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Die atlantische Hurrikansaison 2023 nimmt Fahrt auf

Zum ersten Mal seit 1968 sind im Atlantik im Juni mit BRET und CINDY 
zwei benannte Tropenstürme gleichzeitig unterwegs. Im heutigen Thema 
des Tages schauen wir auf die bisherigen und aktuellen Tropenstürme 
im tropischen Atlantik in der noch jungen Hurrikansaison.

Offiziell hat die atlantische Hurrikansaison am 1. Juni begonnen und 
wird am 30. November enden. Diese Daten beschreiben historisch 
gesehen den Zeitraum eines jeden Jahres, in dem die meisten 
tropischen Wirbelstürme im Atlantik entstehen. Die Bildung 
subtropischer oder tropischer Wirbelstürme ist jedoch zu jeder Zeit 
des Jahres möglich. So entwickelte sich etwa Mitte Januar diesen 
Jahres ein subtropischer Sturm nordwestlich der Bermudainseln und zog
nahe der Ostküste Nordamerikas bis nach Nova Scotia und Neufundland.
Pünktlich zum Start der diesjährigen Wirbelsturmsaison am 1. Juni 
entwickelte sich im östlichen Golf von Mexiko aus einer tropischen 
Depression mit ARLENE der erste benannte Tropensturm 
(Windgeschwindigkeiten von 63 bis 118 km/h). Allerdings verhinderten 
eine erhöhte Windscherung und eine zu trockene Atmosphäre, dass sich 
das System weiter verstärken konnte, während es im Golf von Mexiko 
langsam nach Süden driftete. Schon am 3. Juni schwächte sich daher 
ARLENE soweit ab, sodass es zu einem tropischen Tiefdruckgebiet 
herabgestuft wurde. 


Die beiden Nachfolger von ARLENE stellen aktuell eine Besonderheit 
auf. Zum ersten Mal seit 1968 sind im Juni mit BRET und CINDY zwei 
Tropenstürme im Atlantik gleichzeitig aktiv. Die beiden entwickelten 
sich aus aufeinanderfolgenden tropischen Wellen vor der Küste 
Westafrikas. Unterstützt durch die außergewöhnlich warmen 
Meeresoberflächentemperaturen des tropischen Atlantiks und geringer 
Scherung konnte sich die erste Störung bis zum 19. Juni immer besser 
organisieren und wurde infolgedessen etwa 2000 km östlich der kleinen
Antillen zum Tropensturm BRET hochgestuft. Auf seinem weiteren Weg 
nach Westen erreichte BRET am vergangenen Donnerstag seine höchste 
Intensität mit einer maximalen Windgeschwindigkeit (Mittelwert über 
eine Minute) von 115 km/h. Nachfolgend geriet BRET allerdings in ein 
Gebiet mit höherer Windscherung, wodurch er noch vor Passage der 
Antillen eine Intentsitätsabnahme verzeichnete. Inzwischen hat BRET 
das südöstliche Karibische Meer erreicht und wird sich bis zum 
morgigen Sonntag weiter zur Tropischen Depression abschwächen.


Zu Beginn der laufenden Woche konnte sich aus der zweiten tropischen 
Welle im östlichen tropischen Atlantik zunehmend die Konvektion 
besser organisieren, sodass vom National Hurricane Center am 
Donnerstag das System zunächst zu einer Tropischen Depression 
hochgestuft wurde. Trotz eher grenzwertigen atmosphärischen 
Bedingungen verstärkte sich das System weiter, sodass es am gestrigen
Freitagmorgen als Tropensturm CINDY deklariert wurde. In den 
kommenden Tagen wird CINDY eine nordwestliche Zugbahn einschlagen und
östlich der Inselgruppen der Antillen auf dem offenen Atlantik 
bleiben. Bis kommenden Dienstag soll sich CINDY dann im Seegebiet 
östlich der Inselgruppen der Bahamas und südlich der Bermudainseln 
wieder abschwächen.


Noch steht die Hurrikansaison 2023 relativ weit am Anfang. Die 
meisten Prognosen zur diesjährigen Saison, die von verschiedenen 
staatlichen und privaten Institutionen angefertigt wurden, rechnen 
mit einer weitgehend durchschnittlichen Wirbelsturmaktivität. Die 
National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) mit dem 
National Hurrican Center (NHC) prognostiziert etwa eine Spanne von 
insgesamt 12 bis 17 benannten Stürmen. Davon könnten sich 5 bis 9 
weiter zu Hurrikans entwickeln, wovon wiederum etwa 1 bis 4 Systeme 
die Kategorie 3 oder höher erreichen könnten. 

Im Vergleich zu den vergangenen Jahren könnte die diesjährige Saison 
damit voraussichtlich etwas weniger aktiv sein. Dies ist auf 
entgegenwirkende Faktoren zurückzuführen, von denen einige die 
Entwicklung von Stürmen unterdrücken und andere sie anheizen könnten.
Dafür ist auch ein Blick in den Pazifik zu richten, denn dort wäre es
möglich, dass sich in den kommenden Monaten das El Niño Phänomen 
weiter verstärkt. El Niño hat dabei auch Auswirkungen auf den 
Atlantik. So intensiviert sich unter El Niño Bedingungen in der Regel
die vertikale Windscherung und atmosphärische Stabilität im 
Nordatlantik, wodurch die Entwicklung von tropischen Wirbelstürmen 
limitiert werden könnte. Der El Niño bedingten Zunahme der vertikalen
Windscherung könnten die bereits jetzt schon vorherrschenden 
anormalen und weit überdurchschnittlichen warmen 
Meeresoberflächentemperaturen im tropischen Atlantik und in der 
Karibik entgegenwirken. Dadurch steht für die Sturmentwicklung mehr 
Energie zur Verfügung. Zudem besteht das Potential für einen aktiven 
westafrikanischen Monsun, wodurch eine höhere Anzahl an tropischen 
Wellen in den östlichen tropischen Atlantik laufen können. Diese 
wiederum vermögen möglicherweise stärkere und langlebigere Stürme zu 
initiieren. 

Egal wie viele Wirbelstürme bis zum Ende der Saison im November 
gezählt werden, ein einzelner heftiger Wirbelsturm (z.B. Hurrikan IAN
der Kategorie 5 im September 2022), der in besiedelten Regionen an 
Land geht, kann für eine ganze Saison prägend sein.


M.Sc.(Meteorologe) Sebastian Altnau 
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 24.06.2023

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