Thema des Tages

Unsere Atmosphäre – ein Blick zurück!

Die Atmosphäre der Erde – eine abenteuerliche Entwicklungsgeschichte! Es folgt eine Reise durch die Vergangenheit von der „Geburt“ der Atmosphäre bis heute.

Ein sehr gewittriger Samstag liegt hinter uns – besonders in der Nordhälfte des Landes. Starkregen, Hagel und Sturmböen sorgten dort lokal für Schäden. Die in Verbindung mit einer von West nach Ost durchziehenden Gewitterlinie befürchteten schweren Sturm- oder sogar orkanartigen Böen blieben in der Fläche aber zum Glück größtenteils aus. Einzig in der Südhälfte Brandenburgs und im nördlichen Sachsen traten etwas verbreiteter schwere Sturmböen auf. Unter dem Strich hat die Atmosphäre also wieder einmal (zumindest ansatzweise) gezeigt, was in ihr steckt, wie man so schön sagt.

Ohne Atmosphäre kein Wetter! Darüber wurde bereits im Thema des Tages vom vergangenen Freitag (Link unten angehängt) berichtet, das mit der Zusammensetzung der Erdatmosphäre endete. Nochmals zur Wiederholung: Sie besteht aus einem Gasgemisch, das sich grob gesagt zu 80 % aus Stickstoff und 20 % aus Sauerstoff zusammensetzt (Wasserdampf, Argon und Spurengase lassen wir jetzt mal außen vor). Das war allerdings nicht immer so. Vielmehr kann unsere Atmosphäre bisher auf ein sehr „bewegtes Leben“ zurückblicken. Wagen wir einen Blick zurück und begleiten die Erdatmosphäre von ihrer „Geburt“ bis zu ihrem jetzigen Zustand.

Als vor etwa 4,6 Milliarden Jahren die Erde entstand, dauerte es vergleichsweise nicht lange (nur wenige Millionen Jahre) bis sich um diesen neuen Planeten eine erste Gashülle legte – die sogenannte Uratmosphäre. Sie bestand wahrscheinlich zum größten Teil aus Wasserstoff (92 %) und zu einem geringen Teil aus Helium (7 %). Stickstoff kam nur zu 0,008 % und Sauerstoff zu 0,006 % vor. 100 Mio. Jahre später, also vor rund 4,5 Mrd. Jahren, wurde die erste Erdatmosphäre schon wieder (im wahrsten Sinne) weggeblasen. Zum einen erhitzte sich die Erdoberfläche durch die ständigen Materieeinschläge so stark, dass die relativ leichten Wasserstoff- und Heliummoleküle durch ihre dadurch erhöhte Bewegungsenergie ins Weltall entfliehen konnten. Zum anderen nahm zusätzlich unsere Sonne ihre „Arbeit“ auf, indem in ihrem Inneren die Kernfusion „gestartet“ wurde. Dem dadurch entstandenen Sonnenwind (geladene Teilchen, die von der Sonne in alle Richtungen geschossen werden) hatte unsere Uratmosphäre nichts entgegenzusetzen. Sie wurde förmlich von der Erde weggerissen. Dieser Sonnenwind war damals vermutlich 1000-mal so stark wie heutzutage, weshalb er unserer jetzigen Atmosphäre kaum noch etwas anhaben kann.

Im weiteren Verlauf ließen die Materieeinschläge mehr und mehr nach, wodurch sich die Erde allmählich abkühlen konnte. Infolge des Ausgasens (Gasaustritt aus z.B. Gesteinen und Lava) konnte sich vor etwa 4 Mrd. Jahren eine neue Atmosphäre ausbilden. Die Wissenschaft geht davon aus, dass sich dieses Gasgemisch hauptsächlich zu rund 80 % aus Wasserdampf, etwa 10 % aus Kohlendioxid und bis zu 7 % aus Schwefelwasserstoff zusammensetzte. Stickstoff machte dabei nur einen Anteil von 0,5 % aus, Sauerstoff kam überhaupt nicht vor.

Dadurch, dass sich die Erde immer weiter abkühlte, fing der Wasserdampf allmählich an, zu kondensieren – und zwar im ganz großen Stil! Das Ergebnis folgte vor rund 2,3 Mrd. Jahren mit der Entstehung der Weltmeere. Diese waren in Verbindung mit den vorhandenen Gasen und der starken UV-Strahlung der Sonne der Startschuss für zahlreiche chemische Reaktionen. Einzig der Stickstoff blieb davon weitgehend verschont, sodass sich vor etwa 2 Mrd. Jahren eine neue, d.h. Atmosphäre Nr. 3 entwickeln konnte. Sie bestand zum Großteil aus Stickstoff, Kohlendioxid und Wasserdampf. Damit kommen wir der jetzigen Atmosphärenbeschaffenheit schon ein großes Stück näher.

Fehlt eigentlich nur noch der Sauerstoff. Dieser entstand durch Fotosynthese, die durch sogenannte Cyanobakterien betrieben wurde. Sie produzierten dadurch Sauerstoff, was wiederum der Startschuss für die Ozonbildung war. Diese war ihrerseits wieder die Voraussetzung für die weitere Entwicklung von Leben auf der Erde, da sie einen Teil der einfallenden UV-Strahlung „unschädlich“ machte. Damit konnte sich der Sauerstoffgehalt auf der Erde innerhalb von 1 Mrd. Jahre verzehnfachen.

Vor etwa 700 Mio. Jahren war die Ozonschicht dann stark genug, um so viel UV-Strahlung von der Erdoberfläche fernzuhalten, dass sich die Pflanzenwelt nicht nur im Meer, sondern auch auf dem Land ausbreiten konnte. In der Folge „florierte“ förmlich die Sauerstoffproduktion, sodass schließlich vor gut 350 Mio. Jahren das heutige
Sauerstoffniveau erreicht wurde. Langsam aber sicher gewann die Atmosphäre damit ihre heutige Zusammensetzung.

Damit sind wir nach dieser langen Reise endlich wieder in der Gegenwart angekommen. Da heißt es erst mal: durchatmen!

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.07.2019

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