Thema des Tages
Wetter aktuell
Tornados 2025 | Wer entscheidet, ob es ein Tornado war oder nicht?
Im heutigen Thema des Tages wird erläutert, wer darüber entscheidet,
ob ein Verdachtsfall zu einem bestätigten Tornado wird und wie
vorgegangen wird.
Einleitung
Die Tornadosaison 2025 nähert sich allmählich dem Ende. Zwar hat das
Jahr noch ganze drei Monate, gleichwohl treten in diesen drei Monaten
im Schnitt über die letzten 25 Jahre nur drei Tornados auf. Die
Hauptaktivitätsmonate (Mai bis September) liegen damit hinter uns.
Zwischenbilanz 2025
Es ist also an der Zeit, einen Blick auf die bisherige Bilanz der
Tornadosaison 2025 zu werfen. Gesammelt werden alle bestätigten
Tornadofälle in der Europäischen Unwetterdatenbank (eswd.eu). Für
Deutschland stehen in der Datenbank bisher 36 bestätigte Fälle.
Darüber hinaus gibt es noch verschiedene Verdachtsfälle, die aktuell
noch in der Diskussion stehen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass
noch ein paar dieser Fälle bestätigt werden. Nimmt man noch die
durchschnittlich drei Fälle hinzu, die zwischen Oktober und Dezember
auftreten, landen wir am Ende irgendwo zwischen 40 und 45 Tornados.
Damit würden wir in der Bilanz leicht unterdurchschnittlich liegen.
Im Schnitt über die letzten 25 Jahre kommt es in Deutschland zu 49
Tornadofällen, wovon etwa 18 über Wasser auftreten - also Wasserhosen
sind. Der Hauptgrund für die voraussichtlich eher
unterdurchschnittliche Saison ist vor allem die Gewitterarmut. Es gab
in den Hauptsommermonaten so wenig Blitze wie lange nicht mehr (siehe
dazu auch:
https://www.tagesschau.de/inland/blitze-unwetter-100.html).
Statistiken 2025
Schaut man noch etwas tiefer in die Statistik, so sieht man, dass
insgesamt 13 der bisher bestätigten 36 Fälle über Wasser aufgetreten
sind, es sich also um sogenannte Wasserhosen handelte. Das sind etwas
mehr als ein Drittel aller Tornados und passt sehr gut zu den
vieljährigen Mittelwerten.
Betrachtet man die Stärkeverteilung, so gibt es für 18 Tornados keine
Stärkeangabe (meist Wasserhosen). Vier Fälle waren schwach und
richteten keine größeren Schäden an (IF0 und IF0.5 - siehe auch
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2024/4/11.html). Weitere
zwölf Fälle waren schon kräftiger (IF1: 7 bzw. IF1.5: 5). Insgesamt
zwei Fälle können als starke Tornados der Intensität IF2 eingestuft
werden. Einer dieser Fälle lag in Kreuzbruch nördlich von Berlin
(26.06.), ein anderer ereignete sich in Donaustetten bei Ulm am
04.06. Der aktivste Monat im Jahr 2025 war der Juli. In diesem Monat
gab es ganze 13 Tornados, wobei neun davon Wasserhosen waren.
Untersuchung von Verdachtsfällen
Wie angesprochen gibt es noch einige Verdachtsfälle, die derzeit
näher untersucht werden. Aber wie funktioniert das überhaupt? Im
Thema des Tages über die Tornadoforschung in Deutschland
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2025/9/18.html) wurde
bereits erläutert, dass die verschiedenen Experten und Gruppen, die
sich mit Tornados beschäftigen, begonnen haben, noch enger
miteinander zu kooperieren. Noch hat die Vereinigung keinen
offiziellen Namen, man könnte sie aber als "Tornado-Kompetenzzentrum
Deutschland" bezeichnen. In diesem ist auch der DWD mit seiner
Tornado-Expertengruppe vertreten. Der Austausch findet über eine
virtuelle Kommunikationsplattform im Internet statt.
Sobald einer der Beteiligten Informationen über einen Tornadoverdacht
in Deutschland erhält oder findet, werden diese in einem
Diskussionsthread geteilt und unter den verschiedenen Beteiligten
diskutiert. Vorliegende Informationen können Fotos/Videos von einem
potenziellen Wirbel, Schadensbilder oder Augenzeugenberichte sein.
Ein klassisches Beispiel ist auch ein Zeitungsbericht über eine
potenzielle Windhose (nicht Windrose!). Oft spricht die Polizei oder
Feuerwehr nach starken Windereignissen sofort von einem Tornado, ohne
(verständlicherweise) die genauen Hintergründe zu kennen.
Genaues Vorgehen bei der Bestätigung von Verdachstsfällen
Erreicht das Kompetenzzentrum nun ein Verdachtsfall, gibt es
verschiedene Kriterien, die geprüft werden. Zunächst einmal wird
geschaut, ob der Fall plausibel ist. Eine Frage ist, ob an dem Tag
die Zutaten für das Auftreten von Tornados erfüllt gewesen sind
(siehe auch:
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/7/19.html). Dann
wird mit Hilfe von Radarbildern überprüft, ob es zum Zeitpunkt in der
Gegend eine rotierende Gewitterzelle gab.
Im nächsten Schritt werden die Augenzeugenberichte und Foto- bzw.
Videodokumentationen näher unter die Lupe genommen. Zum einen wird
die Intensität des Ereignisses ermittelt, zum anderen wird geschaut,
ob die Schäden eher nach einem Tornado oder nach einem Fallwind
aussehen. Hilfreich sind zudem (zusätzliche) Aufnahmen des
Wolkenwirbels selbst. Wenn keine Bilder vorliegen, können auch
hochaufgelöste Satellitenbilder herangezogen und nach
Tornadoschneisen durchsucht werden.
Zu guter Letzt werden einige der gemeldeten Verdachtsfälle vom Team
Torkud (Tornado-Kartierung und Untersuchung in Deutschland) oder
anderen Expertinnen und Experten der Gruppe vor Ort untersucht und
dokumentiert. Dafür werden nicht nur Gespräche mit Augenzeugen
geführt, sondern mit Hilfe einer Drohne hochaufgelöste Aufnahmen des
Schadensbildes gemacht.
All diese Informationen werden zusammengetragen, miteinander in
Verbindung gebracht und diskutiert. Am Ende wird unter Zuhilfenahme
einer objektiven Punktematrix der Fall entweder bestätigt, nicht
bestätigt oder als Verdachtsfall weitergeführt. Um ein Beispiel zu
nennen: Liegt ein Foto einer Trichterwolke vor, gibt es gleichzeitig
dokumentierte Schäden, die zeitlich damit in Verbindung stehen, und
gibt es zusätzlich Hinweise aus Radarbildern, so wird der Fall
bestätigt. Wurden Schäden dokumentiert, es liegt aber keine Aufnahme
des Wirbels vor und auch die Radarbilder lassen keine eindeutige
Aussage zu, dann kann der Fall nicht bestätigt werden.
Mithilfe
Die Arbeit des neuen Kompetenzzentrums geht ganzjährig weiter. Erst
zu Beginn des neuen Jahres wird die Anzahl der Tornados 2025
feststehen. Man darf gespannt sein, wie viele bis dahin noch
bestätigt werden können und ob noch weitere bis Dezember hinzukommen.
Eine Übersicht, wo auch die Verdachtsfälle gelistet sind, findet sich
hier: https://tornadoliste.de. Sie können mit Informationen, Bildern
und Berichten helfen. Schreiben Sie einfach an tornado@dwd.de.
Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.10.2025
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Sie auch im DWD-Wetterlexikon unter: www.dwd.de/lexikon