Thema des Tages
Wetter aktuell
Wie entsteht Hagel?
Heute steht eine Schwergewitterlage an und vor allem Großhagel kann
zu teils erheblichen Schäden führen. Doch wie entsteht Hagel
überhaupt und was für Bedingungen müssen dafür gegeben sein?
Hagel verursacht oftmals erhebliche Schäden und gehört in Deutschland
zu den schadensträchtigsten Wetterereignissen überhaupt, allerdings
sind die Ereignisse mit besonders schlimmen Auswirkungen eher selten.
Vor allem die hohe Bewegungsenergie (kinetische Energie) der
Hagelgeschosse führt an Gebäuden, Fahrzeugen und landwirtschaftlichen
Flächen zu großen Schäden. Beispielsweise verursachte das "Münchner
Hagelunwetter" am 12.07.1984 Versicherungsschäden von mehreren
hundert Millionen Euro.
Am heutigen Dienstag und in der kommenden Nacht zum Mittwoch sind die
Bedingungen für die Hagelbildung in Deutschland sehr günstig. Vor
allem in einem breiten Streifen quer über der Mitte des Landes können
sich einzelne Superzellen samt großem Hagel mit Korngrößen um 5 cm
entwickeln. In der nachfolgenden Grafik sind die Bereiche, in denen
die Wahrscheinlichkeit für die Bildung schwerer Gewitter deutlich
erhöht ist, dargestellt.
Großer Hagel bildet sich dabei nur in hochreichenden organisierten
Gewitterzellen wie beispielsweise Superzellen, Multizellen,
Gewitterlinien oder mesoskaligen konvektiven Systemen. Der Grund
dafür ist, dass sich nur bei hohen Vertikalgeschwindigkeiten, bei
einer langen Aufenthaltsdauer in der Wolke und einem hohen
Flüssigwassergehalt große Hagelkörner bilden können.
Damit sich im ersten Schritt ein Hagelkorn entwickeln kann, setzt das
voraus, dass sich kleine Eispartikel in der Atmosphäre bilden. Dies
nennt man Nukleation. Dabei können sich die Eisteilchen bereits bei
Temperaturen knapp unter 0°C formieren, indem Wassertröpfchen an
Eiskeimen anfrieren. Damit das kleine Hagelkorn (Nuklei) weiter
anwachsen kann, müssen sich weitere Tröpfchen oder Eisteilchen
anlagern. Diesen Vorgang nennt man Akkreszenz. In der Grafik wird der
Vorgang der Entstehung aufgezeigt.
Um ein weiteres Wachstum des Hagelkorns zu erreichen, müssen sich
weitere unterkühlte Wassertröpfchen an das Hagelembryo anlagern. Dies
geschieht besonders im Bereich des Aufwindes, denn hier können durch
den Vertikalwind besonders viele unterkühlte Tröpfchen herangeführt
werden. Für das Wachstum des Hagelkorns ist es dabei maßgeblich
entscheidend, wie lange sich das Hagelembryo im Bereich der
unterkühlten Tröpfchen halten kann. Besonders in Superzellen können
sich sehr große Hagelsteine bilden, denn durch die lange Verweildauer
im spiralförmigen Aufwindschlauch können sich sehr viele unterkühlte
Wassertröpfchen an ein Hagelkorn anlagern. Das bedeutet, dass die
Akkreszenzrate relativ hoch ist.
Sicherlich haben Sie auch schon festgestellt, dass Hagelkörner
unterschiedlich aussehen und aufgebaut sind. Verantwortlich dafür
ist, ob das Anwachsen des Hagelkorns trocken oder feucht erfolgt.
Beim trockenen Wachstum werden kleine Luftbläschen in das Hagelkorn
eingeschlossen und die entstehende Hagelschicht erscheint opak
(undurchsichtig). Durchsichtig hingegen wird das Hagelkorn beim
feuchten Wachstum. Oftmals kommt es bei der Hagelentstehung zu einem
Wechsel der angesprochenen Wachstumsarten, sodass ein Hagelkorn aus
durchsichtigen und undurchsichtigen Schichten besteht.
Ist das Hagelkorn schwer genug geworden und überwiegt die
Gravitationskraft (Erdanziehungskraft) gegenüber der Auftriebskraft,
die das Hagelkorn durch starke Aufwinde erfährt, fällt das Hagelkorn
zu Boden und kann die eingangs erwähnten großen Schäden verursachen.
Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.06.2024
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