Thema des Tages
Wetter aktuell
Die Bilanz von Unwettertief ANNELIE
Heftiger Starkregen, Hagel und Böen bis in den orkanartigen Bereich.
Nicht nur in Dortmund gab es am vergangenen Abend und letzte Nacht
während des EM-Spiels zwischen Deutschland und Dänemark schwere
Gewitter.
Tief ANNELIE sorgte in einigen Teilen Deutschlands für eine unruhige
Nacht. Unwetterartige Gewitter mit heftigen Starkregen, Hagel, hohen
Blitzraten und schweren Sturmböen sorgten für einige Turbulenzen.
Betroffen davon war vor allem der Westen und gebietsweise auch der
Norden Deutschlands.
ANNELIE hatte ihren Ursprung über Südostfrankreich und verlagerte
sich im Laufe des gestrigen Samstags in den Westen Deutschlands.
Dabei wurden auf der Vorderseite des Tiefs heiße und sehr feuchte
Luftmassen herangeführt. Im Süden stiegen die Temperaturen in den
Niederungen auf schweißtreibende Werte von deutlich über 30 Grad an.
Spitzenreiter war Kitzingen mit 35,0 Grad. Zudem war die Luftmasse
sehr feucht. Am Abend lagen die Taupunkte in der Südhälfte verbreitet
bei über 20 Grad. Stellenweise wurden sogar Taupunkte um 25 Grad
registriert.
In dieser schwülwarmen bis heißen Luftmasse fehlte aber zunächst der
Hebungsantrieb, sodass sich die Gewitteraktivität bis zum Abend in
Grenzen hielt und somit bestes Bade- und Grillwetter herrschte. Erst
im Laufe des Abends mit Annäherung von Tief ANNELIE kamen von
Frankreich und Benelux die ersten kräftigen Gewitter auf. Im Verlauf
des Abends formierte sich über dem äußersten Westen Deutschlands ein
erstes Gewittercluster. An dessen Südostseite entwickelte sich ein
erstes unwetterartiges Gewitter mit heftigem Starkregen, Hagel und
Sturmböen, welches für eine kurze Pause beim EM-Spiel zwischen
Deutschland und Dänemark sorgte.
Zur gleichen Zeit zog auch ins Saarland und nach Rheinland-Pfalz ein
größeres Gewittersystem, dass sich bis Mitternacht nach Hessen
ausbreitete. Dabei kam es zu heftigen Starkregen und schweren
Sturmböen. Örtlich wurden Niederschlagsmengen bis 50 Liter pro
Quadratmeter innerhalb von wenigen Stunden gemessen. Im weiteren
Verlauf der Nacht verlagerte sich der Gewittercluster unter
Abschwächung weiter nach Nordosten. Gegen Morgen wurden dann aber
kaum noch Unwetterschwellen erreicht.
Auch von Niedersachsen bis nach Brandenburg entwickelten sich bereits
am Abend gebietsweise kräftige Gewitter. Dort trat neben heftigem
Starkregen auch häufiger Hagel auf. Lokal eng begrenzt wurden
innerhalb von wenigen Stunden Niederschlagssummen um 60 Liter pro
Quadratmeter beobachtet.
Trotzdem blieb die Gewitterlage der vergangenen Nacht
glücklicherweise etwas hinter den Erwartungen. Vor allem die
Windentwicklung während der Gewitter war schwächer ausgeprägt als
gedacht. Dies könnte zum einen daran gelegen haben, dass die
atmosphärische Grundschicht feuchter war als von den Modellen
prognostiziert. Dadurch entfalten Gewitterfallböen nicht ihr volles
Potenzial. Durch eine stärkere Verdunstung von Wassertröpfchen kühlt
das Luftpaket nämlich innerhalb des Abwindbereiches eines Gewitters
stärker ab. Dadurch wird dieses beschleunigt, da kühlere Luftmassen
relativ zur Umgebungsluft eine höhere Dichte aufweisen. Dies führt zu
höheren Windgeschwindigkeiten am Erdboden in der Nähe des Gewitters.
Zudem war der Organisationsgrad der Gewittersysteme nicht so stark
ausgeprägt, wie von den Vorhersagemodellen prognostiziert. Dadurch
ist der Transport höherer Windgeschwindigkeiten in niedrigere
Luftschichten schwieriger. Beide Faktoren könnten eine entscheidende
Rolle gespielt haben und erklären, warum an den amtlichen
Wetterstationen gestern Abend und eingangs der Nacht keine Orkanböen
gemessen wurden.
M.Sc.-Met. Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.06.2024
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