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Wetter aktuell
Tornados in Deutschland

Wie viele Tornados gibt es jährlich in Deutschland? Nimmt die Anzahl 
an Tornados zu? In welchem Monat und zu welcher Tageszeit kommen 
Tornados am häufigsten vor? All diese Fragen werden im heutigen 
Tagesthema beantwortet.

Einleitung - Tornados 2023 bisher

Die ersten Tornados im Jahr 2023 sind bereits aufgetreten. Da waren 
zum einen die in den Medien doch recht präsenten Tornados in 
Mittelhessen am 26. März (Annerod und Wetzlar) der Stärke F1 sowie 
zwei Tornados am 01. Februar (Lashorst: F2, Hinte: F1). Die in 
Deutschland statistisch klassischen Tornadomonate stehen aber erst 
noch bevor. Eine gute Gelegenheit also ein wenig in die 
Statistikkiste zu schauen. 

Datenbasis und gesammelte Tornadofälle

Fangen wir zunächst einmal mit der Datenbasis der folgenden 
Statistiken an. Gesammelt werden Tornados in der Europäischen 
Unwetterdatenbank (ESWD - European Severe Weather Database), die vom 
ESSL (European Severe Storms Laboratory - Europäisches Unwetterlabor)
betrieben wird. Schaut man in diese Datenbank, so findet man dort 
aktuell insgesamt 2477 Einträge. Der erste dokumentierte Tornadofall 
stammt aus dem Jahr 689. 

Bis etwa zum Jahr 2000 bleibt die Anzahl der dokumentierten 
Tornadofälle noch recht übersichtlich. Etwa zur Jahrtausendwende 
kamen dann mehrere Ereignisse zusammen, die eine deutlich bessere 
Dokumentation zuließen. Da war zum einen das Aufkommen der 
Digitalfotografie und zum anderen das Internet. Dadurch war ein 
Austausch von Tornadofällen auch mit Bildern deutlich einfacher. 
Unter anderem hat man sich in Wetterforen ausgetauscht. Mittlerweile 
ist quasi jeder mit einem Handy ein potentieller Tornadofotograf. 
Hinzu kam die Gründung von Skywarn Deutschland 2003, deren Mitglieder
sich gezielt mit der Verfolgung und Dokumentation von Unwettern 
beschäftigen - auch bekannt als "Gewitterjäger". Eine professionelle 
Aufarbeitung von Tornadofällen kam mit der Gründung der 
Tornadoarbeitsgruppe im Jahr 2007 in Gang. In den vergangenen Jahren 
leistete auch die Seite tornadomap.eu (Hendrik Sass) einen wichtigen 
Beitrag zur Kartierung und Analyse von deutschen Tornadofällen.

Wie viele Tornados gibt es im Jahr? 

Berücksichtigt man diese Dinge, dann lässt sich festhalten, dass 
brauchbare Statistiken rund um Tornados in Deutschland etwa ab dem 
Jahr 2000 zur Verfügung stehen. Diese Daten sind damit auch die 
Grundlage für die folgenden Statistiken.
Im Mittel gibt es zwischen 2001 und 2022 jährlich etwa 47 Tornados in
Deutschland, davon sind etwa 17 Wasserhosen (Tornados über Wasser). 
Tornados lassen sich nach Ihrer Stärke kategorisieren. Einteilen 
lassen sich Tornados zum Beispiel nach der Fujita Skala in Stärke F0 
(64-116 km/h) bis F5 (419-512 km/h). F5 Tornados sind äußerst selten.
In der Datenbank lassen sich gerade einmal zwei Fälle finden 
(29.6.1764 in Woldegk und 23.04.1800 in Dittersdorf), aber auch bei 
F4 Tornados sind nur elf Fälle dokumentiert, der letzte in Bad 
Liebenwerda in Thüringen (24.05.1979). Bei den F3 Tornados gibt etwa 
alle zwei Jahre einen Fall. Interessanter wird es bei den F2 
Tornados. In der Statistik von 2001 bis 2022 finden sich 
durchschnittlich etwa fünf Ereignisse pro Jahr. Hinzu kommen im 
Schnitt elf F1 und knapp sieben F0 Tornados. Der größte Anteil der 
Fälle wird allerdings "unbekannt" geführt. Das kann daran liegen, 
dass der Fall nicht näher untersucht wurde oder es keine Bilder zur 
genauen Beurteilung gab. Mit einer ziemlich hohen Wahrscheinlichkeit 
kann aber angenommen werden, dass es sich um schwache Tornados 
gehandelt hat. Daher wurden diese in den folgenden Statistiken auch 
den schwachen Tornados (F0 und F1) zugeordnet.

Gibt es eine Zunahme der Tornadofälle in Deutschland? 

Eine weitere Erkenntnis liefern die "Tornadostripes" auch noch. Man 
sieht, dass es mal schwächere und mal stärkere Phasen gibt. In den 
vergangenen Jahren war das Aufkommen der Tornados in Deutschland 
tatsächlich eher unterdurchschnittlich. Im Jahr 2022 gab es 
beispielsweise 34 Fälle, wobei alleine sieben Fälle am Tag des 
"Paderborntornados" auftraten. Damit lässt sich auch festhalten: Es 
gibt bisher keine Zunahme von Tornados in Deutschland infolge des 
Klimawandels, weder bei der Stärke, noch bei der Anzahl.
Auch zu erwähnen ist, dass es neben den dokumentierten Tornadofällen 
auch noch eine Dunkelziffer gibt. Um wie viele es sich tatsächlich 
handelt, ist schwierig zu sagen. Es dürften aber wenigstens ein 
Duzend sein. Jedes Jahr gibt es zahlreiche Verdachtsfälle (ein 
Vielfaches der offiziellen Zahlen). Bei diesen Fällen ist es nicht 
möglich das Auftreten eines Tornados nachzuweisen. Zum Beispiel, weil
man nicht weiß, ob ein Wirbel Bodenkontakt hatte. Diese Fälle werden 
unter https://tornadoliste.de gesammelt. 

Wann treten Tornados im Jahresverlauf hauptsächlich auf? 

Schaut man sich den Jahresverlauf der Tornadozahlen an, so sieht man,
dass die meisten Tornados zwischen Mai und August auftreten. Dabei 
muss man allerdings unterscheiden. So treten "schwache" Tornados (F0 
und F1) schwerpunktmäßig im Juni und Juli auf, während starke 
Tornados (F2 und stärker) ihr Maximum im Monat Mai haben. Der August 
ist schließlich der Monat für Wasserhosen schlechthin. Fast die 
Hälfte aller seit 2001 dokumentierten Wasserhosen treten im August 
auf.

Zu welcher Tageszeit gibt es die meisten Tornados? 
Nun noch ein Blick auf den Tagesgang. Nicht überraschend treten die 
meisten Tornados in den Nachmittags- und Abendstunden auf. Diese Zeit
fällt auch mit dem Maximum der solaren Einstrahlung und (damit) dem 
Maximum der Gewitteraktivität zusammen. Auffällig ist dabei, dass 
starke Tornados tendenziell etwas später am Tag auftreten. Bei den 
Wasserhosen gibt es ein viel breiteres Spektrum an Zeiten, wann man 
diese beobachten kann. Herausarbeiten lässt sich neben einem Minimum 
um die Mittags- bzw. frühe Nachmittagszeit, ein Hauptmaximum am 
Vormittag. Dass nachts kaum Wasserhosen in der Datenbank zu finden 
sind, lässt sich recht einfach erklären: Man sieht sie einfach nicht.
Es ist also davon auszugehen, dass daraus auch eine gewisse 
Dunkelziffer resultiert.

Nun aber genug zu Statistiken. Entscheidend für das Auftreten von 
Tornados ist vor allem, dass die passenden Zutaten zusammenkommen. 
Und da ist es egal, welcher Monat im Jahr gerade ist. Dies hat gerade
das laufende Jahr wieder gezeigt. Obwohl im Februar statistisch 
gesehen nur 1 % aller starken Tornados im Jahresverlauf registriert 
werden, hat der starke Tornado von Lashorst zu größeren Schäden 
geführt.


Dipl.-Met. Marcus Beyer 
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 18.04.2023

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