#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Dienstag, den 11.06.2024 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 11.06.2024 um 10.30 UTC
Am Wochenende unbeständig mit Schauern und Gewittern. Zum Wochenbeginn zunehmend
hochsommerlich warm. Weiterhin Gewittergefahr mit im Verlauf steigendem
Unwetterpotential.
Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 18.06.2024
Am Freitag beginnt nicht nur der mittelfristige Prognosezeitraum, sondern auch
endlich die Fußball-Europameisterschaft der Herren. Ob die ersten Spieltage aus
meteorologischer Sicht zu einem Sommermärchen beitragen werden, wollen wir an
dieser Stelle näher betrachten.
Am Freitag dominiert ein Langwellentrog über Westeuropa das Wettergeschehen,
welcher uns immer näher kommt. Auf seiner Vorderseite wölbt sich in der zunächst
noch recht glatten westsüdwestlichen Höhenströmung zunehmend ein Höhenrücken
über Deutschland auf. Ein Bodentief im Bereich der Britischen Inseln und
nordwestlich davon lenkt mäßig warme bis warme Meeresluft aus Südwesten heran,
die aber nicht allzu instabil geschichtet sein sollte. Es soll aber einiges an
Bewölkung über den Himmel ziehen und erste Regenfälle werden im Westen auch
simuliert. Zudem frischt der West- bis Südwestwind im Westen des Landes auf. In
der Nacht zum Samstag kommt der Trog näher und die Kaltfront des Tiefs greift
mit schauerartigen und gewittrigen Regenfällen auf den Westen des Landes über.
Am Samstag nistet sich der Trog im Bereich der Britischen Inseln ein, wo auch
das Zentraltief weiterhin zu finden ist. Dabei schwenkt in den Vormittagsstunden
ein Kurzwellentrog über den Nordwesten hinweg. Das dürfte zu einer
Niederschlagsverstärkung (und je nach Labilität einer dynamischen Gewitterlage)
an der Kaltfront im Nordwesten des Landes führen, bevor die Kaltfront im Laufe
des Tages weiter nach Südosten voranrückt und voraussichtlich dort auch ein paar
stärkere Gewitter bringen kann. Rückseitig fließt weiterhin eine recht warme
Luftmasse ein (immer noch +8°C in 850 hPa), während auf der Vorderseite teils um
15°C in 850 hPa erreicht werden, so dass es im Südosten vor Aufzug der Gewitter
hochsommerlich warm wird. Insgesamt bleibt es insbesondere in der Nordwesthälfte
recht windig (aus Südwest). In den Nachtstunden zum Sonntag dürfte die Kaltfront
im Südosten mehr schleifen als vorankommen, so dass dort auch ergiebigere
Regenfälle auftreten können. Im übrigen Land lockern dagegen die Wolken auf.
Am Sonntag verändern Trog und Bodentief ihre Lage kaum. Insgesamt schwächt sich
aber das Bodentief langsam etwas ab, so dass auch der Südwestwind im Laufe des
Tages geringfügig schwächer wird. Die Kaltfront wird im Tagesverlauf immer
diffuser, verändert aber ihre Lage nicht mehr, so dass es im Südosten stark
bewölkt bleibt und auch weiter etwas regnen oder gewittern kann. Zudem steuert
ein neuer Kurzwellentrog im Tagesverlauf ein Schauergebiet in den Nordwesten.
Dazwischen sollte es etwas mehr Sonne geben. Am jahreszeitgemäßen
Temperaturniveau ändert sich kaum etwas.
Durch einen neuen Trogvorstoß am westlichen Rand des Langwellentroges weitet
sich dieser am Montag weit nach Südwesten bis ins Seegebiet westlich der Biskaya
und der Iberischen Halbinsel aus. Dabei gelangen wir eine recht glatte
südwestliche Höhenströmung. Bodennah schwächen sich die Druckgegensätze weiter
ab zwischen recht tiefem Luftdruck im Bereich des Langwellentroges und etwas
höherem Druck südöstlich unseres Landes. Somit kommt von Südwesten mit recht
schwachem Wind etwas wärmere und weiterhin recht feuchte Luft zu uns, in der
sich auch etwas CAPE aufbauen kann, so dass (Auslösemechanismen sollten
vorhanden sein) es zu einigen Gewittern kommen kann.
Am Dienstag weitet sich der Langwellentrog noch etwas nach Süden aus und kommt
etwas nach Osten voran. Damit steilt bei uns die Strömung leicht auf und wird
wieder etwas antizyklonaler. Bodennah dominiert zunehmend ein nach
Westfrankreich ziehendes Tief, so dass der Wind im Tagesverlauf auf östliche
Richtungen dreht. Die Zufuhr warmer Luft verstärkt sich, so dass bis zum Mittag
in 850 hPa im Norden 12°C erreicht werden, im Süden bis zu 18°C und sich damit
hochsommerliche Hitze einstellen wird. Zudem soll auch erhebliches CAPE
aufgebaut werden, welches aber in dem antizyklonalen Umfeld ziemlich stark
gedeckelt sein dürfte, so dass die Gewitterentstehung abgesehen vom Westen und
Nordwesten des Landes weitgehend unterdrückt werden sollte und sich
wahrscheinlich ein recht sonniger Tag einstellt.
Am Mittwoch, bzw. schon in der Nacht zum Mittwoch gerät zunehmend ein Höhentief
im nördlichen Bereich des Langwellentroges, das uns immer näher rückt, in den
Fokus. Es lässt das Bodentief rasch nach Nordwesten über der Nordwesthälfte
Deutschlands und die Nordsee ziehen und lenkt später eine markante Kaltfront ins
Land. Dabei dürfte sich zum zweiten Spieltag aufgrund auch reichlich vorhandener
Scherung eine Unwetterlage einstellen. Am Donnerstag dürfte ausgehend von dem
Höhentief ein markanter Trog über unser Land hinwegschwenken, der die Kaltfront
weiter nach Osten vorankommen lässt und wohl für einen weiteren Unwettertag
sorgen wird, bevor am Freitag in wieder etwas kühlerer Meeresluft Stabilisierung
einsetzt.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die letzten drei Läufe des IFS zeichnen sich bis zum Sonntag durch eine
einigermaßen hohe Konsistenz aus. Danach ergeben sich aber durchaus Unterschiede
bei der Behandlung des Langwellentroges. Dieser sollte nach dem gestrigen
00-UTC-Lauf weiter östlich nach Süden stoßen, so dass sich zum Dienstag eine
Südlage einstellen sollte mit massivem Druckfall nördlich der Alpen, woraus dann
ein kräftiges Bodentief über Deutschland resultiert, das am Mittwoch das Wetter
bestimmt, während ein Höhentief über Südfrankreich abtropft. Der gestrige
12-UTC-Lauf ähnelt zunächst dem heutigen 00-UTC-Lauf, zeigt aber Richtung
Mittwoch nicht das Höhentief im Nordwesten, sondern es soll sich ein Höhentief
westlich Englands bilden. Damit würde sich keine so markante Tiefentwicklung
über Deutschland einstellen, wie der jüngste Lauf sie zeigt.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die vorliegenden Globalmodelle zeigen bis einschließlich kommenden Montag eine
sehr ähnliche Entwicklung. Detailunterschiede zeigen sich am Samstag mit dem
Kurzwellentrog, der über den Nordwesten schwenken soll. Dieser wird z.B. bei
ICON etwas schärfer simuliert. Auch GFS zeigt diesen Trog schärfer und auch
etwas später am frühen Nachmittag, was eventuell zu einer etwas heftigeren
Gewitterlage führen könnte, was auch bei GFS in mehr Niederschlag resultiert.
Auch zum Dienstag hin ähneln sich die vorliegenden Modelle anfangs noch sehr,
allerdings besteht eine hohe Unsicherheit, was das Ende der Hitzewelle ab
Dienstagabend und am Mittwoch angehet, weil jeweils anders liegende
Trogschwerpunkte und damit auch anders positionierte und ziehende Tiefs die Lage
steuern. So liegt das Bodentief am Mittwoch, 00 UTC bei IFS über Nordfrankreich,
bei GFS schwächer über Zentralfrankreich und bei GEM über Bayern.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Im Zeitraum von Sonntag bis Dienstag wird vom IFS-EPS nur ein einziges Cluster
gebildet, das den Übergang von der zunächst recht stark zyklonalen
Trogvorderseite am Sonntag zu der sogar wieder leicht antizyklonalen Südwestlage
am Dienstag zeigt. Dabei sind die Wetterlagen dem Regime „Negative NAO“
zugeordnet.
Gehen wir in die erweiterte Mittelfrist, wird die Lage deutlich diffuser: Von
Mittwoch bis Freitag der nächsten Woche werden immerhin fünf Cluster gebildet.
C1 (17 Mitglieder, Hauptlauf, Kontrolllauf) zeigt zunächst noch den
Langwellentrog, aus dem dann zum Freitag ein markantes Höhentief in die Nordsee
zieht. Die Entwicklung ist aber etwas langsamer als im deterministischen Lauf.
C2 (10 Mitglieder) hat zu Beginn den Trog schon näher und lässt ihn langsam von
Westen gen Deutschland schwenken. Bei C3 (10 Mitglieder) ist der Trog weniger
progressiv und wir verbleiben bis Freitag in einer Südlage. Bei C4 (9
Mitglieder) findet über Frankreich ein Abtropfprozess statt und bei uns hält
sich hohes Potential. C5 (5 Mitglieder) simuliert den Abtropfprozess noch weiter
westlich und bei uns bleibt es ebenso bei hohem Potential. Bei diesem Cluster
sieht es nach einer ersten Hitzewelle aus.
Rauchfahnen:
Die Rauchfahnen des IFS-EPS für verschiedene Städte Deutschlands zeigen eng
gebündelte Kurvenscharen bei Temperatur und Potential, die abgesehen von einer
Delle zum Samstag und Sonntag stetig steigend sind, so dass wir am Montagabend
bei der Temperatur in 850 hPa zwischen 8°C über dem Norden und 16°C über dem
Süden landen. Das Geopotential in 500 hPa steigt respektive auf 565 bis 575
gpdam. Zum Dienstag wird die Streuung größer, die Mehrheit der Kurven steigt
aber noch an, bevor zum Mittwoch bei dann sehr großer Streuung der Mehrheit der
Kurven nach unten geht. Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass einzelne
Läufe auch sehr weit oben verbleiben mit 850-hPa-Werten von 20°C, im Süden noch
mehr. Bei den Niederschlägen fokussieren sich die Signale auf Samstag/Sonntag
und dann wieder ab Dienstag/Mittwoch.
Die Rauchfahnen des GFS zeigen zum Beginn der nächsten Woche einen deutlich
schwächeren Anstieg der Temperatur und auch eine geringere Bündelung. Auch die
Tendenz zu einem deutlichen Rückgang zum Mittwoch nächster Woche ist noch nicht
zu sehen.
FAZIT:
Bei zunächst noch für die Jahreszeit typischem Temperaturniveau wird es zum
Wochenende unbeständig mit Gewittergefahr. Zum Beginn der neuen Woche ist ein
deutlicher Temperaturanstieg sehr wahrscheinlich. Ob es dann richtig heiß wird
wie beim IFS oder noch etwas gemäßigter zugeht wie beim GFS-Ensemble (der
Hauptlauf liegt hier weit oben im Ensemble), ist aber noch nicht ganz sicher,
auch wenn die Tendenz zu heiß geht. Wie es dann ab nächstem Mittwoch weitergeht,
ist noch vollkommen unsicher. Eine Kaltfront-/Trogpassage erscheint
wahrscheinlich und entspricht auch dem bisherigen Muster. Dies ist aber noch
nicht in trockenen Tüchern, es könnte auch eine Hitzewelle eingeleitet werden.
Sieht beides nicht nach einem Sommermärchen aus dem Lehrbuch aus…
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Gewitter:
Am Freitag ist die Schichtung voraussichtlich recht stabil, so dass trotz hoher
Feuchte die Gewitterneigung nur sehr gering sein dürfte.
Am Samstag muss nach aktuellem Stand vor allem in der ersten Tageshälfte im
Nordwesten mit einer erhöhten Gewitterneigung gerechnet werden. Zwar dürften
kaum mehr als 500 J/kg CAPE zur Verfügung stehen, welches aber im Vorfeld des
Kurzwellentroges teilweise mit hoher bodennaher und hochreichender Scherung
(letztere bis 30 m/s) überlappt, so dass sich eine dynamische Gewitterlage
einstellen dürfte, die umso stärker ausfallen kann, je später der Kurzwellentrog
hereinzieht. Als Unwetterparameter kommen vor allem orkanartige Böen in
Betracht. Aufgrund niedrigen Kondensationsniveaus könnte Tornadogefahr bestehen,
auch wenn aktuell das SRH noch recht niedrig simuliert wird.
Auch im weiteren Verlauf des Samstags und am Sonntag besteht erhöhte Gefahr
markanter Gewitter, im Südosten auch mit höheren Starkregenmengen. Die
Unwettergefahr ist generell gering.
Am Montag sorgt die aus Südwesten einfließende feuchtwarme Luftmasse für
verstärkt sich aufbauendes CAPE. Die dynamische Situation verschlechtert sich
aber. Sollte die Luftmasse nicht zu stark gedeckelt sein, dürfte es zumindest
vom Bergland ausgehend zu starken Gewittern kommen, mit Unwettergefahr vor allem
durch Starkregen oder auch Hagel.
Am Dienstag dürfte die zunehmend antizyklonale Schichtung und starke WLA in der
Höhe zunächst für eine Deckelung sorgen. Allerdings soll sich abgesehen vom
Norden erhebliches CAPE aufbauen, was mit erhöhter Wahrscheinlichkeit in einer
Unwetterlage resultiert, sobald von Westen her (vielleicht Dienstagabend oder in
der Nacht zum Mittwoch) die dynamischen Bedingungen günstiger werden und der
Deckel sich abschwächt.
Starkregen:
Mit der Gewitterlage gibt es am Wochenende vor allem im Süden leichte Signale
für Starkregen bzw. Dauerregen über 25 l/qm innert 12 Stunden bei den Ensembles.
Auch ab Dienstagabend tauchen beim IFS-EPS wieder sehr schwache Signale auf.
Sturm:
Abseits von Gewittern besteht nur am Freitag eine geringe Wahrscheinlichkeit für
stürmische Böen im westlichen Bergland (Eifel).
Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS
VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann