Thema des Tages

Deutschland in den Zwängen eines Tiefdruckkomplexes!

Eine eingefahrene Wetterlage sorgt derzeit beständig für meist 
unbeständiges Wetter. Doch was ist eine Großwetterlage und warum 
prägen diese die herrschende Witterung.  

Die Luftdruckverteilung auf Meereshöhe sowie in der mittleren 
Troposphäre (Großwetterlage) in einem großen Gebiet (z.B. Europa plus
Teile des Nordatlantiks) über eine Dauer von mehreren Tagen sind für 
das Wetter von wesentlicher Bedeutung. 

Allgemein bestimmt eine Großwetterlage den wesentlichen Charakter 
eines Witterungsabschnittes und ist daher nachhaltig für die 
auftretenden Wetterphänomene verantwortlich. Mit deren Klassifikation
wird versucht, ein gewisses Maß an Systematik bzw. 
Nachvollziehbarkeit in der Beschreibung des großräumigen 
atmosphärischen Zustandes zu schaffen. Schon vor mehr als 100 Jahren 
begann man hierzu die mittlere Luftdruckverteilung auf Meereshöhe, 
später zusätzlich die mittleren atmosphärischen Verhältnisse in der 
Troposphäre bis etwa 5 Kilometer Höhe, heranzuziehen. Anhand dieser 
werden wiederkehrende atmosphärische Strömungsmuster, zum Beispiel 
über Europa, zu Großwetterlagen zusammengefasst. 

Heute gibt es verschiedene Methoden zur Wetterlagen-Klassifikation. 
Jede definiert ihre eigenen Merkmale, nach denen die Einteilung 
erfolgt. Der DWD verwendet derzeit zwei Wetterlagenklassifikationen: 
die subjektiv bestimmten Großwetterlagen nach Hess und Brezowsky für 
das große Gebiet Mitteleuropa und die objektive 
Wetterlagenklassifikation für ein kleineres Gebiet, das im 
Wesentlichen Deutschland abdeckt. Während die subjektive 
Klassifikation lediglich die Luftdruckverteilung im Bodenniveau sowie
die Strömungsverhältnisse untersucht, werden bei der objektiven 
Analyse aus den Gitterpunktwerten des Modells täglich verschiedene 
Indizes für Windrichtung, Zyklonalität und Feuchtigkeit berechnet und
nach bestimmten Grenzwerten eingeteilt.

Für großräumige statistische Untersuchungen sind die 
Häufigkeitsangaben mancher Großwetterlagen nicht repräsentativ, da 
deren Anzahl auch bei der Betrachtung von über 100 Jahren zu gering 
ausfällt. Es gibt Fälle, bei denen die Unterteilung in spezielle, mit
Rücksicht auf die Witterungsverhältnisse eng definierte Wetterlagen 
nicht benötigt wird, ja sogar störend sein kann, so z.B. bei 
großräumigen Zirkulationsuntersuchungen. In diesen Fällen kann man 
jeweils mehrere verwandte Großwetterlagen zu Großwettertypen 
zusammenfassen. Dabei werden schließlich nur noch zonale, meridionale
sowie gemischte Zirkulationsformen mit antizyklonalem oder zyklonalem
Einfluss unterschieden (vgl. Link Großwetterlagen). Dabei muss 
berücksichtigt werden, dass aus meteorologischer Sicht neben der 
Strömungsrichtung auch die vorwiegende Krümmung der 
Strömungsverhältnisse (Zirkulationsmuster) für die 
Witterungsbedingungen entscheidend ist. Während antizyklonale 
Krümmung meist eine Wetterberuhigung bedeutet, steht eine zyklonale 
Krümmung für Hebung, also aufsteigende Luft und entsprechenden 
Niederschlag. 

Derzeit ist die Wettersituation ziemlich festgefahren. Während über 
dem Atlantik und Osteuropa kräftige Hochdruckgebiete thronen, wirbeln
über West- und Mitteleuropa in einem Tiefdruckkomplex zahlreiche 
Tiefs wie WENKE I und II umher. An die Tiefs sind wiederholt auch 
Tiefausläufer gebunden, die über das Vorhersagegebiet geführt werden.
Zudem bilden sich in dem Tiefdruckkomplex immer wieder auch neue 
Randtiefs, die ihrerseits mit der Höhenströmung herumeiern und für 
die eine oder andere Überraschung sorgen können. In höheren 
Luftschichten ist aktuell ein Tief wetterwirksam, welches sich von 
den Britischen Inseln über Frankreich bis in den westlichen 
Mittelmeerraum erstreckt. Demnach können die derzeit herrschenden 
Luftdruck- und Geopotentialverteilungen (siehe Link Geopotential) in 
verschiedene Großwetterlagen eingeordnet werden.  Eine Großwetterlage
der Wahl wäre z.B. SEz, was Südost zyklonal bedeutet. Mit Südost ist 
die Strömungsrichtung gemeint, wonach über Deutschland gemittelt über
alle Luftschichten der unteren Atmosphäre südöstliche Winde wehen 
würden. Die Strömung ist dabei auch noch zyklonal geprägt, sodass 
Hebungsimpulse zu erwarten sind. Die genaue Beschreibung liefert der 
Großwetterlagenkatalog. Demnach gilt für die Wetterlage SEz: 

Über Südrussland und der Ukraine liegt ein blockierendes Hoch, das 
sich mit einem Ausläufer bis zum Nordmeer erstreckt. An seiner 
Westflanke liegt eine ausgeprägte Tiefdruckzone, die vom Ostatlantik 
südostwärts über Westeuropa hinweg bis zum westlichen Mittelmeer 
reicht, wo sich oft ein eigenes Höhentief befindet. Die atlantische 
Frontalzone ist vom mittleren Nordatlantik über Südwesteuropa zum 
Mittelmeer gerichtet.  Von dort verläuft sie über Mitteleuropa hinweg
nordwärts.

Eine weitere, uns eher überzeugende Einordnungsmöglichkeit bietet die
verwandte Großwetterlage TrW für Trog über Westeuropa. Dabei 
erstreckt sich in Trogform tiefer Luftdruck sowohl am Boden als auch 
in der Höhe vom Nordmeer über den westeuropäischen Küstenbereich bis 
zur Iberischen Halbinsel. Flankiert wird dieser Trog von hohem 
Luftdruck über dem mittleren Atlantik und Westrussland. Eine 
Frontalzone verläuft vom mittleren Atlantik nach Spanien und von dort
in Richtung Nordost über das westliche Mitteleuropa nach 
Skandinavien. In ihr wandern Einzelstörungen (Randtiefs), meist 
westlich der Alpen entlang, über Mitteleuropa hinweg nordwärts. 

Aber egal welche Wetterlage nun für die Einordnung der derzeitigen 
Verhältnisse gewählt wird, sie ist und bleibt recht stabil und weist 
nur wenig Veränderungspotential auf. Der Tiefdruckkomplex über West- 
und Mitteleuropa wird durch die neuen Randtiefs stetig regeneriert. 
Entsprechend bleibt verbreitet auch der unbeständige, teils 
frühwinterliche, teils spätherbstliche Wettercharakter bestehen. 
Allenfalls kurzzeitig kann sich das Schmuddelwetter beruhigen, bevor 
neue Niederschläge Teile von Deutschland erfassen. 


Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 05.12.2020

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