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Thema des Tages
Numerische Wettervorhersage – Vorhersagequalität früher und heute?
Bis heute ist es nicht möglich, das Wetter bis weit in die Zukunft und gleichzeitig ortsgenau vorherzusagen. Dennoch wurden in den letzten Jahrzehnten die Wetterprognosen deutlich präziser und auch weiterhin arbeiten Wissenschaftler daran, die Vorhersagen stets zu verbessern.
Heutzutage basiert die Vorhersage des zukünftigen Wetters auf den Berechnungen der sogenannten numerischen Wettervorhersagemodelle (NWV-Modelle). Dabei handelt es sich um komplexe Computerprogramme, welche die physikalischen Prozesse, die in der Atmosphäre
stattfinden, (vereinfacht) beschreiben. Weshalb noch heute und auch in Zukunft eine perfekte Vorhersage nie realisierbar sein wird, kann der interessierte Leser gerne in den bisherigen Artikeln dieser Reihe in unserem „Thema des Tages“-Archiv nachlesen (siehe unten angefügte Links).
Zum Abschluss dieser Reihe wird heute gezeigt, dass sich in den letzten Jahrzehnten – manch einer mag es kaum glauben – die Vorhersagequalität gegenüber früher erheblich verbessert hat. Den Fortschritt bei den vom DWD operationell verwendeten NWV-Modellen zeigt unten angefügte Abbildung. Dargestellt ist die
Vorhersagequalität (Tendenzkorrelation) des Luftdrucks (vertikale Achse), berechnet mit den in den letzten fünf Jahrzehnten vom DWD betriebenen Modellen (horizontale Achse), im Gebiet Nordatlantik und Mitteleuropa im Vergleich zu Messungen. Die verschiedenfarbigen Kurven stellen unterschiedliche Vorhersagezeiträume, 24 h (1 Tag) bis 168 h (7 Tage), dar. Eine perfekte Vorhersage (gemessener Luftdruck identisch mit vorhergesagtem Luftdruck) würde eine Tendenzkorrelation von 1 liefern, eine reine Zufallsprognose hätte den Wert 0.
In der Abbildung sind zwei Effekte zu erkennen. Zum einen zeigen alle Kurven wie zu erwarten nach oben, was nichts anderes heißt, als dass sich die Qualität der Vorhersage im Laufe der Jahrzehnte verbessert hat. Zum anderen erkennt man, dass die Qualität der Prognose natürlich von Tag zu Tag abnimmt (Kurve für 24 h-Vorhersage zeigt immer höhere Werte als 48 h-Vorhersage usw.). Eine verlässliche Prognose wird übrigens bei einem Wert von etwa 0,83 (graue
horizontale Linie) angenommen.
Die Abbildung zeigt eindrucksvoll, dass die numerische
Wettervorhersage in den 70er-Jahren noch nicht sehr verlässlich war. Selbst eine Ein- oder Zweitagesvorhersage erreichte damals nicht die heutigen Qualitätsstandards für eine „gute“ Vorhersage (Kurven liegen unterhalb der grauen Linie). Aus diesem Grund wurde mit dem BaroKLinen Modell (BKL-Modell) auch lediglich 48 Stunden in die Zukunft gerechnet. Durch stetige Weiterentwicklung der Modelle stieg jedoch in den 70er- und 80er-Jahren die Vorhersagegüte kontinuierlich an, sodass man nun eine 4-Tage-Prognose wagen konnte.
Einen deutlichen Sprung in der Vorhersagequalität gab es 1991. Damals begann man mit Vorhersagen für den gesamten Globus, berechnet mit einem GlobalModell (GM). Dieses Modell ermöglichte erstmals eine recht zuverlässige Prognose für die kommenden 4 Vorhersagetage (96 h). Sie war mit dem GM-Modell im Jahre 1991 somit ähnlich präzise wie eine 24 h-Vorhersage mit dem BKF-Modell im Jahre 1980 (vergleiche Wert der Tendenzkorrelation der dunkelgrünen Kurve mit der pinken Kurve in den genannten Jahren). Damit wurde von den Modellentwicklern innerhalb von etwa 10 Jahren eine beachtliche Leistung erbracht! In den nachfolgenden Jahren ist eine gewisse Stagnation erkennbar. Erst im Jahre 2004 verbesserte sich die Vorhersage erneut sprunghaft, als im damals operationellen GME-Modell die Gittermaschenweite von 60 km auf 40 km verringert wurde. Durch weitere Modellentwicklungen und Verringerungen der Gitterabstände bis auf 20 km konnte die Vorhersage auch in den nachfolgenden Jahren noch leicht verbessert werden.
Einen weiteren Meilenstein markierte die Einführung des bis heute verwendeten ICON-Modells im Jahre 2015. Besonders im
Mittelfrist-Zeitraum (4. bis 7. Vorhersagetag) konnte mit dem ICON-Modell eine deutliche Verbesserung der Vorhersagequalität erreicht werden. In der Kurzfristvorhersage schlagen die
Verbesserungen weniger zu Buche, da die Vorhersage für diesen Zeitraum bereits bei den Vorgängermodellen sehr gut war
(Tendenzkorrelation größer 0,9). Damit wird man dem heutigen Anspruch einer Wettervorhersage sicherlich gerecht – ein Anspruch, der vor wenigen Jahrzehnten noch völlig utopisch erschien. Die Kurven zeigen eindrucksvoll, dass heutzutage eine 7-Tagesvorhersage (168h, braune Kurve) mit dem ICON-Modell im Durchschnitt präziser ist als eine 24 h-Vorhersage im Jahre 1970 – hätten Sie das gedacht? Damals war die Rechenleistung der Computer noch um ein Vielfaches kleiner als die des heutigen Hochleistungsrechners des DWD. Daher betrug im damaligen BKL-Modell der Abstand der Modellgitterpunkte noch 381 km. Das heutige ICON-Modell hat mit einer Maschenweite von 13 km also eine fast 30-fach höhere Auflösung. Neben zahlreichen physikalischen Modell-Verbesserungen ist dies einer der wichtigsten Gründe für diese Qualitätssteigerung.
Auch heute arbeiten sowohl beim DWD als auch an
Forschungseinrichtungen und Wetterdiensten auf der ganzen Welt zahlreiche qualifizierte Wissenschaftler daran, die Prognosen noch genauer zu machen, perfekt werden sie aber nie werden können (siehe vorherige Themen dieser Reihe).
Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.09.2019
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
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