Thema des Tages
Wissenschaft kompakt
Leuchtende Nachtwolken, die kältesten Wolken auf der Erde.
Manchmal lassen sich in klaren Sommernächten am Nordhorizont
geheimnisvoll silbrig-weiß bis blau leuchtende Wolken beobachten, die
eine gewisse Ähnlichkeit mit Cirruswolken haben. Diese sogenannten
leuchtenden Nachtwolken sind ein eher seltenes Phänomen, das
hauptsächlich von Anfang Juni bis Ende Juli, rund um die
Sommersonnenwende, auftritt.
Leuchtende Nachtwolken unterscheiden sich von normalen Wolken durch
ihre enorme Höhe. Während normale Wolken in der Troposphäre in Höhen
bis zu 15 Kilometern zu finden sind, entstehen leuchtende Nachtwolken
in der Mesopausenregion, in einer Höhe von 81 bis 87 Kilometern.
Diese Region ist die kälteste Zone der Atmosphäre, wo im Sommer
Temperaturen von unter -150 °C erreicht werden. Diese extrem
niedrigen Temperaturen sind erforderlich, damit in diesen Höhen,
trotz der sehr geringen Wasserdampfkonzentration, kleine Eiskristalle
an Staubpartikeln kristallisieren können, wodurch die leuchtenden
Nachtwolken entstehen.
Das scheinbare Leuchten der Wolken entsteht durch gestreutes
Sonnenlicht. Wenn die Sonne etwa 6 bis 16 Grad unter dem Horizont
steht, erscheint der Himmelshintergrund bereits dunkel, während die
Wolken aufgrund ihrer großen Höhe noch von der Sonne beschienen
werden und als leuchtende Nachtwolken erscheinen.
Dieses faszinierende Phänomen wird unter anderem am Leibniz-Institut
für Atmosphärenforschung (IAP) in Kühlungsborn erforscht. Das IAP
verwendet dazu ein LIDAR-Gerät (Light Detecting And Ranging) in der
Arktis, das Laserstrahlen aussendet und die Rückstreuung an den
Wolken misst und auswertet. Die entsprechenden Daten können auf der
Webseite des IAP eingesehen werden.
Zuletzt konnten sehr helle leuchtende Nachtwolken über Deutschland in
der Nacht zum 29. Juni 2024 beobachtet werden. Solch helle Wolken
sind hierzulande relativ selten zu sehen. Auch wenn die Aktivität
derzeit wieder abgenommen hat, lohnt sich doch nachts immer wieder
ein Blick Richtung Norden. Für eine eventuelle Beobachtung bietet
sich heute Nacht vielerorts ein klarer Himmel.
Wenn Sie leuchtende Nachtwolken beobachten oder fotografieren
möchten, empfiehlt sich die Vorhersageseite des OSWIN-VHF-Radars am
Leibniz-Institut für Atmosphärenforschung. Dieses Radar ist in der
Lage, leuchtende Nachtwolken in der Mesosphäre zu detektieren. Wenn
in den Grafiken nach Sonnenuntergang starke Reflektivität in etwa 85
Kilometern Höhe auftritt, ist die Chance, leuchtende Nachtwolken in
Mitteleuropa zu sehen, ziemlich hoch.
Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.07.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
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