Thema des Tages


Wissenschaft kompakt 

Staub aus der Aralkum-Wüste beeinflusst zunehmend Prozesse in der 
Atmosphäre 


Die Aufmerksamkeit für den Aralsee ist in der westlichen Welt sehr 
gering. Zunehmende Austrocknung hat in der Region um den einst großen
Binnensee zur Bildung einer Wüste geführt. Immer häufiger kommt es 
dort zu Staubausbrüchen. Auf die Auswirkungen solcher Ereignisse 
gehen wir heute im Thema des Tages ein. 


Der Aralsee, im Grenzgebiet von Kasachstan und Usbekistan in 
Zentralasien gelegen, war einst der viertgrößte Binnensee der Erde. 
Seit mehreren Jahrzehnten ist er von zunehmender Austrocknung 
betroffen. Eine Studie des TROPOS (Leibniz-Institut für 
Troposphärenforschung) und der FU-Berlin zeigt, dass in der Region um
den Aralsee aufgrund der sich ausbreitenden Wüste immer mehr 
Mineralstaub in die Atmosphäre eingebracht wird. 

Im Verlauf der Geschichte herrschte in der Region um den Aralsee auf 
ganz natürliche Weise unterschiedliches Klima, was zur Folge hatte, 
dass der Wasserspiegel des Aralsees mal höher, mal tiefer lag. Auch 
unter anderem aufgrund tektonischer Bewegungen war der Wasserspiegel 
ständigen Schwankungen unterworfen. So ist bekannt, dass sich vom 
heutigen Aralsee bis zum Kaspischen Meer vor rund 20 bis 30 Millionen
Jahren ein ausgedehntes Binnenmeer befand. Teilweise lag der 
Wasserspiegel des Aralsees aber auch sehr tief, was durch Siedlungen 
bestätigt wird, die am Aralsee gefunden wurden. 

Bis Anfang der 1960er Jahre galt der Aralsee mit einer Fläche von 
rund 68.000 Quadratkilometern als der viertgrößte Binnensee der Erde.
Aufgrund der exzessiven Nutzung des Wassers aus den Zuflüssen des 
Aralsees - vor allem für die Landwirtschaft, ist dieser im Laufe der 
vergangenen Jahrzehnte aber zunehmend ausgetrocknet. Heute besteht 
der See noch aus drei vergleichsweise kleinen Teilen. Insgesamt ist 
die Fläche des Sees seit den 1960er Jahren bis 2015 auf rund 8.300 
Quadratkilometer (12% der damaligen Fläche) extrem geschrumpft.  
Zwischen den drei Seen hat sich eine riesige Wüste gebildet, die 
Aralkum-Wüste. Diese gilt als neue Mineralstaubquelle, in der zudem 
immer häufiger Staubausbrüche stattfinden. Die Folgen sind 
vielschichtig. Unter anderen kann sich Staub positiv wie negativ auf 
die Strahlungsbilanz auswirken, also am Boden und in der Atmosphäre 
kühlend oder wärmend wirken. Dies ist von mehreren Faktoren abhängig,
wie der Höhe des Staubs in der Atmosphäre, der Tageszeit, der 
Jahreszeit, etc. Beispielsweise kann Staub im Bodenniveau tagsüber 
kühlend wirken, weil er das Sonnenlicht abhält. Nachts hingegen wirkt
er wärmend, weil die von der Erde ausgehende Wärmestrahlung nicht 
vollständig in den Weltraum entweichen kann. Schlussendlich haben 
Forschende herausgefunden, dass der Aralkum-Staub im Jahresmittel 
kühlend wirkt. Dieser Effekt ist sehr gering, die Ergebnisse der 
Studie tragen aber dennoch zum besseren Verständnis der Auswirkungen 
von Mineralstaub in der Atmosphäre bei. 

Des Weiteren haben die Forschenden festgestellt, dass der Staub aus 
der Aralkum-Wüste die Großwetterlagen verändern könnte. Im Umfeld der
Aralkum-Wüste sorgt der Staub für eine leichte Erhöhung des 
Luftdrucks. Dies wirkt verstärkend auf das beständige Kältehoch im 
Winter, das sogenannte "Sibirienhoch", und andererseits abschwächend 
auf das sich im Sommer entwickelnde zentralasiatische Wärmetief. 
Beide Druckgebilde beeinflussen die vor Ort vorherrschenden 
Wetterbedingungen als auch den Luftmassentransport und dadurch auch 
das Auftreten von Staubausbrüchen in Zentralasien. Ebenso spielen sie
eine wichtige Rolle in Bezug auf globale Zirkulationsmuster. Im 
Grunde ist es ein Teufelskreis: Mehr Staub durch eine wachsende Wüste
führt zu mehr Staubeintrag. Denn durch eine Verstärkung des 
Sibirienhochs nimmt der Druckgradient zu, der wiederum zu erhöhten 
Windgeschwindigkeiten am Boden führt, wodurch mehr Staub aufgewirbelt
werden kann. Gleichwohl führt der Staub zu einer Abschwächung des 
sommerlichen Wärmetiefs, das feuchte und kühlere Luftmassen 
heranführt, welche in Zentralasien durchaus für eine Anfeuchtung und 
Abkühlung der im Sommer aufgeheizten Landoberflächen sorgen könnte. 

Wie Sie lesen, sind die Auswirkungen eines ausgetrockneten Binnensees
vielschichtig. Die hier aufgeführten Effekte sind keinesfalls 
vollständig, führen aber schon vor Augen, wie menschengemachte 
Umweltkatastrophen in einem eher kleinen Teil unserer Erde globalen 
Einfluss haben können. 

Dipl.-Met. Julia Tuschy 

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 20.07.2024

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