Thema des Tages

Einfluss der variablen Sonnenaktivität auf die Erdatmosphäre

In der Fachwelt ein sehr umstrittenes Thema: Wie kann eine
geringfügige Schwankung der Sonnenaktivität, ausgedrückt durch den ca. 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus unser Wetter oder gar Klima beeinflussen? An diesem Wochenende versuchen wir, in zwei Teilen etwas (Sonnen-)Licht in diese dunkle Materie zu bringen.

Um schon mal vorab den Adrenalinspiegel zu senken – streng
physikalisch genommen gibt es einen wenn auch sehr geringen Einfluss der schwankenden Sonnenaktivität auf die Energiebilanz unserer Atmosphäre. Die Schwankung der Solarstrahlung in den letzten drei Zyklen von 1975 bis 2009 liegt in einem Bereich zwischen 1365 und 1367 W/m2 am Oberrand der Atmosphäre (siehe auch Grafik
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2019/10/26.html ).

Allerdings beträgt der Zeitraum des Sonnenzyklus ungefähr 11 Jahre, wobei eine klimarelevante Schwankung aber mindestens 30 Jahre betragen sollte. Damit liegt dieser Zyklus mit seinem periodisch verstärkenden oder abschwächenden Einfluss irgendwo zwischen Jahreszeitenprognose und Klima.

Was bewirkt die Schwankung der Solarstrahlung? Die Schwankungen betreffen hauptsächlich den ultravioletten Anteil des am Oberrand der Atmosphäre eintreffenden Sonnenlichts. Dieser ist erhöht bei stärkerer Sonnenaktivität, welche charakterisiert wird durch eine erhöhte Anzahl an Sonnenflecken. Dadurch emittiert die Sonne grob gesagt energiereichere elektromagnetische Strahlung (die dann auch das Erdmagnetfeld stärker strapaziert). Durch die unterschiedliche Strahlungsbilanz am Äquator und den Polen ergeben sich zusätzliche regionale Unterschiede des Effektes.

Bei einer Erhöhung der UV-Strahlung wird in der mittleren und oberen Stratosphäre (in ca. 25 bis 40 km Höhe) bevorzugt in den Tropen mehr Ozon generiert, welches sich nachweislich durch diverse
stratosphärische Zirkulationen vermehrt auch in der unteren tropischen Stratosphäre anreichert. Auf diese Art und Weise wird nahezu die gesamte tropische Stratosphäre mittels kurz- und langwelliger Strahlungsabsorption stärker erwärmt als über den Polen, was zu verstärkten meridionalen Temperaturgradienten führt. Damit entstehen vom Äquator polwärts gerichtete Zirkulationen (warm zu kalt) und durch die Erddrehung verursacht vorherrschende Westwinde im äquatorialen Umfeld (Stichwort Quasi Biennale Oszillation (QBO), siehe Thema des Tages vom 31.08./01.09.2019).

Im umgekehrten Fall, also bei einem solaren Minimum und wenigen oder gar keinen Sonnenflecken wird genau diese polwärts gerichtete Zirkulation geschwächt, da sich die tropische Stratosphäre dann relativ gesehen stärker abkühlt. Das kann dann auch zu einer Umkehr der Windrichtung in Äquatornähe führen, die in diesem Fall
überwiegend Ostwinde darstellen.

Die schwankende Sonnenstrahlung kann auch geringen Einfluss auf die Meeresoberflächentemperaturen haben und damit auch bestimmte Zirkulationen zumindest zeitweise verändern. So sollen dadurch (auch in der Vergangenheit) z.B. die Niederschlagsmengen in den Tropen und teils auch Subtropen variieren, in dem sich der Monsun verstärkt und Niederschläge am Äquator bei maximaler Solarstrahlung geringer ausfallen.

Leider sind die genannten Effekte aufgrund marginaler Schwankungen der Sonnenaktivität oft nicht erfassbar. Zudem gibt es im
multikomplexen System der Atmosphäre zu viele andere Faktoren, die kleine Randeffekte nahezu ausblenden. Hinzu kommt seit rund 40 Jahren der verstärkte menschgemachte CO2 – Ausstoß, der bisher zu einer mittleren Erderwärmung (einschl. Meeresoberflächen) von knapp 1 K geführt hat. Auch dadurch wird dieser Effekt in Zukunft eher abnehmen bzw. schwerer auszumachen sein.

Nichtsdestotrotz kann diese geringe Schwankung bei Pattsituation zwischen anderen maßgeblichen Faktoren auch mal das Zünglein an der Waage spielen.

Im zweiten Teil am morgigen Sonntag werden genau diese möglichen Auswirkungen der schwankenden Sonnenaktivität (z.B. bei
Jahreszeitenprognosen) noch näher beleuchtet, einschließlich eines kurzen Rückblicks auf die Geschichte des Erdklimas.

Dr. rer. nat. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.10.2019

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