Thema des Tages

Strahlungswetter 

Das heutige Thema des Tages beschäftigt sich mit den atmosphärischen 
Bedingungen, die vorherrschen müssen, damit Meteorologen von 
Strahlungswetter sprechen - und erläutert diese anhand eines 
Beispiels vom gestrigen Samstag.  

Der heutige Sonntag macht seinem Namen als "Sonnentag" zumindest in 
einem Streifen vom Südwesten bis in den Nordosten alle Ehre. Vor 
allem im Südwesten zeigt sich kaum eine Wolke am Himmel. Mit anderen 
Worten: Dort steht uns fast perfektes Strahlungswetter ins Haus.

Strahlungswetter? Da die solare Strahlung ja ohnehin der ultimative 
Antrieb für das Wettergeschehen auf der Erde ist, könnte man sagen, 
das jedes Wetter Strahlungswetter ist. 

Im Grunde kann man dieser sehr weit gefassten Definition von 
Strahlungswetter auch nicht widersprechen. Es ist allerdings in der 
Regel so, dass die Sonnenstrahlung auf ihrem Weg durch die Atmosphäre
in vielfältiger Weise beeinflusst und verändert wird. Dies geschieht 
z. B. durch Reflektion auf der Oberseite von Wolken, durch Beugung, 
Brechung und Streuung der Strahlen an atmosphärischen Partikeln oder 
auch durch Teilchen, die die Strahlung auffangen - und anschließend, 
auch in veränderter Form, möglicherweise wieder abgeben (Absorption 
und Emission). 

Unter Meteorologen hat es sich nun eingebürgert, genau dann von 
Strahlungswetter zu sprechen, wenn die geschilderten Prozesse nicht 
oder nur in ganz geringem Maße auftreten. Eine Grundvoraussetzung für
Strahlungswetter ist somit ein weitestgehend wolkenloser Himmel. Dazu
sollten die Luftmassen möglichst frei von sogenannten Aerosolen, also
von festen oder flüssigen Schwebteilchen sein. Auch Wasserdampf, also
die Feuchtigkeit in der Luft, ist bei Strahlungswetter nicht gerne 
gesehen - denn Wasserdampf absorbiert bzw. streut das Sonnenlicht 
sehr stark. 

Wenn all diese Bedingungen erfüllt sind, dann kann nicht nur die 
Sonnenstrahlung weitgehend ungehindert bis zum Erdboden vordringen - 
auch die Wärmestrahlung der Erde, die diese allein aufgrund ihrer 
Temperatur abgibt, kann die Atmosphäre weitgehend ungehindert 
passieren. Auch das ist eine elementare Bedingung für 
Strahlungswetter. Und wenn das Ganze noch von einem schläfrigen Wind 
begleitet wird - umso besser!
Was folgt ist zwar meteorologisch nicht spektakulär - aber oftmals 
herzerwärmend. Denn an Strahlungstagen kann man reichlich Sonne 
tanken. Und die Temperaturen steigen am Tage auf - je nach Jahreszeit
mehr oder weniger - angenehme Temperaturen. 

Einen Blick auf den möglichen Ablauf eines Strahlungswettertages 
liefert die beigefügte Grafik 
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/7/19.html). Denn 
neben größeren Gebieten im Südwesten wurde auch Mitteldeutschland 
gestern von der Sonne verwöhnt - und damit auch das sächsische 
Oschatz. 

Sofort ins Auge fallen dabei die gelben Balken. Sie geben die 
Sonnenscheindauer in Minuten pro Stunde an. Meist waren es 60 Minuten
- also Sonne bis zum Anschlag. Lediglich am Nachmittag fallen die 
Balken etwas kleiner aus. Und das hat, der Doppelpfeil deutet es an, 
sofort Auswirkungen auf die Temperatur (Kurve oben). Fehlt die 
Sonnenstrahlung, so sinken die Temperaturen sofort etwas ab. 
Immerhin: Für 27,2 °C hat es in der Abrechnung dann doch gereicht, 
und ein großer Tagesgang der Temperatur ist auch typisch für 
Strahlungswetter. 

Die Bewölkungsverhältnisse (hier am Beispiel der tiefen Wolken) 
werden in der Grafik von den kleinen Kreisen wiedergegeben, die sich 
im oberen Teil der "Sonnenbalken" von links nach rechts durchs Bild 
ziehen. Die Idee dabei: Je stärker die Kreise gefüllt sind, desto 
dichter sind die Wolken. Dass am Nachmittag die "Wolkenkreise" fast 
leer sind, die Sonnenscheindauer aber nicht das Maximum erreicht, 
muss nicht weiter stören, denn während die Sonnenscheindauer 
kontinuierlich gemessen wird, wird die Bewölkung nur zu bestimmten 
Zeiten "abgegriffen". Interessant an der Bewölkung ist vielmehr das 
Zeitfenster vor Mitternacht (roter Kasten). Die Wolken sorgen in der 
Nacht für einen Temperaturanstieg, weil die Ausstrahlung der Erde 
gehemmt wird (sprich: es herrschten keine 
Strahlungswetter-Bedingungen). 

Nur als ergänzende Informationen sind im unteren Bereich der 
Abbildung noch die Sichtweiten angegeben, wobei diese mit bis zu 75 
km auf eine geringe Lufttrübung durch Aerosole schließen lassen, wie 
sie für Strahlungswetter nötig ist. Dazu finden sich dort die 
stündlichen Niederschlagssummen, die bei weitgehend wolkenlosem 
Himmel natürlich bei null liegen müssen. 

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 19.07.2020

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