. Auf diesem Gebiet leistete er 
eine Reihe bedeutender und teils fundamentaler Beiträge. Seine 
Arbeiten zum Widerstandsgesetz in parallelen Wasser-Kanälen (1883) 
ist hierbei ein Klassiker. 

Die "Reynoldssche Spannung" in Fluiden mit turbulenter Bewegung, 
hervorgerufen durch die (turbulente) Reibung zwischen Luft- oder 
Wassermolekülen, wird auch heute noch z.B. bei der meteorologischen 
Modellsimulation von Windböen als Ansatz verwendet. 

Die nach ihm benannte "Reynolds-Zahl (Re)" hingegen sagt etwas aus 
über den Charakter der Strömung im Fluid, also ob die Strömung 
laminar (in parallelen Schichten) oder eben turbulent abläuft. Die 
"Reynolds-Zahl" wird auch zur Modellierung in Strömungsexperimenten 
verwendet. Hier erfolgt der Link zum Reynoldsschen 
Ähnlichkeitsgesetz, welches 1883 von Reynolds aufgestellt wurde. Es 
besagt, dass die Strömungen in der Natur und im Modell mechanisch 
ähnlich verlaufen können, solange die jeweiligen Reynolds-Zahlen (Re)
übereinstimmen. 

Im Folgenden noch ein kurzer Abriss über weitere Verdienste von 
Reynolds:

Seine Studien über Kondensation und Wärmeübertragung zwischen 
Feststoffen und Flüssigkeiten zogen die Entwicklung von 
Brennwertkesseln (Nutzung der Kondensationswärme zur Optimierung von 
Heizkesseln) nach sich, während seine Arbeiten über Turbinenpumpen 
deren rasche Entwicklung und Serienproduktion ermöglichten. 

Zudem entwickelte Reynolds 1889 den standardmäßigen mathematischen 
Ansatz, der allgemein für Turbulenzsimulationen verwendet wird. Er 
studierte ebenso Wellendynamik sowie die Gezeitenbewegungen in 
Flüssen und leistete so bahnbrechende Beiträge zum Konzept der 
Gruppengeschwindigkeit von Wasserwellen. Zu seinen weiteren 
Errungenschaften gehören die physikalische Erklärung des Radiometers 
und die Bestimmung des mechanischen Wärmeäquivalents. 

Er starb am 21. Februar 1912 in Watchet, Somerset in England. 

Gerade Reynolds Arbeiten im Bereich der mathematischen 
Turbulenzsimulierung sowie deren Anwendung auf die dynamischen 
Prozesse in der Atmosphäre reihen ihn ein in die Liste bedeutender 
Naturwissenschaftler, die einen wesentlichen Beitrag zur 
Weiterentwicklung der Meteorologie leisteten.


Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 09.12.2020

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