Thema des Tages

Wetter aktuell
Auf den Spuren eisiger Kälte

Der Winter zeigt aktuell seine kalte Seite. Doch wie kalt kann es bei
uns in Mitteleuropa eigentlich werden und welche Wetterlage ist dabei
notwendig? Mehr dazu in unserem heutigen Thema des Tages.

Auch heute Morgen war bei häufig mäßig bis strengem Frost auf dem Weg
zur Arbeit erstmal Frieren angesagt. In den östlichen Mittelgebirgen
wurden sogar Tiefstwerte von unter -15 Grad gemessen. Grund dafür ist
ein Hochdruckgebiet über Schottland, welches mit einer nordöstlichen
Strömung kalte Festlandsluft aus Nordosteuropa nach Deutschland
führt. Auch in den kommenden Nächten gibt es im Osten und in einigen
Mittelgebirgstälern erneut strengen Frost von deutlich unter -10 Grad
(mehr dazu im Thema des Tages vom 08.01.2024).
Diese Temperaturen sind für unsere Breiten in der aktuellen
Jahreszeit nicht ungewöhnlich. Ganz anders schaute das Ganze vor
einigen Tagen in Skandinavien aus. Dort wurden teils sogar unter -40
Grad gemessen (siehe Abbildung 1). Die Station Enontekio registrierte
am Mittwochmorgen sogar eisige -44,3 Grad. Damit wurde dort die
tiefste Temperatur seit Januar 1999 verzeichnet. Verantwortlich für
die große Kälte war ein kräftiges Kältehoch, dass aufgrund der stark
negativen Strahlungsbilanz und windschwachen Bedingungen für eine
markante bodennahe Auskühlung über Skandinavien sorgte.

Welche Bedingungen müssen nun gegeben sein für große Kälte bei uns in
Deutschland?
Zunächst einmal ist dabei die passende Wetterlage entscheidend.
Idealerweise liegt dabei ein kräftiges, blockierendes Hochdruckgebiet
über Nordwest/Nordeuropa, das sich bis in das Nordpolarmeer
erstreckt. Auf seiner Rückseite kann nun mit östlichen Winden über
den Landweg eisige Luft polaren Ursprungs über Osteuropa nach
Mitteleuropa strömen. Für besonders kalte Nächte ist zudem der
Hochdruck über Nordeuropa ausgeprägter und das Mittelmeertief nur
schwach. Dadurch ergeben sich nur geringe Druckunterschiede und wenig
Wind. In den windstillen Nächten kann sich somit die eingeflossene
arktische Luftmasse über den Schneeflächen noch weiter auskühlen,
sodass Temperaturen im Bereich der Rekorde möglich sind. Ein Beispiel
hierfür ist die Wetterlage aus dem Jahre 1956, an die sich vermutlich
nur noch die älteren Leser erinnern werden. Etliche Allzeitrekorde
wurden damals vor allem in der Südhälfte Deutschlands registriert. So
meldete die Station in der Münchner Innenstadt am 10. Februar 1956
-25,4 Grad Celsius. Zudem lag damals in weiten Teilen Mittel- und
Osteuropas eine geschlossene Schneedecke. Über den Schneeflächen
konnte sich die Luftmasse noch stärker abkühlen. Am Alpenrand und in
einigen Mittelgebirgstallagen wurden deshalb sogar Tiefstwerte von
unter -30 Grad verzeichnet.

Im Vergleich dazu kann die aktuelle Witterung noch als mild
bezeichnet werden. Aktuell haben wir allerdings eine zumindest
ähnliche Wetterlage. Im meteorologischen Fachjargon spricht man dabei
von einer antizyklonalen Nordostlage. Hierbei kommen die Luftmassen
von Nordosten und dabei dominiert der antizyklonale Einfluss in Form
eines kräftigen Hochdruckgebietes über Nordeuropa. An der
Südostflanke des Hochs strömt kalte Festlandsluft arktischen
Ursprungs nach Deutschland. Im Vergleich zur Wetterlage von Februar
1956 reicht die Hochdruckzone allerdings nicht bis weit ins
Nordpolarmeer, sodass die Luftmassen von Ostskandinavien und
Nordwestrussland einströmen und nicht direkt vom Nordpolarmeer.
Außerdem fehlt momentan über Mittel- und Osteuropa gebietsweise auch
eine geschlossene Schneedecke und die Luftdruckunterschiede zwischen
dem Hoch über Schottland und dem tiefen Luftdruck über dem
Mittelmeerraum sind recht markant. Dadurch weht aktuell ein mäßiger
bis frischer Nordostwind. Deshalb fällt die aktuelle Kälte insgesamt
deutlich moderater aus und wir liegen recht weit entfernt von neuen
Temperaturrekorden.

M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.01.2024

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