Thema des Tages
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Späte Sommerwärme und segelnde Spinnen: Der Altweibersommer
Eine sonnig-warme Wetterperiode zwischen Mitte September und Anfang
Oktober nennt man Altweibersommer. Doch woher hat er seinen Namen?
Zwischen Mitte September und Anfang Oktober, wenn das Tageslicht
schon spürbar schwindet und der Herbst kalendarisch Einzug hält,
stellt sich nicht selten für ein paar Tage noch einmal sonniges und
durchaus sommerliches Wetter ein. Dabei handelt es sich
erwiesenermaßen jedoch nicht um einen Zufall oder eine subjektive
Wahrnehmung, sondern um ein tatsächlich wiederkehrendes Wettermuster,
einen sog. Witterungsregelfall. Im deutschen Sprachraum bezeichnet
man diese frühherbstliche Hochdruckwetterlage mit warmen Temperaturen
als "Altweibersommer".
Über den Ursprung dieser Bezeichnung lässt sich leider nur
spekulieren. Möglicherweise geben die im Morgenlicht auf Wiesen und
Sträuchern silbrig-grau glitzernden Spinnfäden, die von
Baldachinspinnen gewebt (altdeutsch: geweibt) wurden, dem
Altweibersommer seinen Namen. Die Spinnen segeln mithilfe dieser
Fäden durch die Luft, teilweise tausende Meter hoch und hunderte
Kilometer weit. Dabei sind sie auf Thermik angewiesen, also auf
aufsteigende Blasen warmer Luft, die es nur bei eher windschwachen,
sonnigen Bedingungen gibt. Da man die Jahreszeiten früher
ausschließlich in Winter und Sommer einteilte, nannte man den
Frühling daher "Junger Weibersommer" und den Herbst "Alter
Weibersommer". Aus Letzterem könnte der "Altweibersommer", wie wir
ihn heute kennen, entsprungen sein.
Auch meteorologisch gesehen gibt es keine eindeutige Definition für
den Altweibersommer. Üblicherweise bringt man ihn mit einer recht
stabilen Wetterperiode in Verbindung, die durch ein Festlandshoch
oder eine Hochdruckbrücke über Mitteleuropa gekennzeichnet ist. Dabei
ist es bei längerem Sonnenschein wärmer als üblich. Bei den mittleren
Temperaturen erkennt man ihn daran, dass der septembertypische
Temperaturrückgang für einige Tage unterbrochen wird. Da der
Altweibersommer zu den Witterungsregelfällen gehört, die zeitlich
betrachtet recht unspezifisch sind und nicht an bestimmte "Lostage"
gebunden sind wie beispielsweise die Eisheiligen, ist dessen
Eintrittswahrscheinlichkeit verhältnismäßig hoch. Sie liegt allein
für die letzte Septemberwoche nach langjährigen Statistiken bei etwa
80 %.
Da der "Altweibersommer" nicht nur ein Phänomen in Deutschland ist,
findet man Bezeichnungen für vergleichbare Witterungsregelfälle auch
in anderen Sprachen. Im slawischen Sprachgebrauch und im Ungarischen
zum Beispiel verwendet man Begriffe, die dem deutschen Wort
Altweibersommer sinngemäß entsprechen (z. B.: polnisch "babie lato").
In Neuengland im Nordosten Nordamerikas kennt man die Wetterlage als
"Indian Summer". In Deutschland bezeichnet man damit übrigens
fälschlicherweise den Zeitraum besonders starker Laubfärbung. In
einigen Mittelmeerländern wird eine verhältnismäßig warme und
beständige Wetterphase im November gerne "St.-Martins-Sommer"
genannt, in Spanien "St.-Michaels-Sommer" (Veranillo de San Miguel).
So sommerlich warm der Altweibersommer am Tage ist, darf man nicht
vergessen, dass die Nächte schon lang sind und die Luft gerade bei
klaren und windschwachen Bedingungen stark auskühlen kann. So geht
der Altweibersommer nicht selten mit dem ersten Boden- oder gar
Luftfrost einher. Denken Sie also an Ihre Blumen und anderen
frostempfindlichen Pflanzen!
Dipl. Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.09.2024
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