Thema des Tages
Wetter aktuell
Eine neue Hitzewelle ist im Anmarsch!
Nach dem Sommer auf Sparflamme soll dieser ab dem Wochenende mit
einem Hitzeintermezzo zurückkommen - allerdings nicht ohne
Schönheitsfehler. Teils schwere Gewitter gesellen sich zu den heißen
Tagen und regional tropischen Nächten.
Derzeit wird das Wetter in weiten Teilen Europas von einem
großräumigen Tiefdruckkomplex über Skandinavien bestimmt, in der
zahlreiche Tiefs wirbeln. Nur Teile des Mittelmeerraums können sich
über hohen Luftdruck erfreuen. Deutschland liegt an der Südflanke des
Tiefdruckkomplexes in einer kräftigen westlichen Grundströmung, mit
der mäßig warme Atlantikluft ins Land geführt wird. Mit der Strömung
können sich zudem auch Randtiefs sowie Frontenzüge von Nordwest- oder
Westeuropa ostwärts schieben und so auch Deutschland überqueren.
Resultierend muss zunächst mit einem mehr oder weniger stark
ausgeprägten unbeständigen Wettercharakter gerechnet werden.
Vor allem im Norden nimmt der Wettercharakter schon ein herbstliches
Feeling an, wenn die Regenschauer mit starken bis stürmische Böen
über das Land fegen. Auch die nur mäßig warmen Temperaturen im Norden
von 16 bis 21 Grad stützen dieses Empfinden. Aber auch sonst wird die
Sommerschwelle von 25 Grad zunächst nur in der Südhälfte regional
leicht überschritten. Ab Donnerstag stellt sich die Wetterlage jedoch
langsam um, indem sich von Westen Hochdruckeinfluss durchsetzt.
Ab Freitag klettern die Temperaturen stetig, teils rasant in größere
Höhen. Auf der Vorderseite eines ausgeprägten Tiefdruckwirbels über
dem Nordost- und Ostatlantik kann sich eine südliche Strömung
einstellen, sodass die Luft direkt von der Iberischen Halbinsel nach
Deutschland gelangt. Zudem sorgt Hochdruckeinfluss für viel
Sonnenschein, welcher die Temperaturen zusätzlich pusht. Demnach
sollte schon am Freitag im Südwesten die 30-Grad-Marke fallen. Am
Samstag stehen dann verbreitet schon Höchstwerte von 28 bis 34 Grad
auf der Agenda. Am Sonntag sind derzeit schon bis 36 Grad möglich. Da
ab Samstag langsam feuchtere Luft einsickert und die Schauer- und
Gewitterneigung vor allem im Westen und Süden zunimmt, steigt auch
die Schwüle signifikant an. Dies macht sich auch bei den
Nachttemperaturen bemerkbar, indem diese in den Ballungszentren wohl
tropisch ausfallen (über 20 Grad) und auch sonst zwischen 20 und 14
Grad liegen.
Nach derzeitigen Berechnungen soll die Hitzewelle aber nur kurz und
knackig ausfallen. Die Mehrzahl der Wettermodelle lässt die
Temperaturen ab Dienstag wieder abfallen, wobei die Unsicherheiten ab
Freitag insgesamt noch sehr groß sind. Dennoch wird das
Hitzeintermezzo für den Körper vieler Menschen zur Tortur, sodass die
die Zusammenhänge zwischen Wetter bzw. Klima und Medizin wieder mal
in den Fokus rücken. Dabei stellt die Schnittstelle zwischen Wetter
bzw. Klima und der Medizin einen spannenden Forschungs- und
Arbeitsbereich mit vielen Herausforderungen dar. Mit den
Wechselwirkungen zwischen den atmosphärischen Prozessen und den
lebenden Organismen (Pflanzen, Tiere und Menschen) befassen sich
sowohl die BiometeorologInnen als auch die MedizinmeteorologInnen.
Von besonderem Interesse ist ? wie bei der bevorstehenden Hitzewelle
- der thermische Wirkungskomplex. Zu diesem Wirkungsbereich gehören
alle Größen, die für den Austausch von Wärme zwischen dem lebenden
Organismus und der ihn umgebenden Atmosphäre von Bedeutung sind. Die
wichtigsten meteorologischen Größen sind dabei Lufttemperatur,
Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit und Strahlung. Für eine zahlenmäßige
Erfassung und Einordnung des Wohlbefindens, der Gesundheit und der
Leistungsfähigkeit des Menschen ist es notwendig, die thermischen
Umweltbedingungen des Menschen in einer physiologisch korrekten sowie
wirkungsvollen und praktischen Weise aufzubereiten, darzustellen und
weiterzugeben.
Damit die inneren Organe und das Gehirn eines Menschen optimal
funktionieren können, muss die Körpertemperatur auf einem konstanten
Niveau (~37°C) gehalten werden. Dafür sollten die Wärmeproduktion im
Organismus und die Wärmeabgabe an die Umgebung über einen längeren
Zeitraum im Gleichgewicht stehen. Vom Wärmegleichgewicht abweichende
Bedingungen werden dem Menschen - über das Gehirn gesteuert - durch
Frieren oder Schwitzen bewusst und führen so zu einer Anpassung des
Verhaltens, z.B. durch Ablegen von Kleidung, Verminderung der
Aktivität oder Aufsuchen von geschützten bzw. klimatisierten Räumen.
Die Temperatur der Haut und der Extremitäten können dabei jedoch
abhängig von den Umgebungsbedingungen stark schwanken. Überschüssige
Wärme gibt der Körper über die Haut an die Umgebung ab.
Der Deutsche Wetterdienst betreibt darauf aufbauend als thermisches
Bewertungsverfahren das sogenannte ?Klima-Michel-Modell?. Dabei
greift er auf die ?gefühlte Temperatur? als eine Variante der
äquivalenten Temperatur zurück, die die Anpassung der Bekleidung an
die aktuellen thermischen Bedingungen berücksichtigt. Allerdings
gelten die Bewertungen jeweils nur für einen aufrechtstehenden
Menschen. Der Klima-Michel beschreibt bei der Bewertung einen
Norm-Menschen. Dieser erbringt eine Arbeitsleistung von 172,5 Watt
bzw. 135 Watt pro Quadratmeter Hautoberfläche. Dies entspricht dem
Zustand ?Gehen? mit etwa 4 km/h in der Ebene. Gleichermaßen ist die
Bewertung an den Außenbedingungen ausgerichtet, sodass der ?Michel?,
um sein thermisches Gleichgewicht herzustellen, seine Kleidung
zwischen einer sommerlichen und winterlichen Variante variieren kann.
Die sommerliche Kleidung entspricht beispielsweise einer leichten
langen Hose, einem kurzärmeligen Hemd und Sandalen.
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Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 03.07.2023
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