Thema des Tages

Die Palette der Lichtphänomene verzückt derzeit den Betrachter


Das Farbspektrum des Lichts bleibt häufig verborgen, doch wenn der 
Winkel passt, die Wetterbedingungen stimmen und der Beobachter auch 
noch den richtigen Platz eingenommen hat, dann kommen die Farben in 
voller Pracht zum Vorschein. 

Sie führen häufig zu "oh" und "ah" Effekten und verzücken den 
Beobachter jedes Mal aufs Neue. Die Phänomene der Lichtbrechung bzw. 
-streuung lassen die Natur in ihrer reinen und schönen Form 
erscheinen. So auch in den vergangenen Tagen oder Wochen. An den 
trockenen und sonnigen Tagen im April konnte man, auch aufgrund der 
zu "Corona-Zeiten" reduzierten Aerosole in der Luft, ein tolles 
Himmelblau betrachten. Abends und morgen gab es dazu tolle rote und 
orange Farben zu bestaunen. In den vergangenen, eher unbeständigen 
Tagen kamen schließlich die Farbspektren des Lichts durch Regenbögen 
oder Lichtspiegelungen in den Fokus des Beobachters.

Verantwortlich für diese Phänomene ist die erdumspannende Atmosphäre 
aus Gasteilchen (vor allem Stickstoff und Sauerstoff) sowie 
Wassertröpfchen in der Troposphäre. An diesen Gasteilchen (man sagt 
auch "Gasmoleküle") oder auch Wassertröpfchen wird das Sonnenlicht 
auf dem Weg zum Betrachter in alle Richtungen gestreut und gebrochen,
also von seiner ursprünglichen Bahn abgelenkt oder in seine 
Spektralfarben aufgeteilt. So kann es auch auf Umwegen und in einer 
tollen Farbenpracht in unser Auge gelangen.
 
In den betrachteten Fällen liegt die Ursache also im sichtbaren 
Lichtspektrum, das die verschiedenen Farben entsprechend der 
unterschiedlichen Wellenlängen aufteilt. Als Wellenlänge bezeichnet 
man dabei den kleinsten Abstand zweier Punkte einer Welle, die in 
gleicher Phase sind.  Also z. B. der Abstand zweier Wellenberge. 
Während Wasserwellen eine Wellenlänge von bis zu 150 Metern erreichen
können, verfügen die Lichtstrahlen über Wellenlängen zwischen 400 und
800 Nanometern (0,0000004 bis 0,0000008 Meter).

Der blaue Himmel tagsüber (sofern keine Wolken am Himmel stören) ist 
auf die Lichtstreuung zurückzuführen. Das Licht, das von der Sonne 
aus wellenförmig auf die Erde fällt, ist entgegen unserer Wahrnehmung
nicht weiß, sondern besteht aus vielen verschiedenen Farben, die zum 
Beispiel bei Entstehung eines Regenbogens sichtbar werden. Die 
Farbunterschiede werden durch die verschiedenen Wellenlängen der 
Spektralfarben hervorgerufen. Blaues Licht hat eine viel kürzere 
Wellenlänge von etwa 450 Nanometer als rotes Licht von etwa 650 
Nanometer. Der englische Physiker Lord Rayleigh (alias John William 
Strutt) erkannte als erster, dass die Streuung an den Gasteilchen 
wellenlängenabhängig ist: blaues Licht wird 16-mal stärker gestreut 
als rotes. 
Tagsüber, wenn die Sonne recht hoch am Himmel steht, haben die 
Sonnenstrahlen einen vergleichsweise kurzen Weg zur Erdoberfläche. 
Dabei wird überwiegend blaues Licht in andere Richtungen gestreut. 
Die Summe allen Streulichtes lässt den Himmel dann blau erscheinen.

Dass der Himmel am Tag nicht immer in seinem schönsten Blau 
erstrahlt, sondern oft trüb oder grau ist, liegt daran, dass sich in 
der Atmosphäre neben den sehr kleinen Luft- und Wasserdampfmolekülen 
auch größere Teilchen wie Staubpartikel und Wolkentröpfchen befinden.
Die Streuung an diesen Teilchen (Mie-Streuung) ist, je nach Partikel-
oder Tröpfchengröße, kaum oder gar nicht wellenlängenabhängig, d.h. 
ankommendes weißes Licht wird in alle Richtungen als weißes Licht 
gestreut. Deswegen sind Wolken meistens weiß.

Romantisch rotgefärbte Sonnenuntergänge oder eine tolle orange-rote 
Morgenstimmung, haben wir aber wieder der Rayleigh-Streuung zu 
verdanken. Wenn die Sonne am Horizont untergeht, muss jeder einzelne 
Sonnenstrahl einen deutlich längeren Weg durch die Atmosphäre 
zurücklegen als tagsüber. Von dem von der Sonne ausgestrahlten Licht 
wird das kurzwellige Licht, also vor allem der Blau- und Grünanteil, 
bereits nach kurzer Strecke so stark weggestreut, dass beim 
Betrachter am Boden nur noch die Orange- und Rottöne ankommen. 
Grundvoraussetzung ist jedoch, dass der Himmel beim Morgenrot im 
Osten und beim Abendrot im Westen größtenteils wolkenfrei ist. 

Die im Volksmund gern zitierte Aussage ''Abendrot Schönwetterbot, 
Morgenrot Schlechtwetter droht'' erlangt aber nur bei den für die 
mittleren Breiten typischen Westwetterlagen mit rasch wechselndem 
Wetter ihre Gültigkeit. 

Für die Entstehung eines Regenbogens ist die sogenannte Lichtbrechung
von Bedeutung. In diesem Fall tritt das Licht in einen Wassertropfen 
ein und auch wieder aus. Beim Ein- und Austritt werden die Farben des
sichtbaren Lichts dann analog zur Streuung unterschiedlich stark 
abgelenkt. Die Brechung des Lichts in einem Regentropfen entspricht 
in seinen Grundzügen (qualitativ) der Farbzerlegung des Sonnenlichts 
durch ein Prisma (Dispersion). Jedoch sind die Farben beim Regenbogen
nicht so scharf voneinander getrennt, wie es beim Prisma der Fall 
wäre.  Ursache für die teilweise Mischung der Farben ist die 
Reflexion des Lichtstrahls an unterschiedlichen Stellen der 
kugelförmigen Tropfenfläche und ihre erneute Ablenkung beim Austritt.
Die besten Voraussetzungen für einen Regenbogen sind demnach leichter
Regen vor dem Beobachter sowie die relativ niedrig stehende Sonne in 
seinem Rücken.


Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 03.05.2020

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