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Thema des Tages
Städtische Wärmeinseln
In den Städten ist es oft wärmer als im direkt angrenzenden Umland. Die Unterschiede können dabei durchaus beträchtlich sein. Aber warum gibt es diese Abweichungen?
Nach hochsommerlich heißen Tagen, wie sie jüngst öfter auftraten und auch noch bis zum kommenden Sonntag vorkommen werden, hofft man zumindest nachts auf Erfrischung durch Abkühlung. Doch wer in der Großstadt wohnt, wird schon oft festgestellt haben, dass sich diese dort meist in Grenzen hält – ganz im Gegensatz zu ländlichen Gebieten, wo man nachts viel effektiver durchlüften kann. Auch die Messwerte geben dies wieder: Am 27.08.2019 wurden in
Stuttgart-Schnarrenberg und im 32 km entfernten Mühlacker jeweils ähnliche Tageshöchstwerte von etwas über 30 °C erreicht. Um 23 Uhr dann war im Mühlacker das Thermometer bereits auf 18 °C gesunken, in Stuttgart hingegen herrschten noch 21,6 °C. Und während man in Mühlacker bei Nachttiefstwerten von 14,8 °C einigermaßen durchatmen konnte, wurde in Stuttgart mit 19,4 °C das Kriterium einer
Tropennacht (Tiefstwerte nicht unter 20 °C) nur knapp verfehlt. Da stellt sich doch die Frage, warum sich bei gleichen Startbedingungen die Nachttemperaturen zwischen Land und Stadt so unterschiedlich verhalten?
In diesem Zusammenhang spricht man auch von der städtischen Wärmeinsel, eine Eigenschaft, die Großstädte und Ballungsgebiete im Allgemeinen aufweisen. Dabei kann der nächtliche
Temperaturunterschied zwischen Städten und ihrer ländlichen Umgebung unter günstigen Bedingungen bis zu 10 °C betragen. Fakt ist, dass urbane Gebiete Wärme effektiver speichern können. Um dieses Phänomen zu verstehen, stellen wir zunächst ein paar allgemeine Betrachtungen an:
Die Erwärmung am Tag erfolgt über die Strahlung der Sonne. Über freien Flächen (z. B. Wiesen) wird diese am Tag aufgenommen („absorbiert“) und nachts wieder abgestrahlt („emittiert“). Dies funktioniert umso effektiver, je sauberer die Luft und je klarer der Himmel ist. Zusätzlich haben Pflanzen eine eigene Kühlung eingebaut: An ihrer Oberfläche verdunstet stets etwas Wasser, wobei
Verdunstungskälte entsteht – ganz analog dazu, warum wir Menschen bei Hitze schwitzen. Dies verhindert tagsüber eine zu starke Erwärmung und fördert die nächtliche Abkühlung. Ein weiterer Faktor ist die Schattenwirkung von hohen und dicht belaubten Bäumen, vor allem in dicht bewaldeten Gebieten. Im Wald kann es daher tagsüber um 3 bis 6 °C kühler sein als im angrenzenden freien Umland. Gegenüber der Stadt ist sogar ein Unterschied von 4 bis 8 °C möglich.
Speziell in den Zentren der großen Städte, wo Straßenschluchten und hohe Gebäude dominieren, fehlt es an üppiger Vegetation, wodurch natürliche Kühlungseffekte geringer ausfallen. Stattdessen fördern Städte vielmehr sogar die tägliche Erwärmung: Durch die Wände der hohen Gebäude gibt es (bei passendem Einfallswinkel der Sonne) zusätzliche Oberfläche, welche die Wärme absorbieren und speichern kann. Dazu sind Stein und Beton im Allgemeinen Materialien, bei welchen dies besonders gut funktioniert.
Strahlt diese Wärme dann abends und nachts ab, wird sie vornehmlich zwischen den Wänden hin und her reflektiert, anstatt nach oben zu entweichen. Ein weiteres Hindernis für die Abstrahlung der Wärme sind in Großstädten durch stärkere Luftverschmutzung vermehrt vorkommende Aerosole (Schadstoff- und Staubpartikel) in der Atmosphäre.
Dazu kommt, dass die in den Straßenschluchten „eingeschlossene“ Luft speziell bei windschwachen Lagen (wie sie in den letzten Tagen vorherrschten) kaum noch von selbst zirkuliert, wodurch der Luftmassenaustausch mit kühlerer Luft am Stadtrand eingedämmt wird. Dann entstehen die oft erwähnten „Hitzeglocken“ über den Städten.
Und schlussendlich spielt auch die Versiegelung des Bodens eine Rolle: Nach Niederschlagsereignissen hält Boden mit natürlicher Vegetation die Feuchte länger fest als die Bebauung der Großstädte, in denen das Wasser meist rasch in die Kanalisation abfließt. Der längere Feuchteeintrag sorgt aber auch dafür, dass die
Verdunstungsabkühlung länger anhält und die Temperatur dadurch stärker sinkt.
Speziell bei Hitzetagen kommen die Effekte der Wärmeinsel besonders deutlich für jeden „fühlbar“ zum Tragen. Doch auch bei anderen Temperaturbedingungen lässt sich dieses Phänomen beobachten: So liegt bei Schneelagen im Winter in Großstädten oft weniger Schnee als im Umland – nicht nur, weil er dort schneller weggeräumt wird, sondern auch, weil meist erst gar nicht so viel liegen bleibt.
Bestätigt wird der Wärmeinseleffekt durch entsprechende Messreihen mit Vergleichen von Stadt- und Umgebungstemperaturen über längere Zeiträume. Im Mittel beträgt der Unterschied 1 bis 2 °C. Darüber hinaus schwanken die Temperaturunterschiede über das Jahr.
Statistiken im Berliner Raum zeigen beispielsweise ein Maximum im Hoch- und Spätsommer, wohingegen die Differenz in den Wintermonaten kleiner ist. Eine mögliche Ursache dafür stellt die geringere Sonneneinstrahlung dar, hervorgerufen durch einen niedrigeren Sonnenstand (kürzere Tageslänge) sowie die Tendenz zu mehr Bewölkung und Nebel zur kalten Jahreszeit. An genauen Erklärungen wird aber im Rahmen von Stadtklima-Studien noch geforscht, zumal nicht alle Statistiken diesem Modell der jahreszeitlichen Schwankungen folgen.
Um den Stadtklima-Effekten bzw. den Wärmeinseleffekten
entgegenzuwirken, wurden Initiativen für mehr Begrünung der Städte ins Leben gerufen. Diese haben deshalb nicht nur ästhetische, sondern auch ökologische Hintergründe und werden bei in Zukunft häufiger auftretenden Hitzewellen immer wichtiger.
Praktikant Niklas Anczykowski (B.Sc. Student Meteorologie) und Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.08.2019
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