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Wissenschaft kompakt
Ein Rückblick auf die Unwetterlage vom 22.06.2023

Tief ?Lambert? sorgte am Donnerstag für die erste brisante 
Schwergewitterlage in diesem Jahr. Dabei entwickelten sich örtlich 
Superzellen mit heftigem Starkregen, großem Hagel und Orkanböen. 
Zudem kam es vor allem im Nordwesten zu schweren Unwettern durch 
extrem heftigen Starkregen.

Am Donnerstagmorgen zog Unwettertief ?Lambert? langsam von Frankreich
in den Westen Deutschlands. Dabei wurde an dessen Vorderseite noch 
einmal sehr heiße und feuchte Luft nach Deutschland geführt. Vor 
allem in der Südosthälfte zeigte das Thermometer verbreitet deutlich 
über 30 Grad an. Am wärmsten wurde es dabei in Reit am Winkl mit 
schweißtreibenden 35,7 Grad. 
Im Westen zogen allerdings in Verbindung mit der Warmfront des Tiefs 
rasch dichtere Wolkenfelder auf und ab dem späten Vormittag setzten 
von Frankreich und Belgien ausgehend erste gewittrige Regenfälle ein.
Ab dem Mittag bildeten sich dann an der Südseite des Regengebietes in
der energiereichen Luftmasse die ersten kräftigen Gewitter. Eine 
dieser Zellen entwickelte sich rasch zu einer Superzelle. Aufgrund 
der guten Bedingungen mit einer starken Umgebungsscherung und 
niedriger Wolkenbasis war neben dem heftigen Starkregen und Hagel 
auch die Tornadogefahr erhöht. Deshalb wurde von uns in den Gebieten 
im Einflussbereich der Zelle die höchste Unwetterstufe mit Hinweis 
auf einen möglichen Tornado ausgegeben. 
Im weiteren Verlauf erfasste das Unwetter auch Kassel wo heftiger 
Starkregen, teils großer Hagel um 5 cm und Orkanböen auftraten. 
Danach verlagerte sich die Gewitterzelle unter leichter Abschwächung 
weiter über Sachsen-Anhalt bis nach Brandenburg und bildete dabei 
zeitweise eine bogenförmige Struktur aus (Bow-Echo). Dadurch lag das 
Hauptaugenmerk nun auf schweren Sturmböen.
 
Am späten Nachmittag verlagerten sich dann zudem neue, teils 
unwetterartige Gewitter von Rheinland-Pfalz nach Hessen. Dort sorgten
lokal orkanartige Gewitterfallböen für entwurzelte Bäume.

Im Süden und Osten hielt sich die Gewitteraktivität dagegen bis zum 
Abend noch in Grenzen. Erst am Abend kam es mit Annäherung der 
Kaltfront des Bodentiefs im Süden zu einer Labilisierung, wodurch 
sich erste kräftige Gewitterzellen vom Allgäu in Richtung 
Niederbayern ausbreiteten. Im Großraum München brachte eine weitere 
Superzelle neben schweren Sturmböen vor allem großen Hagel. Dabei 
wurden Hagelkörner mit Korngrößen bis zu 7 cm gefunden. 
Im Laufe des Abends und in der Nacht verlagerte sich der Schwerpunkt 
in den Osten. Auch dort kam es zu ähnlichen Begleiterscheinungen. 
Orkanartige Böen sorgten lokal für umgestürzte Bäume und Schäden an 
Gebäuden, heftiger Starkregen für überflutete Straßen und Hochwasser 
an kleineren Flüssen. Örtlich kam es zudem bis Mitternacht auch 
weiterhin großem Hagel. 
In der zweiten Nachthälfte ließ die Gefahr durch schwere Gewitter im 
Osten allmählich nach. Gleichzeitig verlagerte sich allerdings ein 
Gebiet mit heftigem Starkregen auf der Rückseite des Tiefs von 
Nordrhein-Westfalen langsam nach Osten. In Sassendorf in 
Nordrhein-Westfalen wurde ein 24 Stunden Regensumme von 103 Liter pro
Quadratmeter registriert. Aber auch ostwärts bis nach Brandenburg 
kamen recht verbreitet unwetterartige Summen von über 50 Liter pro 
Quadratmeter zusammen.  

Zusammengefasst richtete die Unwetterlage vor allem Schäden durch 
Orkanböen, heftigen Starkregen und großen Hagel an. Ein Tornado wurde
bislang noch nicht bestätigt, es gibt jedoch mehrere Verdachtsfälle, 
die geprüft werden.


Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann 
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 23.06.2023

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