Thema des Tages 

Die Schafe müssen zittern 

Nach den vergangenen warmen Tagen mit dem ersten heißen Tag des 
Jahres in Deutschland stellt sich das Wetter nun wieder um. Uns 
erwarten Niederschläge und deutlich niedrigere Temperaturen. Frisch 
geschorenen Schafen könnte es nun kalt werden. 

* In den vergangenen Tagen wurden außer an den Küsten und in den 
Bergen Tageshöchsttemperaturen von 25 bis 30 Grad gemessen. Örtlich 
gab es die ersten heißen Tage mit Temperaturen von 30 Grad oder mehr. 
Zu verdanken hatten wir dies Hoch „Steffen“ und Tief „Juliane“, die 
von Süden zunehmend warme Luft einströmen ließen. Allerdings ist Tief 
„Juliane“ auch an der nun bereits eingeleiteten Wetterumstellung 
beteiligt. Mit Durchzug der Fronten des Tiefs dreht die Strömung auf 
Nord bis Nordwest und deutlich kühlere Meeresluft polaren Ursprungs 
kann sich bei uns breitmachen. 

Ein Kälterückfall Anfang oder Mitte Juni ist nichts Ungewöhnliches, 
sondern kommt im Rahmen einer sogenannten „Wettersingularität“ in 
vielen Jahren vor. Bezogen auf einen Zeitraum zwischen dem 1. und 25. 
Juni tritt dies in etwa 8 von 10 Jahren auf, also mit 80 % 
Wahrscheinlichkeit. Im Volksmund ist die aktuelle Wettersingularität 
als „Schafskälte“ (bzw. auch als „Schafkälte“) bekannt. Weitere 
Wettersingularitäten sind beispielsweise die Hundstage (Ende 
Juli/Anfang August), der Altweibersommer (Ende September) oder das 
Weihnachtstauwetter (Dezember). 

Warum aber heißt es „Schafskälte“? Hirten scheren traditionell zum 
Ende des kalendarischen Frühjahrs (um den 21. Juni herum) ihre 
Schafe, den frisch rasierten Schafen kann es bei einem Kälterückfall 
also ziemlich frisch werden. Bei besonders niedrigen Temperaturen 
wird die Situation für die Tiere sogar gefährlich. In manchen Jahren 
tritt nachts sogar Frost in Bodennähe auf, während Luftfrost nur 
gering wahrscheinlich ist. 

Ursache der Schafskälte in Mitteleuropa ist normalerweise ein 
Kaltluftvorstoß aus dem Norden, wie er nun auch in den nächsten Tagen 
zustande kommt. Dabei verteilen sich Hoch- und Tiefdruckgebiete so, 
dass durch deren Konstellation die Strömung auf Nord oder Nordwest 
dreht. Idealerweise befindet sich Mitteleuropa dabei am westlichen 
oder südwestlichen Rand eines Tiefdruckgebietes. Weil der Wind auf 
der Nordhalbkugel entgegen dem Uhrzeigersinn um ein Tiefdruckgebiet 
weht, können sich so mit einem Nordwind kalte Luftmassen auf den Weg 
zu uns machen. In diesem Jahr sorgt Tief „Juliane“ für die passende 
Konfiguration. 

Darüber hinaus ist zu beachten, dass sich Land- und Wassermassen im 
Frühjahr unterschiedlich stark erwärmen. Die Nordsee hat sich zu 
diesem Zeitpunkt im Vergleich zum europäische Kontinent noch nicht so 
stark aufgeheizt. Entsprechend können Kaltluftvorstöße markant 
ausfallen, weil die kalten Luftmassen aus dem Norden über dem Meer 
nur wenig erwärmt werden. Im Sommer gleichen sich Land- und 
Wassertemperaturen dann aber immer weiter an, womit die 
Kaltlufteinbrüche immer geringere Ausmaße annehmen. 

Bei einer gut ausgeprägten Schafskälte liegen die Temperaturen im 
Vergleich zum langjährigen Mittel etwa 4 Grad niedriger. Mit den zu 
erwartenden Tageshöchsttemperaturen von nur noch 11 bis 18 Grad am 
morgigen Freitag liegt das Temperaturniveau etwa 3 bis 3,5 Grad unter 
dem Mittel, sodass die Schafskälte ordentlich ausgeprägt sein wird, 
auch wenn es wohl keinen Frost in Bodennähe gibt. In den Folgetagen 
erholen sich die Temperaturen nur zögerlich, peu à peu werden aber 
auch wieder die 20 Grad überschritten (siehe Animation der 
Tageshöchsttemperaturen unter 
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/6/4.html). Im Laufe 
der kommenden Woche ist ein weiterer Aufwärtstrend zu verzeichnen, 
Ende der Woche könnten die Schafe (und natürlich auch die Menschen) 
bei Höchsttemperaturen von zum Teil über 25 Grad dann sogar wieder 
ins Schwitzen kommen. 

Dipl.-Met. Simon Trippler 
Deutscher Wetterdienst 
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 04.06.2020 

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

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