Thema des Tages

Sturzfluten: Von Null auf Hochwasser

Die Gewitter wollen einfach nicht weichen. Auch über das Wochenende hinweg besteht in Deutschland erhöhte Unwettergefahr, insbesondere aufgrund von lokalem, heftigem Starkregen. Schon in den vergangenen Tagen und Wochen und auch heute wird wieder darauf hingewiesen werden müssen, dass die Starkregenfälle mitunter zu einer hohen
Sturzflutgefahr führen. Doch was versteht man darunter? Wo und wann treten Sturzfluten bevorzugt auf?

Eine Sturzflut ist eine plötzlich auftretende Überschwemmung von relativ zur Umgebung tief gelegenem Terrain, beispielsweise von Flusstälern oder Muldenlagen, als Folge heftiger Starkregenfälle. Auch Schmelzwasser kann Sturzfluten verursachen, vor allem in Verbindung mit Starkregen. Sturzfluten treten also bevorzugt in bergigen oder hügeligen Regionen auf, wie zum Beispiel im Bereich der deutschen Mittelgebirge oder in den Alpen. Sind die Böden sehr trocken oder bereits wassergesättigt, fließen gerade bei
Starkregenereignissen große Wassermassen oberflächlich ab und in tiefer gelegenem Terrain zusammen. Das ist auch der Grund, warum Sturzfluten häufig nicht dort auftreten, wo das Gewitter am stärksten tobt, sondern ?talwärts? oder auch stromab eines Baches. Von einer Sturzflut spricht man allerdings erst dann, wenn zwischen
verantwortlichem Niederschlagsereignis und hereinbrechender Flut weniger als sechs Stunden vergehen.

Die Frage, ab welchen Niederschlagsmengen Sturzfluten auftreten oder zumindest zu befürchten sind, lässt sich allerdings nicht so einfach beantworten. Denn verschiedenste geomorphologische und hydrologische Eigenschaften sowie die Bodenbeschaffenheit legen letztendlich fest, wie „verwundbar“ eine bestimmte Region gegenüber Sturzfluten ist. Die Schwere der Auswirkungen von Starkregenfällen ähnlicher Intensität kann je nach „Verwundbarkeit“ demnach stark variieren.

Da sich die amtlichen Warnungen des Deutschen Wetterdienstes und deren Einteilung in die vier Warnstufen in erster Linie aber nach meteorologischen Größen wie beispielsweise Niederschlagsmengen richtet und nicht nach dem zu erwartenden „Impact“, sind die folgenschweren Sturzfluten nicht ausschließlich an extreme
Unwetterwarnungen gebunden. Auch wenn eine Unwetterwarnung oder Warnung vor markantem Wetter herausgegeben wurde, sind Sturzfluten nicht auszuschließen.

Was Sturzfluten so gefährlich macht, sind ihr plötzliches Auftreten und das rasch sehr hoch steigende, extrem schnell fließende Wasser. Die ungeheure Kraft, die dabei binnen weniger Sekunden entfaltet wird, reicht aus, um massive Gegenstände wie beispielsweise Mauern oder Brücken einfach mitzureißen. Auch im Auto sind Sie nicht sicher! Vermeiden Sie daher, mit Ihrem Fahrzeug durch die Flut
hindurchzufahren, selbst wenn das Wasser vermeintlich flach über Straßen und Wege fließt. Untersuchungen in den USA haben ergeben, dass eine Wasserhöhe von einem guten halben Meter bereits ausreicht, um selbst schwergewichtige SUVs wegzuschwemmen. Drehen Sie bei einer nahenden Flutwelle also unbedingt um und flüchten Sie in höher gelegenes Terrain!

Um sich möglichst frühzeitig auf eine solche Gefahrenlage
vorzubereiten, verfolgen Sie die Wetter- und Warnlage auf www.dwd.de oder in der WarnWetter-App, insbesondere dann, wenn Sie in einer Region wohnen, für die eine „Vorabinformation Unwetter vor schwerem Gewitter“ gültig ist.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.06.2018

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