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Wissenschaft kompakt 

Das weiße Gold

Es gilt als DAS Edelgemüse in Deutschland - der Spargel. Unter 
welchen Bedingungen fühlt er sich am wohlsten und was sind darüber 
hinaus weitere Faktoren?

"Edelgemüse", "königliches Gemüse", "Weißes Gold" - viele heroische 
Synonyme ranken sich um die kulinarische Spezialität. Doch warum 
eigentlich? Immerhin können laut einer Umfrage 13% der Deutschen so 
gar nichts mit dem eigenen Geschmack anfangen. Bei stolzen 64% der 
Erwachsenen - und damit knapp zwei Dritteln - liegt er allerdings 
weit vorne in der Beliebtheitsskala. Im Schnitt verzehrt jeder 
Deutsche rund 1,5 Kilo pro Jahr. Das Wort "stolz" ist auch ein gutes 
Stichwort, wenn es um den Preis geht. Trotz Inflation mitsamt 
gestiegener Produktionskosten sowie Erhöhung des Mindestlohns 
versuchen die Spargelbauern die Preise für die Verbraucher halbwegs 
stabil zu halten. Ein schwieriger Spagat... 

Nach wie vor wird überwiegend per Hand geerntet, da er so nicht 
beschädigt wird. Entwicklungen um den Einsatz von Ernte-Robotern 
laufen auf Hochtouren, noch aber sind finanzieller Aufwand und 
Verluste zu hoch. Die immer noch vergleichsweise hohe Nachfrage hat 
längst die ausländische Konkurrenz auf den Plan gerufen. So haben 
gerade Gemüsehändler in den Mittelmeerländern (vor allem Spanien und 
Griechenland, die als ursprüngliche Heimat des Spargels gelten) die 
Lukrativität dieses Geschäftes für sich erkannt. Angesichts der 
jüngsten und extrem frühen Hitzewelle und Dürre in Spanien stellt 
sich allerdings schon die Frage, wie nachhaltig diese Konzepte sind. 
Und dennoch stellen Exporte nach Deutschland in der Vorerntezeit der 
hiesigen Spargelbauern ein lukratives Geschäft dar. Daher versucht 
man auch hierzulande durch beheizte Böden und dunkle Abdeckplanen 
(stärkere Absorption der Sonnenstrahlung und damit ebenfalls 
Erwärmung) die Ernte zu beschleunigen. Durch genannte Maßnahmen kann 
man immerhin bis zu 2 Wochen Zeit gewinnen. Das rechnet sich in der 
Summe allerdings immer weniger, weshalb viele Bauern ihre 
Anbauflächen für Spargel immer weiter verkleinert haben. Die 
Supermärkte reagieren auf das Kaufverhalten der Konsumenten und 
bedienen sich bei der billigeren Importware - ein Teufelskreis. Der 
Deutsche Bauernverband schlug bereits mehrmals Alarm, dass aus diesen
Gründen Spargel und auch Erdbeeren eines Tages von den heimischen 
Feldern verschwinden könnten. "Vergangenes Jahr wurden Erdbeer- und 
Spargelflächen teilweise nicht mehr abgeerntet", sagte 
Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied.
 
Spargel ist sehr wetterempfindlich. Er benötigt vor allem Sonne, 
Wärme und ein gesundes Maß an Feuchtigkeit. Spätfröste, wenig 
Sonnenschein und Staunässe sind normalerweise Gift für das sensible 
Gemüse. Besonders wohl fühlt es sich bei reichlich Sonnenschein, in 
humusreichen, lockeren Böden mit Temperaturen von mindestens 16 Grad 
und einem PH Wert um 6. Hierzulande startet die Spargelsaison 
üblicherweise Mitte April und endet traditionell am 24. Juni jeden 
Jahres (Johannestag oder auch "Spargelsilvester"). Längere 
Erntephasen sind zwar möglich - insbesondere bei verspätetem Beginn -
der Spargel benötigt jedoch dringend die Regenerationsphase im Sommer
für die nächste Saison, sagt doch eine alte Bauernweisheit: "Kirschen
rot - Spargel tot!". Allgemein gilt eine Ruhephase von 3 Monaten vor 
Auftreten der ersten Fröste im Herbst als ideal.

Aufgrund der aktuellen Witterung mit einem in etwa normal 
temperierten Frühjahr (März rund 1 Grad zu mild, April rund 1,5 Grad 
zu kühl im Vergleich zur Referenzperiode 1991-2020) gab es in einigen
Regionen schon Ende März und vor allem zu den Osterfeiertagen den 
ersten einheimischen Spargel. Auch beim Sonnenschein gibt es kaum 
nennenswerte Abweichungen zum langjährigen Mittel. Allerdings ist im 
Vergleich zu den Vorjahren ein deutliches Niederschlagsplus zu 
verzeichnen. So folgte auf den nassesten März seit gut 20 Jahren nun 
der erste zu nasse April seit 15 Jahren. Sprich von 2009 bis 2022 
fielen sämtliche Aprilmonate zu trocken aus. Bei etwas schweren Böden
kann daher Staunässe zum Problem werden. 

Aber auch die Spätfröste müssen im Blick behalten werden. So gab es 
in der Nacht zum Mittwoch über weiten Teilen der Landesmitte, in den 
Folgenächten gebietsweise auch weiter nördlich und östlich, leichte 
Luftfröste. In Bodennähe sank das Thermometer mitunter auf Werte um 
-5 Grad ab. Gerade bei mehreren Frostnächten in Folge oder mäßigen 
Nachtfrösten wird's dann brenzlig. Für die kommende Woche deutet sich
gerade für den Norden und Osten des Landes weiterhin erhöhtes 
Frostpotential an. Bleibt zu hoffen, dass die Ernteausfälle gering 
bleiben und die über 100.000 Tonnen Stangengemüse (laut Statistischem
Bundesamt wurden im Jahr 2022 rund als 110.300 Tonnen Spargel in 
Deutschland geerntet) als Salat, Auflauf, im Schinken ummantelt oder 
mit Sauce Hollandaise garniert auf den Tellern landen.


Dipl.-Met. Robert Hausen 
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 28.04.2023

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