Thema des Tages


Wetter aktuell
Das Christkind im Juli

"Christkind" heißt im Spanischen "El Niño" - und damit sind wir beim 
heutigen Thema. Aktuell findet laut WMO der Beginn eines zumindest 
moderat starken El Niño-Ereignisses statt - mit direkten oder 
indirekten Folgen auf globaler Skala.

Bereits in den vergangenen Wochen waren die anormal hohen 
Meeresoberflächentemperaturen ein mediales Thema. Davon betroffen ist
unter anderem der äquatoriale Pazifik, vor allem im zentralen und 
östlichen Bereich. Üblicherweise liegen die Wassertemperaturen in 
diesem Bereich relativ betrachtet im eher niedrigen Bereich. Von Zeit
zu Zeit aber verändern sich die Temperaturverhältnisse im dortigen 
Ozean derart, dass sehr warmes Wasser an die Oberfläche transportiert
wird; bis hin an die peruanische und ecuadorianische Küste. 


Diese veränderten Temperaturverhältnisse wirken durch die Kopplung 
von Ozean und Atmosphäre in der Folge auch weitreichend auf Wetter 
und Klima. So ist durch den steigenden Wärmeeintrag mit einer noch 
stärkeren Zunahme des globalen Temperaturmittelwerts über die 
nächsten 1 bis 2 Jahre zu rechnen. Zu erwarten sind dabei zum 
Beispiel noch ausgeprägtere Hitzewellen in Regionen, die davon 
ohnehin bereits betroffen sind. Dies ist vor allem in den tropischen 
und subtropischen Breiten der Fall. 


Diese Zunahme an Wärmeperioden und Hitzewellen geht Hand in Hand mit 
starken Veränderungen der Niederschlagsverteilung über Raum und Zeit.
Einerseits führt El Niño in den Wintermonaten (Dezember bis Februar) 
zu ausgeprägten Dürreperioden (z.B. im westpazifischen Raum), 
andererseits aber auch zu extremen Starkregenereignissen, die 
weiterhin zu Überflutungen führen (z.B. in Teilen Nordamerikas). 


Aber nicht überall sind diese Veränderungen zu erwarten. Zwar lassen 
sich auch für Europa mögliche Temperatur- und Niederschlagsanomalien 
nicht ausschließen, aber es gibt diesbezüglich keine statistisch 
robuste Systematik. Oder mit anderen Worten: Etwaige Wetter- und 
Klimaextreme lassen sich nicht einfach auf ein stattfindendes El 
Niño-Ereignis zurückführen. Hier bedarf es der Anstrengungen der 
Attributionsforschung, um einzelne Ereignisse einer konkreten Ursache
- wie eben El Niño oder der anthropogen verursachten Erderwärmung im 
Allgemeinen - zuordnen zu können. 

Mögliche Auswirkungen sind in den nächsten Jahren eher auf indirekte 
Art und Weise im sozioökonomischen Bereich zu erwarten. Ernte- und 
Fischereiausfälle machen sich auch hierzulande durch steigende Preise
bemerkbar. Potenziell zunehmende Dürren und Hungersnöte lassen auch 
keine Erwartung hinsichtlich der Abnahme des bestehenden 
Migrationsdrucks zu. 


Welche weiteren Auswirkungen das gegenwärtige El Niño-Ereignis haben 
wird, lässt sich insgesamt kaum beziffern. Mit einem schnellen Ende 
sollte man aber nicht rechnen - die Saisonalprognosen des DWD zeigen 
in den kommenden Monaten weiter zunehmende Meerestemperaturen im 
Zentral- und Ostpazifik.


M.Sc. Felix Dietzsch 
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 18.07.2023

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