Thema des Tages
Wetter aktuell
Bilanz der Tornadosaison in Deutschland 2024
Das heutige Tagesthema zieht Bilanz zu den in Deutschland
aufgetretenen Tornados. Wo gab es wann wie viele Tornados? Wie stark
waren diese und welche Fälle waren besonders interessant?
Tornadozahlen seit 1999
Das Jahr neigt sich allmählich dem Ende zu und so bietet sich eine
gute Gelegenheit Bilanz zu ziehen. Doch werfen wir zunächst einen
Blick auf die Zahlen der letzten 25 Jahre. Die Darstellung zeigt die
sogenannten Tornadostripes, in Anlehnung an die allseits bekannten
Warming Stripes. Dabei wird seit 1999 jedem Jahr ein eingefärbter
Balken zugewiesen, der abhängig vom Mittelwert eine rötliche Farbe
aufweist, wenn die Zahlen überdurchschnittlich hoch waren und eine
blaue Farbe für unterdurchschnittliche Werte. Je nach Ausprägung der
Abweichung ist der Farbton der Balken mehr oder weniger kräftig. Die
durchschnittliche Anzahl an Tornados im Mittel zwischen 2000 bis 2023
liegt bei 45. Man erkennt eine starke Schwankung von Jahr zu Jahr,
aber keinen Trend hin zu einer Zunahme der Tornadozahlen. In diesem
Jahr sind bisher 40 Tornados offiziell bestätigt worden. Es ist aber
davon auszugehen, dass am Ende noch ein paar mehr Verdachtsfälle
bestätigt werden. Die Tornadoarbeitsgruppe (TAD,
https://tad.tornadoliste.de/) schaut sich immer im Frühjahr des
Folgejahres alle Verdachtsfälle nochmal näher an, so dass die
endgültige Gesamtzahl erst dann vorliegen wird. Man kann aber schon
bilanzieren, dass die Saison 2024 eine recht durchschnittliche
Tornadosaison gewesen ist, ähnlich wie in den vorangegangenen Jahren.
Stärkeverteilung 2024
Wenn man die Tornados nach Ihrem Auftreten unterscheidet, so waren 15
der 40 Tornados sogenannte Wasserhosen, also Tornados, die über
Wasser gezogen sind. Die restlichen 25 sind folglich über Land
entstanden und gezogen. Der überwiegende Teil der Wirbel war schwach.
Für die Bewertung der Stärke der Tornados wird die internationale
Fujita-Skala verwendet (IF-Skala:
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2024/4/11.html). Bei
zwölf der bestätigten Tornados konnte keine Stärkeeinteilung
vorgenommen werden. Dies ist meist der Fall, wenn die Tornados über
Wasser ziehen oder kein Schaden am Boden gefunden werden konnte. Acht
Tornados hatten die Stärke IF0 (2) oder IF0.5 (6). Der größte Anteil
mit 19 Fällen ist in der Kategorie IF1 zu finden (IF1: 10, IF1.5: 9).
Lediglich ein Fall kann als signifikanter Tornado der Stärke IF2
klassifiziert werden.
Jahresgang und Tagesgang 2024
Werfen wir nun einen Blick auf den Jahresgang. Der Großteil der
Tornados trat in den Sommermonaten auf. Sieben Tornados wurden im
Juni, neun im Juli und zehn im August registriert. Im April waren es
sechs Fälle und im Frühjahr sind von März bis Mai zusammen acht Fälle
aufgetreten. Die Verteilung passt gut zu den vieljährigen Statistiken
von 2000 bis 2023. Auch hinsichtlich der Wasserhosen war es ein sehr
typisches Jahr, da neun der insgesamt 15 Wasserhosen im August
registriert wurden. Immerhin traten fast die Hälfte aller Tornados
über Wasser seit 2000 im August auf.
Bei der Betrachtung des Tagesganges lässt sich feststellen, dass der
überwiegende Teil aller Tornados in den Nachmittagsstunden gemeldet
wurden. Ganze 23 und damit mehr als die Hälfte aller Wirbel traten
zwischen 12 und 18 Uhr UTC auf. In den Vormittagsstunden (6 bis 12
UTC) sind elf Tornados registriert worden, wobei der größte Teil
Wasserhosen (9) gewesen sind. Die Stunden (+/- 30min) mit den meisten
Tornados waren 13 UTC (6) und 14 UTC (7). Auch diese Zahlen passen
wieder gut zu den Langzeitstatistiken.
Interessant ist noch die Tatsache, dass die große Mehrheit an
Tornados im Jahre 2024 aus Südwest (Südwest, Süd-Südwest,
West-Südwest) in Richtung Nordost gezogen sind (immerhin 14 von 40).
Von West nach Ost zogen fünf, von Süd nach Nord zwei und von Nordwest
in Richtung Südost vier Tornados. Bei den restlichen 25 Wirbeln wurde
keine Zugrichtung angegeben.
Ausgewählte Fälle
Der erste Tornado 2024 trat am 21.03.2024 um 13:40 UTC in Landsberg
am Lech auf und hatte eine Stärke von IF1. Der Tornado richtete auf
eine Länge von 5.2 km vor allem Schäden in der Vegetation an,
beschädigte aber auch ein paar Gebäude in Landsberg. Im März sind
Tornados eher unüblich. Nur knapp 2 % aller Tornados in der Datenbank
traten in diesem Monat auf.
Der stärkste Tornado mit einer Stärke von IF2 wurde am Abend des
18.06.2023 um 18:15 UTC in Heere in NRW registriert und war einer von
drei Tornados an diesem Tag. Dieser Wirbel zog vor allem über Felder
und durch Waldgebiete und richtete teils erhebliche Schäden an der
Vegetation an.
Der Tag mit den meisten Tornados an einem Tag war der 08.08.2024. An
diesem Tag finden sich insgesamt sieben Tornados in der Datenbank. Es
handelte es sich dabei um Wasserhosen, die zwischen 07:30 und 08:45
UTC über der Nordsee von Föhr und Borkum aus gesichtet wurden. Eine
dieser Wasserhosen zog schließlich an Land und warf zahlreiche
Strandkörbe um. Das Video dazu war recht prominent in den Medien zu
finden.
Der breiteste Tornado 2024 war wiederum auch der stärkste Tornado
2024 in Heere. Bei der Analyse der Schäden wurde eine maximale Breite
von 450 m registriert. Der Tornado in Heere zog über eine Länge von
5.3 km.
Der Tornado mit der längsten Zugbahn fand am 12.07.2024 in Marienfeld
in Nordrheinwestfalen statt. Schäden von diesem IF1.5 Tornado konnten
auf eine Länge von 8.3 km gefunden werden. Im Mittel haben starke
Tornados eine längere Lebensdauer und sind auch größer als schwache
Tornados.
Ein kurioser Fall
Zu guter Letzt noch ein Wort zum kuriosesten Tornado in diesem Jahr.
Dieser fand an einer unscheinbaren Schauerzelle bei Philippsburg in
Baden-Württemberg statt. Das kuriose daran war, dass die Zelle, die
den Tornado produzierte, kein Gewitter war (es gab also weder Blitz
noch Donner). Trotzdem war das Erscheinungsbild auf dem Radar typisch
für eine Superzelle (Hakenecho). Wahrscheinlich wäre dieser Tornado
nie entdeckt worden, denn er richtete kaum Schäden an. Lediglich
abgebrochene Äste und platt gedrückte Felder zeugen von seinem
Auftreten. Der Zufall wollte es aber, dass Jannick Fischer vom KIT
(Karlsruher Institut für Technologie) die verdächtige Zelle auffiel
und er diese mit seiner Kamera verfolgte und den Tornado schließlich
filmen konnte.
Dieser letzte Fall wirft die Frage auf, wie viele solcher Fälle jedes
Jahr durch die Lappen gehen. Weil eben nicht zufällig jemand in der
Nähe ist, der sich auskennt, oder weil es dunkel war und man den
Tornado nicht sehen konnte. Sicherlich werden nach dem Treffen der
TAD im Frühjahr noch ein paar Fälle hinzukommen, eine Dunkelziffer
aber wird bleiben ? wie jedes Jahr.
Sollten Sie noch einen interessanten Fall haben, der nicht in den
Statistiken auftaucht, dann schreiben Sie unserer
Tornado-Expertengruppe: tornado@dwd.de
(Die Bilder und Links zum heutigen Thema des Tages finden Sie wie
immer im Internet unter www.dwd.de/tagesthema.)
Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.12.2024
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