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Wetter aktuell
Küstensturm im Herbst – alles wie immer?

Sturm im Herbst? Der gemeine Norddeutsche hebt bei sowas
normalerweise nicht mal eine Augenbraue. Die jetzt anstehende
Sturmlage ist aber anders als die anderen. Der Grund: Die
Windrichtung.

Nach langer, überdurchschnittlicher Wärmeperiode, die teils neue
Temperaturrekorde mit sich brachte, liegt jetzt auch schon die erste
herbstliche Phase mit nennenswerten Nachtfrösten hinter uns.
Begünstigt wurde diese durch Hoch Verena“, das für sternenklare
Nächte in trockener Polarluft mit entsprechend niedrigen Temperaturen
gesorgt hat. Doch damit ist es jetzt auch schon wieder vorbei.

Auf dem Atlantik herrscht rege Tiefdruckaktivität, und diese macht
sich auch in Deutschland bemerkbar. Zentraler Taktgeber ist hier
zunächst Tief „Viktor“ (international auf den Namen „Babet“ getauft),
das sich als Doppelgebilde mit zwei Kernen von der Biskaya bis nach
Großbritannien und Irland erstreckt. Dabei wird eine Menge milder
Luft aus Südwesten nach Deutschland geschaufelt, die dem oft sonnigen
und ruhigen Herbstwetter der letzten Tage den Garaus macht. Denn Tief
„Viktor“ ist noch lange nicht fertig – im Gegenteil: Es wird sich in
den nächsten Tagen noch verstärken und als komplexes Gebilde mit
immer neuen Tiefdruckzentren entlang der Nordseeküste nordwärts
Richtung Niederlande und Ärmelkanal ziehen. Mit im Gepäck ist dabei
zunächst jede Menge Regen. Beginnend im Südwesten zieht im Laufe der
kommenden Nacht zum Donnerstag ein frontaler Ausläufer nordostwärts
über Deutschland hinweg und sorgt vielerorts für erstes Nass von
oben.

Am Donnerstag geht es dann munter weiter mit den Niederschlägen. Zum
einen regnet es dann im Norden weiter, zum anderen kommen im
Südwesten gleich die nächsten Niederschläge nach, die diesmal recht
kräftig ausfallen können, und sogar für das ein oder andere kurze
Gewitter gut sind. Diese Niederschläge sind aber nur ein Aspekt. Im
Auge sollte man vor allem den Wind behalten, denn der spielt diesmal
eine ungewöhnliche Rolle. Denn „Viktor“ hat einen mächtigen
Gegenspieler: Hoch „Wiebke“ über Skandinavien. So kräftig, wie sich
„Viktor“ entwickelt, so kräftig hält „Wiebke“ im Norden dagegen. Die
Folge: Es baut sich ein mächtiger Luftdruckgegensatz vom Ärmelkanal
bis nach Südschweden bzw. -norwegen auf. Dementsprechend nimmt in den
nächsten Stunden und Tagen der Wind auch an der deutschen Küste zu.
Und hier liegt die Krux: Das Hoch liegt im Norden, das Tief im Süden.
Das heißt nichts anderes als dass der Wind, anders als sonst, aus
Osten kommt! Und das nicht zu knapp: Bereits am morgigen Donnerstag
erreicht er Sturmstärke mit Böen Bft 8-9, in Ostholstein und der
Lübecker Bucht vereinzelt sogar schon schweren Sturm mit Bft 10.

In der Nacht zum Freitag legt der Sturm dann nochmal eine ordentliche
Schippe drauf und erreicht im Laufe des Freitags seinen Höhepunkt mit
einzelnen, aber wiederholt auftretenden orkanartigen Böen der Stärke
Bft 11 an der Ost-, aber auch der Nordsee, wo besonders die Insel
Helgoland einiges abbekommen dürfte. Auf der offenen See sind dabei
sogar Orkanböen, also Stärke Bft 12, denkbar.

Die anstehende Sturmlage wird also eine recht ungewöhnliche
Geschichte. Betroffen sind diesmal Gegenden, die normalerweise bei
Sturmlagen eher wenig abbekommen. Besonders beachtenswert ist hierbei
auch das zu erwartende und sonst eher selten auftretende
Ostseehochwasser. Dabei werden die Höchststände teilweise über einen
Meter nach oben abweichen, und das bereits am Donnerstag. Am Freitag
dürften vermutlich noch höhere Wasserstände erreicht werden.
Betroffen sind hier vor allem die Küstenregionen zwischen Lübecker
Bucht und Schlei, die genau frontal im Ostwind liegen. Aber auch
entlang der restlichen Ostseeküste ist mit nennenswertem Hochwasser
zu rechnen.

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.10.2023

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