Thema des Tages

Örtlich, zeitweise oder doch nur vereinzelt?

Unsere Standardvorhersagetexte sollen die erwartete Wetterlage 
möglichst präzise und objektiv beschreiben. Um dieses Ziel erreichen 
zu können, benutzen wir klar definierte meteorologische Begriffe. 
Einen kleinen Auszug aus diesen Regularien gibt es im heutigen Thema 
des Tages.

Ab und zu kommt es vor, dass sich aufmerksame Leserinnen und Leser 
unserer Wetterberichte melden und dabei auf Fehler in den Texten 
hinweisen oder Verbesserungsvorschläge mancher Formulierung liefern. 
Einige dieser Anmerkungen gehen nach einer internen Diskussion 
durchaus in unsere alltägliche Arbeit ein, andere können dagegen 
nicht so einfach umgesetzt werden bzw. der vermeintliche Fehler 
basiert auf einer Fehlinterpretation des Prognosetextes. Auch Wünsche
nach "blumigeren" Formulierungen müssen wir zurückweisen, da die 
Vorhersagen einer standardisierten Form unterliegen und die zur 
Verfügung stehenden Begriffe klar definiert sind. 

Die Rahmenvorschriften unserer Standardgebietswettervorhersagen, 
sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene, sollen eine 
einheitliche Form gewährleisten, den erwarteten Wetterablauf 
möglichst kompakt darlegen, aber auch alle wichtigen 
Vorhersageparameter regelmäßig beinhalten. Für ausschweifende 
Formulierungen bleibt daher kein Platz, denn die 
Informationsvermittlung steht im Vordergrund. Nun ist es aber oft so,
dass einfach "zu viel Wetter" passiert, um den Ablauf in den zur 
Verfügung stehenden Zeilen beschreiben zu können. Daher wird in der 
Meteorologie versucht, in möglichst jede Wortfolge so viel 
Information wie möglich hineinzupacken. Damit dieses Verfahren etwas 
plastischer wird, dienen im Folgenden die Vorhersagebestandteile 
"Schlagzeile", "Wetterlage" und "Niederschlag" als Beispiele.

Die erste Informationsvermittlung geschieht bereits mit einer 
kompakten Schlagzeile. Diese darf eine gewisse Länge natürlich nicht 
überschreiten und soll das zentrale Wettergeschehen in aller Kürze 
darlegen. Priorität werden dabei unseren möglichen Wetter- und 
Unwetterwarnungen eingeräumt. Die heutige Schlagzeile lautet 
beispielsweise: "Vor allem an der Küste Windböen, in exponierten 
Lagen einzelne stürmische Böen. Ganz im Norden einzelne kurze 
Gewitter". Damit ist bereits nach den ersten Sätzen klar, dass der 
Wind am heutigen Tag vor allem im Norden eine gewisse Rolle spielen 
wird. Außerdem sei auf die einschränkenden Worte "einzelne" 
hingewiesen, die hier die möglichen stürmischen Böen oder die 
Gewitter zeitlich und räumlich stark eingrenzt. 

In vielen Berichten ist außerdem die Beschreibung der Wetterlage ein 
integraler Bestandteil. Diese wird leider oft überlesen bzw. der 
Informationsgehalt unterschätzt, da man sich daraus nur wenig 
Zusatzinfo erhofft. Dem ist aber eindeutig nicht so, denn den 
subjektiven Wettercharakter kann man daraus oft gut ableiten. Die 
Wetterlagenbeschreibung besteht immer aus den entscheidenden 
Druckgebilden (vereinfacht gesagt: Hoch oder Tief), den 
Tiefausläufern und den wetterbestimmenden Luftmassen. Der 
Beschreibung der Luftmasse liegt dabei ein vorgegebenes Raster zu 
Grunde, das die erwarteten Höchstwerte mit der aktuellen Jahreszeit 
in Verbindung bringt. Der Begriff "kühl" umschreibt daher im Monat 
Juli Höchstwerte zwischen 14 und 17 Grad, die beispielweise im 
Oktober als "mild" und im Januar als "ungewöhnlich mild" 
klassifiziert würden. Die gesamte Palette reicht von "sehr kalt" über
"kühl", "mild", "warm" bis hin zu "sehr heiß" und ist unter 
https://bit.ly/3f5zX61 zu finden.

Von höherer Relevanz sind auch die zeitlichen und räumlichen 
Beschreibungen von Niederschlägen. Besonders diese führen in den 
Sommermonaten oft zu entsprechenden Fehlinterpretationen unserer 
Texte. In räumlicher Hinsicht unterscheiden wir die Begriffe 
"vereinzelt bzw. einzelne", "örtlich", "gebietsweise" und 
"verbreitet". Während bei "einzelnen Schauern" Niederschlag nur auf 
kleinstem Gebiet erwartet wird, muss beim Begriff "örtlich" dieses 
schon etwas größer sein. Wenn wir die Definition von "gebietsweise" 
verwenden, benennen wir meistens auch die betroffene Region. Ist mit 
"verbreiteten" Niederschlägen zu rechnen, müssen mehr als 50 % der 
beschriebenen Region betroffen sein. 

Die zeitliche Betrachtungsweise unterliegt einem ähnlichen Muster. 
Die Palette der möglichen Adjektive reicht dabei von "gelegentlich" 
(in größeren zeitlichen Abständen, Dauer jeweils kurz) über 
"wiederholt" (in häufiger zeitlicher Abfolge) und "länger andauernd" 
(Niederschlag über längere Zeit hinweg) bis hin zu "überwiegend" bzw.
"meist". So ergeben sich aus der Kombination von zeitlicher und 
räumlicher Betrachtungsweise beispielweise Wortkombinationen von 
"verbreitet länger andauernder Regen" oder "gelegentlich einzelne 
Schauer". Während nun bei ersterer Wortfolge die Mitnahme eines 
Schirms doch sehr empfohlen wird, kann auf diesen bei der zweiten 
Beschreibung und vorhandener geringer Risikobereitschaft auch 
verzichtet werden - die Chance trocken durch den Tag zu kommen ist 
nämlich sehr groß (wenn man sich im ungünstigsten Falle kurz 
unterstellen kann).

Selbstverständlich gibt es solche Vorgaben auch für die restlichen 
Wetterelemente, diese werden aber im Mittelpunkt eines anderen Thema 
des Tages stehen.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 07.07.2020

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Diesen Artikel und das Archiv der "Themen des Tages"
finden Sie unter www.dwd.de/tagesthema

Weitere interessante Themen zu Wetter und Klima finden
Sie auch im DWD-Wetterlexikon unter: www.dwd.de/lexikon