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Thema des Tages
Kleine Synoptikkunde (1) – Das Geopotenzial
Wer sich mit dem Wetter beschäftigt, stolpert ganz schnell über viele
gängige Begrifflichkeiten. Aber es steckt noch einiges mehr dahinter.
Dieses Thema des Tages soll der Auftakt zu einer kleinen Serie sein,
in der einige dieser tiefergehenden Begriffe vorgestellt und erklärt
werden. Das „Geopotenzial“ macht hierbei den Anfang, denn es ist eine
der Grundzutaten für die Wetteranalyse und -vorhersage.
Die meisten von Ihnen, gerade als Besucher unserer Seite, dürften
sicher schon mal eine klassische Wetterkarte zu Gesicht bekommen
haben. Darauf findet man u.a. Hoch- und Tiefdruckgebiete, Warm- und
Kaltfronten, und die Isobaren als Linien gleichen Luftdrucks, um die
Druckgebiete darzustellen. All diese Dinge spielen natürlich auch
beim DWD in der Vorhersage eine Rolle. Aber wenn der Meteorologe eine
Vorhersage erstellt, dann taucht er noch tiefer in die Materie ein,
und beschäftigt sich mit Themen, die dem normalen Nutzer
normalerweise nicht über den Weg laufen.
Will der Meteorologe nun eine Vorhersage machen, so schaut er sich
eine solche Karte an. Allerdings tut er das nicht nur für das
Geschehen am Boden, sondern auch in der Höhe. Denn das, was in der
Höhe passiert, ist entscheidend für das Wettergeschehen am Boden.
Dabei betrachtet man in der Meteorologie die Höhe allerdings nicht in
Metern oder Kilometern, sondern als Fläche gleichen Luftdrucks,
ähnlich den Isobaren. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so
aussieht, so erschließen sich dem Vorhersager auf diese Weise viele
atmosphärische Prozesse deutlich besser. Nun stellt sich die Frage:
Wenn man eine Fläche gleichen Luftdrucks betrachtet, so erkennt man
dort ja keine Druckgebiete mehr, denn es herrscht ja überall der
gleiche Luftdruck? Das ist so zunächst durchaus richtig.
Deswegen gibt es einen anderen Weg, um zu sehen, wie die Druckgebiete
in der Höhe verteilt sind: Man schaut, in welcher Höhe sich das
Druckniveau befindet. Befindet es sich in einer größeren Höhe als in
seiner Umgebung, so befindet sich dort ein Höhenhoch. Liegt es
dagegen tiefer, so handelt es sich um ein Höhentief.
Es wäre natürlich ganz wunderbar, wenn es so einfach wäre, aber es
stellt sich dabei noch eine weitere, nicht ganz triviale Problematik
dar: Um ein Luftpaket auf eine andere Höhe zu bringen, muss im
physikalischen Sinne Arbeit gegen das Schwerefeld der Erde verrichtet
werden. Das Prinzip ist das gleiche, wenn Sie auf einer Leiter nach
oben steigen, denn das strengt auch mehr an, als einfach unten auf
dem flachen Boden umherzulaufen. Nun ist es so, dass global gesehen
die Schwerebeschleunigung nicht überall gleich verteilt ist. Aufgrund
der Tatsache, dass die Erde sich dreht, ist z.B. die
Schwerebeschleunigung am Äquator etwas geringer als am Pol, da dort
die Zentrifugalkraft entgegenwirkt.
Der Meteorologe hätte es nun aber gerne, wenn er auf der ganzen Erde
die benötigte Arbeit gegen das Schwerefeld überall miteinander
vergleichen kann. Aus diesem Grund wurde die Größe „Geopotenzial“
eingeführt, in der die Unterschiede im Schwerefeld mit berücksichtigt
werden. Diese wird in der Einheit „geopotentielles Meter“, abgekürzt
gpm, angegeben, und unterscheidet sich je nach Region um 0.5% bis 2%
von der tatsächlichen Höhe. Damit erhält man nun eine global
miteinander vergleichbare Höheneinheit, die in der Vorhersage im
täglichen Gebrauch ist. In der unten angefügten Abbildung ist
beispielhaft eine Karte mit der Geopotenzialverteilung in
geopotenziellen Dekametern (d.h. gpm/10) und der Temperatur des
Druckniveaus 500 hPa aus unserem ICON-Modell dargestellt. Das Niveau
500 hPa wird dabei häufig gebraucht, weil es ungefähr die Mitte der
Troposphäre (d.h. die Atmosphäre in etwa 5,5 km Höhe) darstellt, in
der sich das zentrale Wettergeschehen abspielt.
Felix Dietzsch, M.Sc.
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.08.2020
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
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